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Die Grenzboten. Jg. 31, 1872, I. Semester. II. Band.

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Die Führer der radikalen Opposition wußten genau, zu welchen erheb¬
lichen Resultaten ihre von allen Seiten betriebene Wühlerei geführt hatte.
Sie sahen, daß das Gebäude vom 2. December in dem Augenblick zusammen¬
zustürzen drohte, wo es seine Krönung empfing. Nur glaubten die weniger
Klugen, daß der Sturz der kaiserlichen Monarchie nur dem Socialismus zu
Gute kommen könne, während die Schärferblickenden zu erkennen anfingen,
das; nach Beseitigung der Bonapartes ein gefährlicherer Feind den Siegern
ihre Beute streitig machen könnte.

Ein früherer französischer Officier, der wegen ehrloser Handlungen cassirt
worden war. sich dann den Revolutionsmachern von Profession angeschlossen
hatte und sich im amerikanischen Bürgerkriege den Generalstitel erworben
haben wollte, Cluseret, hatte im Gefängniß von Se. Pelagie die Bekannt¬
schaft von Mitgliedern der zweiten Commission der Internationale gemacht.
Er hatte in ihnen eine brauchbare Kraft, Leute, die zur Noth mit dem Teufel
selbst ein Bündniß eingingen, um ihren Plan zum Umsturz der bürgerlichen
Ordnung durchzuführen, erkannt. Er hatte sich mit ihnen verbunden, um mit
ihrer Unterstützung sich emporzubringen, bei der Gewalt zu erhalten und zu
rächen, falls er besiegt werden sollte. Aus dem Gefängniß entlassen, wurde
er, indem er durch Erlangung des amerikanischen Bürgerrechts das französische
verlören, von der Regierung ausgewiesen. Er kehrte nach Amerika zurück,
diesmal für Rechnung der Internationale, für deren Zwecke er ein Blatt
gründen und vor allem Anhänger werben wollte. Als er im Februar von
den Wirren in Paris erfuhr, welche durch den Tod noirs und die Verhaftung
Nocheforts hervorgerufen worden waren, verzichtete er auf jenes Project, in¬
dem er der Meinung war, daß jetzt die Zeit zum Handeln gekommen sei.
Ein Brief, den er an Varlin richtete, verdient hier vollständig mitgetheilt zu
werden, da er beweist, wie dieser Mensch den Vorurtheilen, welche die übrigen
Mitglieder des Bundes verblendeten, fremd, und lediglich durch seinen Ehr¬
geiz getrieben, sich ihnen anzuschließen, ungewöhnlich klar sah, und da er fer¬
ner zeigt, daß alle Verbrechen, deren er sich später schuldig machte, lange vor¬
aus überlegt waren.

Der Brief lautet:

Neuyork, 17. Februar.


Mein theurer Varlin!

Ihren lieben Brief vom 2. habe ich erhalten. Er erklärt mir die Ver¬
zögerung, welche die Erfüllung meiner Bitte erfahren hat. Ich brauche nicht
zu sagen, daß ich annehme und mich ans Werk machen werde, um zu ver¬
suchen, meinen Brüdern im Elend und in der Arbeit nützlich zu sein. Das
Blatt, von dem ich Ihnen gesprochen habe, ist nicht gegründet worden, und
Angesichts der letzten Ereignisse in Frankreich und der Briefe, die mich ein-


Die Führer der radikalen Opposition wußten genau, zu welchen erheb¬
lichen Resultaten ihre von allen Seiten betriebene Wühlerei geführt hatte.
Sie sahen, daß das Gebäude vom 2. December in dem Augenblick zusammen¬
zustürzen drohte, wo es seine Krönung empfing. Nur glaubten die weniger
Klugen, daß der Sturz der kaiserlichen Monarchie nur dem Socialismus zu
Gute kommen könne, während die Schärferblickenden zu erkennen anfingen,
das; nach Beseitigung der Bonapartes ein gefährlicherer Feind den Siegern
ihre Beute streitig machen könnte.

