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Die Grenzboten. Jg. 31, 1872, I. Semester. II. Band.

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verfügen; die Ryde-Linie, von London ausgehend, besitzt vier Dampfer; die
Liverpool, Brazil and River Plate Company achtzehn eigene Dampfer; dazu
kommen die 27 Dampfer der Pacific-Linie. welche aus ihrer Fahrt nach der
amerikanischen Südwestküste auch Rio de Janeiro berührt. Alles in allem
hat Brasilien jetzt mit Europa Verkehr durch Dampfer von etwa 100,000
Tonnen Gehalt. Fast sein ganzer Kaffee, Zucker, Baumwolle, Tabak nehmen
auf diesen Dampfern den Weg nach Liverpool, Southampton, London. Ant¬
werpen, Bordeaux.

Das Project der directen Telegraphen Verbindung Brasiliens mit Eu¬
ropa ist durch verschiedene Maßnahmen auch seiner Verwirklichung näher ge¬
rückt. Bisher erhielten wir die Telegramme über New-Uork. Die Interna-
tional-Telegraph-Ocean-Company will jedoch ihr Kabel durch den südatlan¬
tischen Ocean legen. Ausgangspunkt ist Lissabon oder vielmehr das am
weitesten südwestlich vorspringende Vorgebirge Portugals. Cap Se. Vincent.
Von hier wird das Kabel nach Porto Santo bei Madeira gelegt, dann nach
Teneriffa, nach Cap Blanco an der afrikanischen Küste, nach den Capver-
dischen Inseln, nach dem einsam unter- dem Aequator gelegenen Felseneilande
Se. Paul, weiter nach Fernando Moronha und endlich nach Cap San Roque
an der brasilianischen Küste. So erhält das Kabel eine Reihe natürlicher
Stützpunkte. Die Telegraphenlinien Brasiliens selbst haben bereits eine Länge
von 2080 Kilometer erreicht, darunter die 1452 Kilometer lange große Küsten¬
linie von Rio de Janeiro nach Porto Alegre im Süden mit achtzehn Sta¬
tionen.

Die Eisenbahnen sind freilich noch in kein System gebracht. Ueber
das ungeheure 152,000 Quadratmeilen große Land mit der dünnen Be¬
völkerung wird sich auch sobald kein Netz ausdehnen, wie es die Vereinigten
Staaten besitzen, zumal die herrlichen Flußläufe vor der Hand ausschließend
genug wirken; aber man arbeitet rege an der Verbindung der Küstenstädte
mit dem Innern, und von den größeren Hafenstädten erstrecken sich allent¬
halben bereits die Bahnen nach dem Binnenlande, den reichen Producten Ab¬
fluß verschaffend. Im Juli 1871 waren 812 Kilometer Bahnen vollendet,
307 Kilometer im Bau begriffen und für weitere 1500 Kilometer Bauconces¬
sionen vergeben.

Der Briefverkehr des Landes ist in steigender Zunahme. In dem
Postjahre 1869--1870 stellt sich derselbe auf y.729,105 Stück; davon gingen
über 5 Millionen durch das Postamt in Rio de Janeiro.

Mit dieser Zunahme der Verkehrsmittel hat sich die wirthschaftliche Be¬
deutung des Landes, die Entwickelung des Ackerbaues und Handels entschieden
gehoben. Mit Ausnahme des Zuckers hat sich der Export aller übrigen Er¬
zeugnisse gesteigert. Das wichtigste Product. mit dem Brasilien auf dem


verfügen; die Ryde-Linie, von London ausgehend, besitzt vier Dampfer; die
Liverpool, Brazil and River Plate Company achtzehn eigene Dampfer; dazu
kommen die 27 Dampfer der Pacific-Linie. welche aus ihrer Fahrt nach der
amerikanischen Südwestküste auch Rio de Janeiro berührt. Alles in allem
hat Brasilien jetzt mit Europa Verkehr durch Dampfer von etwa 100,000
Tonnen Gehalt. Fast sein ganzer Kaffee, Zucker, Baumwolle, Tabak nehmen
auf diesen Dampfern den Weg nach Liverpool, Southampton, London. Ant¬
werpen, Bordeaux.

Das Project der directen Telegraphen Verbindung Brasiliens mit Eu¬
ropa ist durch verschiedene Maßnahmen auch seiner Verwirklichung näher ge¬
rückt. Bisher erhielten wir die Telegramme über New-Uork. Die Interna-
tional-Telegraph-Ocean-Company will jedoch ihr Kabel durch den südatlan¬
tischen Ocean legen. Ausgangspunkt ist Lissabon oder vielmehr das am
weitesten südwestlich vorspringende Vorgebirge Portugals. Cap Se. Vincent.
Von hier wird das Kabel nach Porto Santo bei Madeira gelegt, dann nach
Teneriffa, nach Cap Blanco an der afrikanischen Küste, nach den Capver-
dischen Inseln, nach dem einsam unter- dem Aequator gelegenen Felseneilande
Se. Paul, weiter nach Fernando Moronha und endlich nach Cap San Roque
an der brasilianischen Küste. So erhält das Kabel eine Reihe natürlicher
Stützpunkte. Die Telegraphenlinien Brasiliens selbst haben bereits eine Länge
von 2080 Kilometer erreicht, darunter die 1452 Kilometer lange große Küsten¬
linie von Rio de Janeiro nach Porto Alegre im Süden mit achtzehn Sta¬
tionen.

Die Eisenbahnen sind freilich noch in kein System gebracht. Ueber
das ungeheure 152,000 Quadratmeilen große Land mit der dünnen Be¬
völkerung wird sich auch sobald kein Netz ausdehnen, wie es die Vereinigten
Staaten besitzen, zumal die herrlichen Flußläufe vor der Hand ausschließend
genug wirken; aber man arbeitet rege an der Verbindung der Küstenstädte
mit dem Innern, und von den größeren Hafenstädten erstrecken sich allent¬
halben bereits die Bahnen nach dem Binnenlande, den reichen Producten Ab¬
fluß verschaffend. Im Juli 1871 waren 812 Kilometer Bahnen vollendet,
307 Kilometer im Bau begriffen und für weitere 1500 Kilometer Bauconces¬
sionen vergeben.

Der Briefverkehr des Landes ist in steigender Zunahme. In dem
Postjahre 1869—1870 stellt sich derselbe auf y.729,105 Stück; davon gingen
über 5 Millionen durch das Postamt in Rio de Janeiro.

Mit dieser Zunahme der Verkehrsmittel hat sich die wirthschaftliche Be¬
deutung des Landes, die Entwickelung des Ackerbaues und Handels entschieden
gehoben. Mit Ausnahme des Zuckers hat sich der Export aller übrigen Er¬
zeugnisse gesteigert. Das wichtigste Product. mit dem Brasilien auf dem


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 31, 1872, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341815_127395/133>, abgerufen am 22.12.2024.