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Die Grenzboten. Jg. 31, 1872, I. Semester. II. Band.

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sammen 129 Blatt, wurden von Heller (A. Dürer. Bd. II. Seite 21--33).
dann von A. v. Eye (Seite 433 -- 33 seines Buches über Dürer) näher be¬
schrieben und werden von Letzterem als "zu den wichtigsten Zeugnissen von
Dürers Kunst gehörig" besonders hochgestellt. Obgleich sie durch Vernach¬
lässigung und Unverstand arg gelitten (nach den Umrissen ausgeschnitten, auf¬
geklebt und mit neuen Unterschriften versehen) zum Theil auch überschmiert
worden sind, ist die ursprüngliche Anfertigung derselben durch Dürer bisher
nie bezweifelt worden, bis Dr. M. Thau sing, Director der berühmten
Kunstsammlung des Erzherzog Albrecht in Wien, ein feiner Kenner der Kunst,
besonders der Werke Dürers, auftrat und die bisher viel bewunderten Zeich¬
nungen (Zeitschrift für bildende Kunst. Bd. VI. Seite 114--15) für stümper¬
hafte und geistlose Arbeiten eines plumpen Fälschers erklärte, "dessen Werk
aufzudecken er für eine Ehrenpflicht gegen Dürers Namen hält." Wie vor¬
auszusehen war, haben sich gewichtige Stimmen gegen die mit unfehlbarer,
fast beleidigender Entschiedenheit ausgesprochene Ansicht Thausings erhoben.
Zuerst trat der neueste Biograph Dürers A. v. Eye auf und suchte in einem
längeren, sehr eingehenden Aufsatze (Anzeiger für Kunde Deutscher Vorzeit
1871 Ur. 3--4) durch Darlegung einer Reihe von Thatsachen und den Hin¬
weis auf die vortreffliche Charakteristik der Physiognomien in diesen, trotz der
mannigfach nachweisbaren Schwächen der Zeichnung, die Echtheit zu beweisen.
Dann trat der Magistrat in Bcnnberg (Zeitschrift für bildende Kunst, Bd. VI.
Seite 271--72). ohne wesentliche Gründe beizubringen "mit aller Entschieden¬
heit der Ansicht Thausings entgegen." Etwas später publicirte A. v. Zahn
(Jahrbücher für Kunstwissenschaft, Bd. IV, Seite 237--48) eine sehr gründ¬
liche Untersuchung der fraglichen Zeichnungen, besonders in Betreff ihrer,
freilich meist später hinzugefügten Unterschriften, welche ihn zu dem Resultate
führten, daß die Zeichnungen zwar gut seien und aus Dürers Zeit stammen,
daß jedoch "kein Grund vorliege an Dürer selbst zu denken." Dann trat
W Lübke in einem mit bekannter Gewandtheit geschriebenen, geistvollen Auf¬
satze (Kunst-Chronik. Bd. VI. Seite 193--95) wegen der Vortrefflichkeit der
fraglichen Zeichnungen mit Energie für die Echtheit derselben ein.

Trotz aller dieser Widersprüche konnte Thau sing sich nicht entschließen,
seine Behauptung zurück zu nehmen, sondern wiederholte dieselbe in einem
besonders gegen Lübke gerichteten Aufsatze (Kunst-Chronik, Bd. VII, Spalte
29--32) und in einem an A. v. Zahn gerichteten offenen Briefe "über den
Anonymus der linkshin gewandten Profilkvpfe." (Jahrbücher für Kunstwis¬
senschaft. Bd. IV, Seite 347--53). Er erklärt sich mit dem Hauptresultat
von Zahns Untersuchung einverstanden, widerlegt aber die von A. v. Eye ge¬
machte Angabe in Betreff der Aehnlichkeit einiger Bildnisse und anderweitig


sammen 129 Blatt, wurden von Heller (A. Dürer. Bd. II. Seite 21—33).
dann von A. v. Eye (Seite 433 — 33 seines Buches über Dürer) näher be¬
schrieben und werden von Letzterem als „zu den wichtigsten Zeugnissen von
Dürers Kunst gehörig" besonders hochgestellt. Obgleich sie durch Vernach¬
lässigung und Unverstand arg gelitten (nach den Umrissen ausgeschnitten, auf¬
geklebt und mit neuen Unterschriften versehen) zum Theil auch überschmiert
worden sind, ist die ursprüngliche Anfertigung derselben durch Dürer bisher
nie bezweifelt worden, bis Dr. M. Thau sing, Director der berühmten
Kunstsammlung des Erzherzog Albrecht in Wien, ein feiner Kenner der Kunst,
besonders der Werke Dürers, auftrat und die bisher viel bewunderten Zeich¬
nungen (Zeitschrift für bildende Kunst. Bd. VI. Seite 114—15) für stümper¬
hafte und geistlose Arbeiten eines plumpen Fälschers erklärte, „dessen Werk
aufzudecken er für eine Ehrenpflicht gegen Dürers Namen hält." Wie vor¬
auszusehen war, haben sich gewichtige Stimmen gegen die mit unfehlbarer,
fast beleidigender Entschiedenheit ausgesprochene Ansicht Thausings erhoben.
Zuerst trat der neueste Biograph Dürers A. v. Eye auf und suchte in einem
längeren, sehr eingehenden Aufsatze (Anzeiger für Kunde Deutscher Vorzeit
1871 Ur. 3—4) durch Darlegung einer Reihe von Thatsachen und den Hin¬
weis auf die vortreffliche Charakteristik der Physiognomien in diesen, trotz der
mannigfach nachweisbaren Schwächen der Zeichnung, die Echtheit zu beweisen.
Dann trat der Magistrat in Bcnnberg (Zeitschrift für bildende Kunst, Bd. VI.
Seite 271—72). ohne wesentliche Gründe beizubringen „mit aller Entschieden¬
heit der Ansicht Thausings entgegen." Etwas später publicirte A. v. Zahn
(Jahrbücher für Kunstwissenschaft, Bd. IV, Seite 237—48) eine sehr gründ¬
liche Untersuchung der fraglichen Zeichnungen, besonders in Betreff ihrer,
freilich meist später hinzugefügten Unterschriften, welche ihn zu dem Resultate
führten, daß die Zeichnungen zwar gut seien und aus Dürers Zeit stammen,
daß jedoch „kein Grund vorliege an Dürer selbst zu denken." Dann trat
W Lübke in einem mit bekannter Gewandtheit geschriebenen, geistvollen Auf¬
satze (Kunst-Chronik. Bd. VI. Seite 193—95) wegen der Vortrefflichkeit der
fraglichen Zeichnungen mit Energie für die Echtheit derselben ein.

Trotz aller dieser Widersprüche konnte Thau sing sich nicht entschließen,
seine Behauptung zurück zu nehmen, sondern wiederholte dieselbe in einem
besonders gegen Lübke gerichteten Aufsatze (Kunst-Chronik, Bd. VII, Spalte
29—32) und in einem an A. v. Zahn gerichteten offenen Briefe „über den
Anonymus der linkshin gewandten Profilkvpfe." (Jahrbücher für Kunstwis¬
senschaft. Bd. IV, Seite 347—53). Er erklärt sich mit dem Hauptresultat
von Zahns Untersuchung einverstanden, widerlegt aber die von A. v. Eye ge¬
machte Angabe in Betreff der Aehnlichkeit einiger Bildnisse und anderweitig


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 31, 1872, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341815_127395/36>, abgerufen am 22.12.2024.