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Die Grenzboten. Jg. 31, 1872, I. Semester. II. Band.

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theidiger der Ordnung zu richten, die sich des Vergehens schuldig gemacht
haben, zum Schutze von Personen und Eigenthum eingeschritten zu sein.

1867 führte man in Roubaix neue Methoden des Arbeitens ein, welche
die Handarbeit vereinfachten, sodaß ein Mann die Arbeit von zweien verrich¬
ten konnte. Die Arbeiter, die es für billig ansahen, daß sie einen Theil der
Vortheile genössen, welche diese Verbesserung den Fabrikanten zuwendete, ver¬
langten eine Lohnerhöhung, aber dieselbe wurde ihnen verweigert. Die Ein¬
führung eines neuen Reglements, welches für gewisse Vergehen gewisse Geld¬
strafen oder Abzüge vom Lohne festsetzte, steigerte das hierdurch hervorgerufene
Mißvergnügen. Die Geister waren sehr erregt, und ohne Zweifel bemühten
sich die Führer, diese Aufregung zu vermehren. Endlich brach Sonnabend
den 16. März das Gewitter, welches schon mehrere Tage dumpf gegrollt hatte,
mit Macht los. Die Arbeiter stürzten am hellen Tage mit wildem Geschrei
aus ihren Werkstätten heraus und stießen Drohungen gegen verschiedene Fa¬
brikanten aus. Circa fünfundzwanzigtausend Menschen liefen durch die Stra¬
ßen und verbreiteten allenthalben durch ihre Ausrufe Angst und Schrecken.
Die Stadtbehörde beeilte sich, in Lille Verstärkungen zu verlangen. Aber be¬
vor die herbeigerufenen Truppen angekommen waren, hatten die Unruhen
ernste Verhältnisse angenommen. Die Arbeiter wurden von ihren Führern
zuletzt nach gewissen Fabriken dirigirt, und nun erfolgten mehrere Stunden
Scenen der Zerstörung und Plünderung, ohne daß es möglich war, den Misse¬
thätern den geringsten Widerstand entgegenzusetzen. Sieben Fabriken wurden
gestürmt, die Maschinen zertrümmert, die in Arbeit befindlichen Stoffe zer¬
rissen, die Ketten der Maschinen zerbrochen. Die. Privatwohnungen von
zweien der am meisten verhaßten Fabrikanten wurden ausgeplündert, die
Möbel, die Betten, die Wäsche, das Geschirr wurde aus den Fenstern ge¬
worfen. Die Wuth der Ruhestörer wuchs von Minute zu Minute, und zu¬
letzt steckten sie die beiden Fabriken, die sie verwüstet, in Brand. Man weiß
nicht, wie weit diese wüthenden Menschen zuletzt noch gegangen sein würden,
wenn sie nicht noch am selben Abend zwei Bataillone Infanterie und zwei
Schwadronen Kürassiere hätten einrücken sehen. Die Aufständischen, getreu
der Taktik bei allen Aufständen, empfingen die Soldaten mit dem Geschrei:
Es lebe die Linie! indem sie hofften, sie auf diese Art von ihrer Pflicht ab¬
wendig zu machen. Aber als sie sahen, daß diese Truppen, anstatt den Kol¬
ben emporzuheben, ihre Gewehre luden, entschlossen sie sich zum Rückzug und
die Ruhe wurde wiederhergestellt.

Am Morgen des Sonntags ging es nicht sehr bewegt zu. Am Montag
waren früh sechs Uhr viele Arbeiter wieder an ihrer Arbeit, und man konnte
glauben, daß auch die noch Zögernden sich bequemen würden, sie wieder auf¬
zunehmen. Aber plötzlich schien ein Wink erfolgt zu sein. Sofort verlangten


theidiger der Ordnung zu richten, die sich des Vergehens schuldig gemacht
haben, zum Schutze von Personen und Eigenthum eingeschritten zu sein.

1867 führte man in Roubaix neue Methoden des Arbeitens ein, welche
die Handarbeit vereinfachten, sodaß ein Mann die Arbeit von zweien verrich¬
ten konnte. Die Arbeiter, die es für billig ansahen, daß sie einen Theil der
Vortheile genössen, welche diese Verbesserung den Fabrikanten zuwendete, ver¬
langten eine Lohnerhöhung, aber dieselbe wurde ihnen verweigert. Die Ein¬
führung eines neuen Reglements, welches für gewisse Vergehen gewisse Geld¬
strafen oder Abzüge vom Lohne festsetzte, steigerte das hierdurch hervorgerufene
Mißvergnügen. Die Geister waren sehr erregt, und ohne Zweifel bemühten
sich die Führer, diese Aufregung zu vermehren. Endlich brach Sonnabend
den 16. März das Gewitter, welches schon mehrere Tage dumpf gegrollt hatte,
mit Macht los. Die Arbeiter stürzten am hellen Tage mit wildem Geschrei
aus ihren Werkstätten heraus und stießen Drohungen gegen verschiedene Fa¬
brikanten aus. Circa fünfundzwanzigtausend Menschen liefen durch die Stra¬
ßen und verbreiteten allenthalben durch ihre Ausrufe Angst und Schrecken.
Die Stadtbehörde beeilte sich, in Lille Verstärkungen zu verlangen. Aber be¬
vor die herbeigerufenen Truppen angekommen waren, hatten die Unruhen
ernste Verhältnisse angenommen. Die Arbeiter wurden von ihren Führern
zuletzt nach gewissen Fabriken dirigirt, und nun erfolgten mehrere Stunden
Scenen der Zerstörung und Plünderung, ohne daß es möglich war, den Misse¬
thätern den geringsten Widerstand entgegenzusetzen. Sieben Fabriken wurden
gestürmt, die Maschinen zertrümmert, die in Arbeit befindlichen Stoffe zer¬
rissen, die Ketten der Maschinen zerbrochen. Die. Privatwohnungen von
zweien der am meisten verhaßten Fabrikanten wurden ausgeplündert, die
Möbel, die Betten, die Wäsche, das Geschirr wurde aus den Fenstern ge¬
worfen. Die Wuth der Ruhestörer wuchs von Minute zu Minute, und zu¬
letzt steckten sie die beiden Fabriken, die sie verwüstet, in Brand. Man weiß
nicht, wie weit diese wüthenden Menschen zuletzt noch gegangen sein würden,
wenn sie nicht noch am selben Abend zwei Bataillone Infanterie und zwei
Schwadronen Kürassiere hätten einrücken sehen. Die Aufständischen, getreu
der Taktik bei allen Aufständen, empfingen die Soldaten mit dem Geschrei:
Es lebe die Linie! indem sie hofften, sie auf diese Art von ihrer Pflicht ab¬
wendig zu machen. Aber als sie sahen, daß diese Truppen, anstatt den Kol¬
ben emporzuheben, ihre Gewehre luden, entschlossen sie sich zum Rückzug und
die Ruhe wurde wiederhergestellt.

Am Morgen des Sonntags ging es nicht sehr bewegt zu. Am Montag
waren früh sechs Uhr viele Arbeiter wieder an ihrer Arbeit, und man konnte
glauben, daß auch die noch Zögernden sich bequemen würden, sie wieder auf¬
zunehmen. Aber plötzlich schien ein Wink erfolgt zu sein. Sofort verlangten


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 31, 1872, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341815_127395/141>, abgerufen am 22.12.2024.