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Die Grenzboten. Jg. 31, 1872, II. Semester. I. Band.

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ausgeheckt hat, nimmt nicht eine einzelne Heimat der Cholera, sondern deren
sieben an, die sämmtlich in der Nähe des Wendekreises des Krebses liegen,
jeder Focus gleich weit vom andern entfernt. Der wichtigste liegt im Delta
des Ganges; die übrigen in China, nördlich von Mekka, an der afrikanischen
Westküste, im Norden der westindischen Inseln, in Untercalifornien und auf
den Sandwich-Inseln. Sieben große atmosphärische Ströme von 1400 eng¬
lische Meilen Breite ein jeder, laufen in nordwestlicher Richtung von diesen
Choleraheerden aus und verbreiten die Seuche. Zuweilen sind sie einzeln in
Thätigkeit, bei gewaltigen Epidemien wirken sie aber alle sieben zusammen,
so 1833, 1850, 1866. Jenkins sucht das nun durch einzelne Thatsachen zu
beweisen. Aber uns würde es hier zu weit führen, wollten wir auf diese
eingehen, es genügt uns nur hervorzugehen, was der Engländer über den
Zusammenhang der Cholera mit den Sonnenflecken sagt. "Ich glaube, daß
ich nachzuweisen vermag, wie ein bemerkenswerther Zusammenhang zwischen
den Maxima und Minima der Choleraepidemien und der Sonnenflecken be¬
steht ; es ist das eine solide wissenschaftliche Basis, auf der weitere Beobachtung
mit Sicherheit fußen kann. Es ist bekannt, daß der große Astronom Schwabe
die zehnjährige Periode der Sonnenflecken entdeckte, d. h., daß alle zehn Jahre
ein Minimum derselben stattfindet; man hat auch gefunden, daß die tägliche
Variation in der Declination der Magnetnadel einer zehnjährigen Höhen¬
periode unterliegt, desgleichen die magnetischen Erdströme und Nordlichter.
Die Maxima und Minima dieser vier sind gleichzeitig. Das war schon ein
großes Ergebniß, doch Professor Wolf, der alle Sonnenflecken seit 1611 zu¬
sammenrechnete, fand daß die Periode nicht zehnjährig sei, sondern 11"/ioo
Jahre betrage. Das ist die jetzt als richtig angenommene Periode, die auch
für die magnetische Declination und die Nordlichter acceptirt wurde. Nun
ist es bekannt, daß das Jahr 1800 ein Minimum von Sonnenflecken hatte;
die weiteren Minima fielen in Folge dessen auf die Jahre 1811"/lo<>, 1822^^,vo
1833^/ioo u. s. w. Die Maxima jedoch liegen nicht gerade in der Mitte
zwischen zwei Minima, sonder" 4^/lo" Jahre nach einem solchen, so daß,
wenn 1800 ein Minimum-Jahr war, 1804^/,vo das Maximum der Sonnen¬
flecken eintrat. Nun habe ich gefunden, daß die Choleraepidemien
einer Periode folgen, die gleich anderthalb Sonnenflecken-
perioden ist. Rechnen wir nun von 1800 an, so ist 1816^/i"<, das Jahr,
in dem anderthalb Sonnenfleckenperioden erfüllt waren; es ist das aber die
Zeit, die ganz kurz dem großen indischen Ausbruche voranging; wieder andert¬
halb Perioden weiter finden wir 1833^/ivo, gleichfalls ein starkes Cholera¬
jahr, ferner l849°"/igo -- 1850, also abermals ein Jahr, in welchem die
Epidemie herrschte; ferner 1866°°/^,", ein Cholerajahr, das uns allen in


ausgeheckt hat, nimmt nicht eine einzelne Heimat der Cholera, sondern deren
sieben an, die sämmtlich in der Nähe des Wendekreises des Krebses liegen,
jeder Focus gleich weit vom andern entfernt. Der wichtigste liegt im Delta
des Ganges; die übrigen in China, nördlich von Mekka, an der afrikanischen
Westküste, im Norden der westindischen Inseln, in Untercalifornien und auf
den Sandwich-Inseln. Sieben große atmosphärische Ströme von 1400 eng¬
lische Meilen Breite ein jeder, laufen in nordwestlicher Richtung von diesen
Choleraheerden aus und verbreiten die Seuche. Zuweilen sind sie einzeln in
Thätigkeit, bei gewaltigen Epidemien wirken sie aber alle sieben zusammen,
so 1833, 1850, 1866. Jenkins sucht das nun durch einzelne Thatsachen zu
beweisen. Aber uns würde es hier zu weit führen, wollten wir auf diese
eingehen, es genügt uns nur hervorzugehen, was der Engländer über den
Zusammenhang der Cholera mit den Sonnenflecken sagt. „Ich glaube, daß
ich nachzuweisen vermag, wie ein bemerkenswerther Zusammenhang zwischen
den Maxima und Minima der Choleraepidemien und der Sonnenflecken be¬
steht ; es ist das eine solide wissenschaftliche Basis, auf der weitere Beobachtung
mit Sicherheit fußen kann. Es ist bekannt, daß der große Astronom Schwabe
die zehnjährige Periode der Sonnenflecken entdeckte, d. h., daß alle zehn Jahre
ein Minimum derselben stattfindet; man hat auch gefunden, daß die tägliche
Variation in der Declination der Magnetnadel einer zehnjährigen Höhen¬
periode unterliegt, desgleichen die magnetischen Erdströme und Nordlichter.
Die Maxima und Minima dieser vier sind gleichzeitig. Das war schon ein
großes Ergebniß, doch Professor Wolf, der alle Sonnenflecken seit 1611 zu¬
sammenrechnete, fand daß die Periode nicht zehnjährig sei, sondern 11"/ioo
Jahre betrage. Das ist die jetzt als richtig angenommene Periode, die auch
für die magnetische Declination und die Nordlichter acceptirt wurde. Nun
ist es bekannt, daß das Jahr 1800 ein Minimum von Sonnenflecken hatte;
die weiteren Minima fielen in Folge dessen auf die Jahre 1811"/lo<>, 1822^^,vo
1833^/ioo u. s. w. Die Maxima jedoch liegen nicht gerade in der Mitte
zwischen zwei Minima, sonder« 4^/lo„ Jahre nach einem solchen, so daß,
wenn 1800 ein Minimum-Jahr war, 1804^/,vo das Maximum der Sonnen¬
flecken eintrat. Nun habe ich gefunden, daß die Choleraepidemien
einer Periode folgen, die gleich anderthalb Sonnenflecken-
perioden ist. Rechnen wir nun von 1800 an, so ist 1816^/i„<, das Jahr,
in dem anderthalb Sonnenfleckenperioden erfüllt waren; es ist das aber die
Zeit, die ganz kurz dem großen indischen Ausbruche voranging; wieder andert¬
halb Perioden weiter finden wir 1833^/ivo, gleichfalls ein starkes Cholera¬
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 31, 1872, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341815_127927/142>, abgerufen am 22.07.2024.