Die Grenzboten. Jg. 31, 1872, I. Semester. II. Band.Was ein Weber's Schöpfungen getadelt worden ist und getadelt werden Wie ernster es mit der Kunst nahm, zeigen auch seine schriftstelleri¬ Sollen wir schließlich C. M. v. Weber's Gesammtwirkung aus Der zwölfte August. Wie aus Chile berichtet wird, macht man sich dort viel Sorge wegen der ") Wo diese schriftstellerischen Arbeiten im Druck erschienen sind, ist bereits oben in der
Note Mi?, 490 mitgetheilt. Was ein Weber's Schöpfungen getadelt worden ist und getadelt werden Wie ernster es mit der Kunst nahm, zeigen auch seine schriftstelleri¬ Sollen wir schließlich C. M. v. Weber's Gesammtwirkung aus Der zwölfte August. Wie aus Chile berichtet wird, macht man sich dort viel Sorge wegen der ") Wo diese schriftstellerischen Arbeiten im Druck erschienen sind, ist bereits oben in der
Note Mi?, 490 mitgetheilt. <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0489" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/127897"/> <p xml:id="ID_1568" prev="#ID_1567"> Was ein Weber's Schöpfungen getadelt worden ist und getadelt werden<lb/> kann, hat er nirgendwo dadurch verschuldet, daß er es mit der Kunst leicht<lb/> nahm; immer wollte er, wie im Leben, das Gute darin, ja das Beste, zu¬<lb/> weilen wohl das allzu Eigenthümliche; in vielen Fällen ist er falsch beurtheilt,<lb/> am meisten durch Mangel an eingehender Kenntnißnahme oder unrichtige<lb/> Behandlung seiner Werke.--</p><lb/> <p xml:id="ID_1569"> Wie ernster es mit der Kunst nahm, zeigen auch seine schriftstelleri¬<lb/> schen Arbeiten, welche sich theils in novellistischen Gebilden, theils als<lb/> scharfsinnige und geistvoll geschriebene Abhandlungen, auf dem Boden seiner<lb/> Kunst bewegen und überall Zeugniß ablegen von dem ernsten Streben des<lb/> Meisters, sich immer klarer zu werden über die Ziele und die Mittel seiner<lb/> schönen Kunst/)</p><lb/> <p xml:id="ID_1570"> Sollen wir schließlich C. M. v. Weber's Gesammtwirkung aus<lb/> die musikalische Kunst in kurzen Worten geben, so müssen wir sagen:<lb/> Originalität, verbunden mit tiefer Empfindun g und seltener Fantasie,<lb/> bezeichnen sein Wesen. Durch sie gewann er für Wahrheit des Aus¬<lb/> drucks in seiner reichen Melodik, in der Kühnheit seiner Harmonik durchaus<lb/> neue Formen. In seiner Jnstrumentation brach er bisher unbetretene<lb/> Bahnen, und in der Einzelwelt fast jedes Instrumentes herrschte er<lb/> als Meister. Seine Rythmen waren stets ebenso frisch als edel. — Mit allen<lb/> diesen Eigenschaften begründete er eine neue Epoche, namentlich im musikalischen<lb/> Drama, und die Folgezeit wird nach dieser Seite hin noch lange den<lb/> Stempel seines Geistes tragen.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> Der zwölfte August.</head><lb/> <p xml:id="ID_1571" next="#ID_1572"> Wie aus Chile berichtet wird, macht man sich dort viel Sorge wegen der<lb/> dreitägigen Sonnenfinsterniß, die nach gewissen Prophezeiungen in den letzten<lb/> Tagen des Juli eintreten soll. In den Vereinigten Staaten ist ein Bischof<lb/> mit einem förmlichen Hirtenbriefe der Angst vor diesem Ereignisse entgegen¬<lb/> getreten. In Santiago dagegen schürt man sie von Seiten des Klerus nach<lb/> Kräften, indem von den Kanzeln herab verkündigt wird, die Zeit ohne Sonne<lb/> werde nicht blos drei Tage, sondern eine ganze Woche dauern. Der kleine<lb/> Mann und die Weiblein versehen sich daher fleißig mit geweihten Kerzen, die<lb/> in der bösen dunkeln Woche die einzige Lichtquelle bilden werden. Desgleichen<lb/> kaufen sie eifrig ein für diese Gelegenheit von einem heiligen Manne ver-</p><lb/> <note xml:id="FID_122" place="foot"> ") Wo diese schriftstellerischen Arbeiten im Druck erschienen sind, ist bereits oben in der<lb/> Note Mi?, 490 mitgetheilt.</note><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0489]
Was ein Weber's Schöpfungen getadelt worden ist und getadelt werden
kann, hat er nirgendwo dadurch verschuldet, daß er es mit der Kunst leicht
nahm; immer wollte er, wie im Leben, das Gute darin, ja das Beste, zu¬
weilen wohl das allzu Eigenthümliche; in vielen Fällen ist er falsch beurtheilt,
am meisten durch Mangel an eingehender Kenntnißnahme oder unrichtige
Behandlung seiner Werke.--
Wie ernster es mit der Kunst nahm, zeigen auch seine schriftstelleri¬
schen Arbeiten, welche sich theils in novellistischen Gebilden, theils als
scharfsinnige und geistvoll geschriebene Abhandlungen, auf dem Boden seiner
Kunst bewegen und überall Zeugniß ablegen von dem ernsten Streben des
Meisters, sich immer klarer zu werden über die Ziele und die Mittel seiner
schönen Kunst/)
Sollen wir schließlich C. M. v. Weber's Gesammtwirkung aus
die musikalische Kunst in kurzen Worten geben, so müssen wir sagen:
Originalität, verbunden mit tiefer Empfindun g und seltener Fantasie,
bezeichnen sein Wesen. Durch sie gewann er für Wahrheit des Aus¬
drucks in seiner reichen Melodik, in der Kühnheit seiner Harmonik durchaus
neue Formen. In seiner Jnstrumentation brach er bisher unbetretene
Bahnen, und in der Einzelwelt fast jedes Instrumentes herrschte er
als Meister. Seine Rythmen waren stets ebenso frisch als edel. — Mit allen
diesen Eigenschaften begründete er eine neue Epoche, namentlich im musikalischen
Drama, und die Folgezeit wird nach dieser Seite hin noch lange den
Stempel seines Geistes tragen.
Der zwölfte August.
Wie aus Chile berichtet wird, macht man sich dort viel Sorge wegen der
dreitägigen Sonnenfinsterniß, die nach gewissen Prophezeiungen in den letzten
Tagen des Juli eintreten soll. In den Vereinigten Staaten ist ein Bischof
mit einem förmlichen Hirtenbriefe der Angst vor diesem Ereignisse entgegen¬
getreten. In Santiago dagegen schürt man sie von Seiten des Klerus nach
Kräften, indem von den Kanzeln herab verkündigt wird, die Zeit ohne Sonne
werde nicht blos drei Tage, sondern eine ganze Woche dauern. Der kleine
Mann und die Weiblein versehen sich daher fleißig mit geweihten Kerzen, die
in der bösen dunkeln Woche die einzige Lichtquelle bilden werden. Desgleichen
kaufen sie eifrig ein für diese Gelegenheit von einem heiligen Manne ver-
") Wo diese schriftstellerischen Arbeiten im Druck erschienen sind, ist bereits oben in der
Note Mi?, 490 mitgetheilt.
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |