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Die Grenzboten. Jg. 31, 1872, I. Semester. II. Band.

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hatte immer und immer wieder sich erboten, den Erzbischof und eine Anzahl
Priester gegen den einzigen Blanqui auszuwechseln, welcher sich in den Händen
von Thiers befand. Aber Thiers weigerte sich dessen hartnäckig."

Alle Gedanken und Worte, alle Handlungen der Commune werden in
der sehr langen Ansprache durchgegangen und gerechtfertigt, und zuletzt giebt
es eine förmliche Apotheose der Männer des 18. März. Der Londoner Ge¬
neralrats sagt der Welt ins Angesicht:

"Das Paris der Arbeiter und seine Commune werden allezeit als die
Vorläufer einer neuen Gesellschaft betrachtet werden. Ihre Märtyrer sind auf
den Altar der höchsten Ehrfurcht der arbeitenden Classen gehoben. Die aber,
welche sie ausrotteten, sind von der Geschichte bereits an den ewigen Pranger
genagelt, von dem sie alle Gebete ihrer Pfaffen nicht herunterbeten werden."

Wir denken, diese Auszüge werden genügen. Um indeß gerecht zu sein,
wollen wir nicht unverschwiegen lassen, daß einige der Leute, welche in den
Augen des Publicums für Chefs der Internationale galten, die Verantwort¬
lichkeit für die Thaten ihrer früheren Freunde allerdings abgelehnt, ja die¬
selben sogar verurtheilt haben. Dahin gehört vor Allem Tolain. Schon die
Thatsache, daß derselbe die französische Nationalversammlung nicht verließ,
als seine Collegen von der Pariser Deputation ihre Mandate niederlegten,
war ein Protest gegen die Verbrechen des Bundes, der ihn zu seinen Grün¬
dern zählte. Ebenso hat Fribourg, gleichfalls eines der ersten Mitglieder der
Internationale, in einem Briefe an den "soir", den Villetard vollständig
mittheilt, energisch die Missethaten der Commune verurtheilt und die immer
verbrecherischer werdende Entwickelung des Bundes gekennzeichnet. Endlich
müssen wir Verwahrungen englischer Mitglieder des letzteren erwähnen, die
indeß an Entschiedenheit zu wünschen übrig lassen.

Das soeben erwähnte Manifest des Generalraths war mit den Unter¬
schriften aller Mitglieder desselben und aller correspondirenden Seeretäre er¬
schienen. Eine Zeit nachher aber las man in den "Daily News" zwei
Briefe, die es beurtheilten und zurückwiesen. Eigenthümlich war dabei, daß
der Verfasser des einen dieser Briefe, ein gewisser Lucraft, zu den Unterzeich¬
nern des Manifestes gehörte. Aber er erklärte diesen auffallenden Umstand
damit, daß er der Versammlung, in der es gutgeheißen worden, nicht beige¬
wohnt, und daß man über seine Unterschrift verfügt habe, ohne ihn zu be¬
fragen. Der Generalsecretär des Rathes, John Hales, antwortete darauf sehr
lebhaft in demselben Blatte. Nachdem er den Verfasser des einen Briefes,
einen gewissen Holyoakes, mit sehr mysteriösen Andeutungen bearbeitet, sagte
er, daß Lucraft in der Sitzung vom 23. Mai benachrichtigt worden sei, daß
die Ansprache über den Bürgerkrieg in Frankreich in der nächsten ordentlichen
Versammlung am 30. Mai verlesen werden würde. Es hätte also nur von


hatte immer und immer wieder sich erboten, den Erzbischof und eine Anzahl
Priester gegen den einzigen Blanqui auszuwechseln, welcher sich in den Händen
von Thiers befand. Aber Thiers weigerte sich dessen hartnäckig."

Alle Gedanken und Worte, alle Handlungen der Commune werden in
der sehr langen Ansprache durchgegangen und gerechtfertigt, und zuletzt giebt
es eine förmliche Apotheose der Männer des 18. März. Der Londoner Ge¬
neralrats sagt der Welt ins Angesicht:

„Das Paris der Arbeiter und seine Commune werden allezeit als die
Vorläufer einer neuen Gesellschaft betrachtet werden. Ihre Märtyrer sind auf
den Altar der höchsten Ehrfurcht der arbeitenden Classen gehoben. Die aber,
welche sie ausrotteten, sind von der Geschichte bereits an den ewigen Pranger
genagelt, von dem sie alle Gebete ihrer Pfaffen nicht herunterbeten werden."

Wir denken, diese Auszüge werden genügen. Um indeß gerecht zu sein,
wollen wir nicht unverschwiegen lassen, daß einige der Leute, welche in den
Augen des Publicums für Chefs der Internationale galten, die Verantwort¬
lichkeit für die Thaten ihrer früheren Freunde allerdings abgelehnt, ja die¬
selben sogar verurtheilt haben. Dahin gehört vor Allem Tolain. Schon die
Thatsache, daß derselbe die französische Nationalversammlung nicht verließ,
als seine Collegen von der Pariser Deputation ihre Mandate niederlegten,
war ein Protest gegen die Verbrechen des Bundes, der ihn zu seinen Grün¬
dern zählte. Ebenso hat Fribourg, gleichfalls eines der ersten Mitglieder der
Internationale, in einem Briefe an den „soir", den Villetard vollständig
mittheilt, energisch die Missethaten der Commune verurtheilt und die immer
verbrecherischer werdende Entwickelung des Bundes gekennzeichnet. Endlich
müssen wir Verwahrungen englischer Mitglieder des letzteren erwähnen, die
indeß an Entschiedenheit zu wünschen übrig lassen.

Das soeben erwähnte Manifest des Generalraths war mit den Unter¬
schriften aller Mitglieder desselben und aller correspondirenden Seeretäre er¬
schienen. Eine Zeit nachher aber las man in den „Daily News" zwei
Briefe, die es beurtheilten und zurückwiesen. Eigenthümlich war dabei, daß
der Verfasser des einen dieser Briefe, ein gewisser Lucraft, zu den Unterzeich¬
nern des Manifestes gehörte. Aber er erklärte diesen auffallenden Umstand
damit, daß er der Versammlung, in der es gutgeheißen worden, nicht beige¬
wohnt, und daß man über seine Unterschrift verfügt habe, ohne ihn zu be¬
fragen. Der Generalsecretär des Rathes, John Hales, antwortete darauf sehr
lebhaft in demselben Blatte. Nachdem er den Verfasser des einen Briefes,
einen gewissen Holyoakes, mit sehr mysteriösen Andeutungen bearbeitet, sagte
er, daß Lucraft in der Sitzung vom 23. Mai benachrichtigt worden sei, daß
die Ansprache über den Bürgerkrieg in Frankreich in der nächsten ordentlichen
Versammlung am 30. Mai verlesen werden würde. Es hätte also nur von


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 31, 1872, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341815_127395/226>, abgerufen am 22.07.2024.