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Die Grenzboten. Jg. 31, 1872, I. Semester. II. Band.

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wen lassen, daß die Bischöfe das Schwert wieder bekommen." Und doch wie
sehr ihm der Fortgang der Reformation am Herzen lag, beweist eine Stelle
aus seiner Rede an die Reichsversammlung zu Westeräs 1644: "Gott recht
dienen, ihr Lieben, über Alles und an Jesum Christum glauben als unsern
einzigen Erlöser, gern Gottes Wort hören und lehren, der Obrigkeit nach
Gottes Geheiß Unterthan sein, seine Nächsten lieben wie sich selbst, und Gottes
Gebote halten, das ist der rechte Gottesdienst, das die rechten Werke. Bon
geweihten Kerzen, Psalmen, Seelenmessen, Verehrung der Heiligen und der¬
gleichen findet sich nichts in der Schrift, und Gott hat solchen Dienst ver¬
boten, sowie er ja eben das heilige Sacrament uns eingesetzt hat zu Unter¬
pfand und Zeichen der Vergebung unsrer Sünden, nicht daß wir es in Gold
und Silber fassen und um die Kirchhöfe oder sonst wo tragen sollen. Sol¬
ches lassen wir euch verstehen und wissen, vertrauend auf Gott, daß wir hierin
thun, was recht ist. Deshalb ist es sehr zu verwundern, daß Ihr so hart¬
näckig hängen mögt an den Bischöfen und alten Kirchensitten." -- Vergleicht
man mit solchen Worten den blutigen Reform- und Antireformationseifer fast
im ganzen übrigen Europa, so verdient der große Schwedenkönig, daß man
nicht mit abfälligen Worten die Thatsache immer und immer wieder in den
Vordergrund stellt, daß seine Regierung nicht wenige politische Opfer gefordert
hat, sondern daß man sich daran erfreue : daß kein Schwede seine religiöse
Ueberzeugung hat mit dem Märtyrertode besiegeln müssen. -- Und damit
wollen wir Abschied nehmen von diesem königlichen Nordmannsbild, in dem
Klugheit und Kühnheit in wunderbarer Harmonie vereint war, in dem keine
Secunde seines reichen Lebens der göttliche Funke der Thätigkeit verglommen
ist. Möge sein Andenken, wie es noch heute vom Reichsadel bis zum Thal¬
bauern in Schweden gesegnet ist, auch in unserm und kommenden Geschlechtern
mahnen zu kluger Kühnheit und unermüdlichem, kräftigem Schaffen.




Im Heschichte der Internationale.
V. Der Bund und das Kaiserthum in Frankreich.

In dem Augenblick, wo die Internationale gegründet wurde, so fährt
Villetard in seinem Berichte fort, war das Kaiserthum noch in voller Kraft,
und obwohl der verhängnißvolle Krieg in Mexiko ihm schon sehr ernste
Schwierigkeiten bereitete, war doch kaum vorauszusagen, in welchen tiefen
Sturz seine Fehler es nach wenigen Jahren verwickeln würden. Keine der
Parteien, die es bekämpften, schien in diesem Augenblick ernstliche Aussichten
auf Erfolg zu haben, keine von ihnen theilte übrigens die Leidenschaften und
Ansprüche der Gründer jener neuen Gesellschaft.


wen lassen, daß die Bischöfe das Schwert wieder bekommen." Und doch wie
sehr ihm der Fortgang der Reformation am Herzen lag, beweist eine Stelle
aus seiner Rede an die Reichsversammlung zu Westeräs 1644: „Gott recht
dienen, ihr Lieben, über Alles und an Jesum Christum glauben als unsern
einzigen Erlöser, gern Gottes Wort hören und lehren, der Obrigkeit nach
Gottes Geheiß Unterthan sein, seine Nächsten lieben wie sich selbst, und Gottes
Gebote halten, das ist der rechte Gottesdienst, das die rechten Werke. Bon
geweihten Kerzen, Psalmen, Seelenmessen, Verehrung der Heiligen und der¬
gleichen findet sich nichts in der Schrift, und Gott hat solchen Dienst ver¬
boten, sowie er ja eben das heilige Sacrament uns eingesetzt hat zu Unter¬
pfand und Zeichen der Vergebung unsrer Sünden, nicht daß wir es in Gold
und Silber fassen und um die Kirchhöfe oder sonst wo tragen sollen. Sol¬
ches lassen wir euch verstehen und wissen, vertrauend auf Gott, daß wir hierin
thun, was recht ist. Deshalb ist es sehr zu verwundern, daß Ihr so hart¬
näckig hängen mögt an den Bischöfen und alten Kirchensitten." — Vergleicht
man mit solchen Worten den blutigen Reform- und Antireformationseifer fast
im ganzen übrigen Europa, so verdient der große Schwedenkönig, daß man
nicht mit abfälligen Worten die Thatsache immer und immer wieder in den
Vordergrund stellt, daß seine Regierung nicht wenige politische Opfer gefordert
hat, sondern daß man sich daran erfreue : daß kein Schwede seine religiöse
Ueberzeugung hat mit dem Märtyrertode besiegeln müssen. — Und damit
wollen wir Abschied nehmen von diesem königlichen Nordmannsbild, in dem
Klugheit und Kühnheit in wunderbarer Harmonie vereint war, in dem keine
Secunde seines reichen Lebens der göttliche Funke der Thätigkeit verglommen
ist. Möge sein Andenken, wie es noch heute vom Reichsadel bis zum Thal¬
bauern in Schweden gesegnet ist, auch in unserm und kommenden Geschlechtern
mahnen zu kluger Kühnheit und unermüdlichem, kräftigem Schaffen.




