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Die Grenzboten. Jg. 31, 1872, I. Semester. II. Band.

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spanischer Weise durchaus zugänglichen Infanten^Ferdinand'geworfen. Vmenez
aber trat mit großer Entschiedenheit für das auf, was er für Recht hielt; er be¬
wahrte die spanische Krone dem abwesenden Thronerben. Schlecht lohnte ihm
dafür der Undank der Niederländer. Gleich nachdem Karl am.17. September
1317 in Mllaviciosa gelandet, schrieb er dem Cardinäle einen kühlen verletzenden
Brief: er zeigte ihm se'.ne Entlassung aus dem Staatsdienste an. Den Schlag
überlebte Ximenez nicht lange; ein hitziges Fieber ergriff ihn, im November
des Jahres starb er. Nun rissen die Niederländer, welche mit Karl gekomm en
waren, die nationale Negierung von Spanien an sich; sie bemächtigten sich
aller einflußreichen und einträglichen Posten im Lande. Aemter und Bisthümer
und Pensionen regnete es für diese ausländische Schaar; es schien sie sei nur
gekommen, das spanische Land auszuplündern und auf Spaniens Unkosten sich
zu bereichern.

Der Eintritt einer solchen Regierung machte böses Blut im Lande. Unter
den eigenen Königen war Spanien zufrieden und glücklich gewesen. Der Adel
hatte sich dem Gebote der Krone zu fügen gelernt, und wie streng und hart
oft auch die Regierung gewesen, sie hatte Gerechtigkeit geübt gegen Alle und
Jeden, sie hatte mit der Zustimmung der rechtmäßigen Cortes gewaltet. Jetzt
war eine offene Willkürherrschaft hereingebrochen, die auf die Landeswünsche
nicht achtete und selbsüchtig und launisch über Güter und Personen des Landes
verfügte. ClMvres vergab die besten Stellen an seine Verwandten und Freunde:
das Erzbisthum Toledo verschenkte er einem blutjungen unwissenden und
ungeistlichen Menschen. An die Leistungsfähigkeit des Landes wurden dabei
die höchsten Ansprüche gestellt. Zwar die eine Schwierigkeit, die man anfangsKarl
gemacht, war bald ausgeglichen. Karl zeichnete sich als den König von Spanien.
Die streng gesetzlichen Spanier, die über die niederländische Wirthschaft ent¬
rüstet waren, verlangten, daß er nur als Regent für seine kranke Mutter in
ihrem Namen die Negierung führe. Nach einigem Streite vereinigte man
sich dahin, daß die Regierung auf den Namen beider laute: "Juana und Karlos"
wurden alle Actenstücke signirt.

Darauf aber gab es ernstlichere Reibungen. Schon im Februar 1518,
auf den Cortes in Valladolid protestirte der Abgeordnete von Burgos da¬
gegen, daß ein Niederländer in der spanischen Versammlung den Vorsitz führen
dürfe. Alle Versuche, den Redner einzuschüchtern, schlugen fehl: er setzte es
durch, daß Karl, wie ungern und zaudernd auch, den Eid aus die herge¬
brachten Gesetze von Castilien ablegte: jetzt erst war er nach dem Landesrechte
König von Spanien. König Karl I. Im Jahre 1519 wurde es bekannt,
daß Karl zur Kaiserkrönung nach Deutschland gehen, vorher aber noch einen
großen außerordentlichen Tribut von seinen spanischen Unterthanen eincassiren
wollte. Da fluthete die populäre Unlust über die Dämme des gewohnten


spanischer Weise durchaus zugänglichen Infanten^Ferdinand'geworfen. Vmenez
aber trat mit großer Entschiedenheit für das auf, was er für Recht hielt; er be¬
wahrte die spanische Krone dem abwesenden Thronerben. Schlecht lohnte ihm
dafür der Undank der Niederländer. Gleich nachdem Karl am.17. September
1317 in Mllaviciosa gelandet, schrieb er dem Cardinäle einen kühlen verletzenden
Brief: er zeigte ihm se'.ne Entlassung aus dem Staatsdienste an. Den Schlag
überlebte Ximenez nicht lange; ein hitziges Fieber ergriff ihn, im November
des Jahres starb er. Nun rissen die Niederländer, welche mit Karl gekomm en
waren, die nationale Negierung von Spanien an sich; sie bemächtigten sich
aller einflußreichen und einträglichen Posten im Lande. Aemter und Bisthümer
und Pensionen regnete es für diese ausländische Schaar; es schien sie sei nur
gekommen, das spanische Land auszuplündern und auf Spaniens Unkosten sich
zu bereichern.