Ein früherer französischer Officier, der wegen ehrloser Handlungen cassirt
worden war. sich dann den Revolutionsmachern von Profession angeschlossen
hatte und sich im amerikanischen Bürgerkriege den Generalstitel erworben
haben wollte, Cluseret, hatte im Gefängniß von Se. Pelagie die Bekannt¬
schaft von Mitgliedern der zweiten Commission der Internationale gemacht.
Er hatte in ihnen eine brauchbare Kraft, Leute, die zur Noth mit dem Teufel
selbst ein Bündniß eingingen, um ihren Plan zum Umsturz der bürgerlichen
Ordnung durchzuführen, erkannt. Er hatte sich mit ihnen verbunden, um mit
ihrer Unterstützung sich emporzubringen, bei der Gewalt zu erhalten und zu
rächen, falls er besiegt werden sollte. Aus dem Gefängniß entlassen, wurde
er, indem er durch Erlangung des amerikanischen Bürgerrechts das französische
verlören, von der Regierung ausgewiesen. Er kehrte nach Amerika zurück,
diesmal für Rechnung der Internationale, für deren Zwecke er ein Blatt
gründen und vor allem Anhänger werben wollte. Als er im Februar von
den Wirren in Paris erfuhr, welche durch den Tod noirs und die Verhaftung
Nocheforts hervorgerufen worden waren, verzichtete er auf jenes Project, in¬
dem er der Meinung war, daß jetzt die Zeit zum Handeln gekommen sei.
Ein Brief, den er an Varlin richtete, verdient hier vollständig mitgetheilt zu
werden, da er beweist, wie dieser Mensch den Vorurtheilen, welche die übrigen
Mitglieder des Bundes verblendeten, fremd, und lediglich durch seinen Ehr¬
geiz getrieben, sich ihnen anzuschließen, ungewöhnlich klar sah, und da er fer¬
ner zeigt, daß alle Verbrechen, deren er sich später schuldig machte, lange vor¬
aus überlegt waren.

Der Brief lautet:

Neuyork, 17. Februar.


Mein theurer Varlin!

Ihren lieben Brief vom 2. habe ich erhalten. Er erklärt mir die Ver¬
zögerung, welche die Erfüllung meiner Bitte erfahren hat. Ich brauche nicht
zu sagen, daß ich annehme und mich ans Werk machen werde, um zu ver¬
suchen, meinen Brüdern im Elend und in der Arbeit nützlich zu sein. Das
Blatt, von dem ich Ihnen gesprochen habe, ist nicht gegründet worden, und
Angesichts der letzten Ereignisse in Frankreich und der Briefe, die mich ein-


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[0188] Die Führer der radikalen Opposition wußten genau, zu welchen erheb¬ lichen Resultaten ihre von allen Seiten betriebene Wühlerei geführt hatte. Sie sahen, daß das Gebäude vom 2. December in dem Augenblick zusammen¬ zustürzen drohte, wo es seine Krönung empfing. Nur glaubten die weniger Klugen, daß der Sturz der kaiserlichen Monarchie nur dem Socialismus zu Gute kommen könne, während die Schärferblickenden zu erkennen anfingen, das; nach Beseitigung der Bonapartes ein gefährlicherer Feind den Siegern ihre Beute streitig machen könnte. Ein früherer französischer Officier, der wegen ehrloser Handlungen cassirt worden war. sich dann den Revolutionsmachern von Profession angeschlossen hatte und sich im amerikanischen Bürgerkriege den Generalstitel erworben haben wollte, Cluseret, hatte im Gefängniß von Se. Pelagie die Bekannt¬ schaft von Mitgliedern der zweiten Commission der Internationale gemacht. Er hatte in ihnen eine brauchbare Kraft, Leute, die zur Noth mit dem Teufel selbst ein Bündniß eingingen, um ihren Plan zum Umsturz der bürgerlichen Ordnung durchzuführen, erkannt. Er hatte sich mit ihnen verbunden, um mit ihrer Unterstützung sich emporzubringen, bei der Gewalt zu erhalten und zu rächen, falls er besiegt werden sollte. Aus dem Gefängniß entlassen, wurde er, indem er durch Erlangung des amerikanischen Bürgerrechts das französische verlören, von der Regierung ausgewiesen. Er kehrte nach Amerika zurück, diesmal für Rechnung der Internationale, für deren Zwecke er ein Blatt gründen und vor allem Anhänger werben wollte. Als er im Februar von den Wirren in Paris erfuhr, welche durch den Tod noirs und die Verhaftung Nocheforts hervorgerufen worden waren, verzichtete er auf jenes Project, in¬ dem er der Meinung war, daß jetzt die Zeit zum Handeln gekommen sei. Ein Brief, den er an Varlin richtete, verdient hier vollständig mitgetheilt zu werden, da er beweist, wie dieser Mensch den Vorurtheilen, welche die übrigen Mitglieder des Bundes verblendeten, fremd, und lediglich durch seinen Ehr¬ geiz getrieben, sich ihnen anzuschließen, ungewöhnlich klar sah, und da er fer¬ ner zeigt, daß alle Verbrechen, deren er sich später schuldig machte, lange vor¬ aus überlegt waren. Der Brief lautet: Neuyork, 17. Februar. Mein theurer Varlin! Ihren lieben Brief vom 2. habe ich erhalten. Er erklärt mir die Ver¬ zögerung, welche die Erfüllung meiner Bitte erfahren hat. Ich brauche nicht zu sagen, daß ich annehme und mich ans Werk machen werde, um zu ver¬ suchen, meinen Brüdern im Elend und in der Arbeit nützlich zu sein. Das Blatt, von dem ich Ihnen gesprochen habe, ist nicht gegründet worden, und Angesichts der letzten Ereignisse in Frankreich und der Briefe, die mich ein-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 31, 1872, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341815_127395/188>, abgerufen am 22.12.2024.