Im Heschichte der Internationale.
V. Der Bund und das Kaiserthum in Frankreich.

In dem Augenblick, wo die Internationale gegründet wurde, so fährt
Villetard in seinem Berichte fort, war das Kaiserthum noch in voller Kraft,
und obwohl der verhängnißvolle Krieg in Mexiko ihm schon sehr ernste
Schwierigkeiten bereitete, war doch kaum vorauszusagen, in welchen tiefen
Sturz seine Fehler es nach wenigen Jahren verwickeln würden. Keine der
Parteien, die es bekämpften, schien in diesem Augenblick ernstliche Aussichten
auf Erfolg zu haben, keine von ihnen theilte übrigens die Leidenschaften und
Ansprüche der Gründer jener neuen Gesellschaft.


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[0176] wen lassen, daß die Bischöfe das Schwert wieder bekommen." Und doch wie sehr ihm der Fortgang der Reformation am Herzen lag, beweist eine Stelle aus seiner Rede an die Reichsversammlung zu Westeräs 1644: „Gott recht dienen, ihr Lieben, über Alles und an Jesum Christum glauben als unsern einzigen Erlöser, gern Gottes Wort hören und lehren, der Obrigkeit nach Gottes Geheiß Unterthan sein, seine Nächsten lieben wie sich selbst, und Gottes Gebote halten, das ist der rechte Gottesdienst, das die rechten Werke. Bon geweihten Kerzen, Psalmen, Seelenmessen, Verehrung der Heiligen und der¬ gleichen findet sich nichts in der Schrift, und Gott hat solchen Dienst ver¬ boten, sowie er ja eben das heilige Sacrament uns eingesetzt hat zu Unter¬ pfand und Zeichen der Vergebung unsrer Sünden, nicht daß wir es in Gold und Silber fassen und um die Kirchhöfe oder sonst wo tragen sollen. Sol¬ ches lassen wir euch verstehen und wissen, vertrauend auf Gott, daß wir hierin thun, was recht ist. Deshalb ist es sehr zu verwundern, daß Ihr so hart¬ näckig hängen mögt an den Bischöfen und alten Kirchensitten." — Vergleicht man mit solchen Worten den blutigen Reform- und Antireformationseifer fast im ganzen übrigen Europa, so verdient der große Schwedenkönig, daß man nicht mit abfälligen Worten die Thatsache immer und immer wieder in den Vordergrund stellt, daß seine Regierung nicht wenige politische Opfer gefordert hat, sondern daß man sich daran erfreue : daß kein Schwede seine religiöse Ueberzeugung hat mit dem Märtyrertode besiegeln müssen. — Und damit wollen wir Abschied nehmen von diesem königlichen Nordmannsbild, in dem Klugheit und Kühnheit in wunderbarer Harmonie vereint war, in dem keine Secunde seines reichen Lebens der göttliche Funke der Thätigkeit verglommen ist. Möge sein Andenken, wie es noch heute vom Reichsadel bis zum Thal¬ bauern in Schweden gesegnet ist, auch in unserm und kommenden Geschlechtern mahnen zu kluger Kühnheit und unermüdlichem, kräftigem Schaffen. Im Heschichte der Internationale. V. Der Bund und das Kaiserthum in Frankreich. In dem Augenblick, wo die Internationale gegründet wurde, so fährt Villetard in seinem Berichte fort, war das Kaiserthum noch in voller Kraft, und obwohl der verhängnißvolle Krieg in Mexiko ihm schon sehr ernste Schwierigkeiten bereitete, war doch kaum vorauszusagen, in welchen tiefen Sturz seine Fehler es nach wenigen Jahren verwickeln würden. Keine der Parteien, die es bekämpften, schien in diesem Augenblick ernstliche Aussichten auf Erfolg zu haben, keine von ihnen theilte übrigens die Leidenschaften und Ansprüche der Gründer jener neuen Gesellschaft.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 31, 1872, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341815_127395/176>, abgerufen am 22.12.2024.