Der Eintritt einer solchen Regierung machte böses Blut im Lande. Unter
den eigenen Königen war Spanien zufrieden und glücklich gewesen. Der Adel
hatte sich dem Gebote der Krone zu fügen gelernt, und wie streng und hart
oft auch die Regierung gewesen, sie hatte Gerechtigkeit geübt gegen Alle und
Jeden, sie hatte mit der Zustimmung der rechtmäßigen Cortes gewaltet. Jetzt
war eine offene Willkürherrschaft hereingebrochen, die auf die Landeswünsche
nicht achtete und selbsüchtig und launisch über Güter und Personen des Landes
verfügte. ClMvres vergab die besten Stellen an seine Verwandten und Freunde:
das Erzbisthum Toledo verschenkte er einem blutjungen unwissenden und
ungeistlichen Menschen. An die Leistungsfähigkeit des Landes wurden dabei
die höchsten Ansprüche gestellt. Zwar die eine Schwierigkeit, die man anfangsKarl
gemacht, war bald ausgeglichen. Karl zeichnete sich als den König von Spanien.
Die streng gesetzlichen Spanier, die über die niederländische Wirthschaft ent¬
rüstet waren, verlangten, daß er nur als Regent für seine kranke Mutter in
ihrem Namen die Negierung führe. Nach einigem Streite vereinigte man
sich dahin, daß die Regierung auf den Namen beider laute: „Juana und Karlos"
wurden alle Actenstücke signirt.

Darauf aber gab es ernstlichere Reibungen. Schon im Februar 1518,
auf den Cortes in Valladolid protestirte der Abgeordnete von Burgos da¬
gegen, daß ein Niederländer in der spanischen Versammlung den Vorsitz führen
dürfe. Alle Versuche, den Redner einzuschüchtern, schlugen fehl: er setzte es
durch, daß Karl, wie ungern und zaudernd auch, den Eid aus die herge¬
brachten Gesetze von Castilien ablegte: jetzt erst war er nach dem Landesrechte
König von Spanien. König Karl I. Im Jahre 1519 wurde es bekannt,
daß Karl zur Kaiserkrönung nach Deutschland gehen, vorher aber noch einen
großen außerordentlichen Tribut von seinen spanischen Unterthanen eincassiren
wollte. Da fluthete die populäre Unlust über die Dämme des gewohnten


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[0376] spanischer Weise durchaus zugänglichen Infanten^Ferdinand'geworfen. Vmenez aber trat mit großer Entschiedenheit für das auf, was er für Recht hielt; er be¬ wahrte die spanische Krone dem abwesenden Thronerben. Schlecht lohnte ihm dafür der Undank der Niederländer. Gleich nachdem Karl am.17. September 1317 in Mllaviciosa gelandet, schrieb er dem Cardinäle einen kühlen verletzenden Brief: er zeigte ihm se'.ne Entlassung aus dem Staatsdienste an. Den Schlag überlebte Ximenez nicht lange; ein hitziges Fieber ergriff ihn, im November des Jahres starb er. Nun rissen die Niederländer, welche mit Karl gekomm en waren, die nationale Negierung von Spanien an sich; sie bemächtigten sich aller einflußreichen und einträglichen Posten im Lande. Aemter und Bisthümer und Pensionen regnete es für diese ausländische Schaar; es schien sie sei nur gekommen, das spanische Land auszuplündern und auf Spaniens Unkosten sich zu bereichern. Der Eintritt einer solchen Regierung machte böses Blut im Lande. Unter den eigenen Königen war Spanien zufrieden und glücklich gewesen. Der Adel hatte sich dem Gebote der Krone zu fügen gelernt, und wie streng und hart oft auch die Regierung gewesen, sie hatte Gerechtigkeit geübt gegen Alle und Jeden, sie hatte mit der Zustimmung der rechtmäßigen Cortes gewaltet. Jetzt war eine offene Willkürherrschaft hereingebrochen, die auf die Landeswünsche nicht achtete und selbsüchtig und launisch über Güter und Personen des Landes verfügte. ClMvres vergab die besten Stellen an seine Verwandten und Freunde: das Erzbisthum Toledo verschenkte er einem blutjungen unwissenden und ungeistlichen Menschen. An die Leistungsfähigkeit des Landes wurden dabei die höchsten Ansprüche gestellt. Zwar die eine Schwierigkeit, die man anfangsKarl gemacht, war bald ausgeglichen. Karl zeichnete sich als den König von Spanien. Die streng gesetzlichen Spanier, die über die niederländische Wirthschaft ent¬ rüstet waren, verlangten, daß er nur als Regent für seine kranke Mutter in ihrem Namen die Negierung führe. Nach einigem Streite vereinigte man sich dahin, daß die Regierung auf den Namen beider laute: „Juana und Karlos" wurden alle Actenstücke signirt. Darauf aber gab es ernstlichere Reibungen. Schon im Februar 1518, auf den Cortes in Valladolid protestirte der Abgeordnete von Burgos da¬ gegen, daß ein Niederländer in der spanischen Versammlung den Vorsitz führen dürfe. Alle Versuche, den Redner einzuschüchtern, schlugen fehl: er setzte es durch, daß Karl, wie ungern und zaudernd auch, den Eid aus die herge¬ brachten Gesetze von Castilien ablegte: jetzt erst war er nach dem Landesrechte König von Spanien. König Karl I. Im Jahre 1519 wurde es bekannt, daß Karl zur Kaiserkrönung nach Deutschland gehen, vorher aber noch einen großen außerordentlichen Tribut von seinen spanischen Unterthanen eincassiren wollte. Da fluthete die populäre Unlust über die Dämme des gewohnten

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 31, 1872, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341815_127395/376>, abgerufen am 24.08.2024.