Die Grenzboten. Jg. 30, 1871, II. Semester. II. Band.den Sie in jedem Kunstladen ausgehängt finden: die Marseillaise von Dore. Die Botschaft des Herrn Thiers fließt von friedlichen Versicherungen -- o. VV. -- Die "Fostunterhandlungen zwischen Deutschland und Frankreich. Bekanntlich war von deutscher Seite nach dem Abschlüsse des Frankfurter den Sie in jedem Kunstladen ausgehängt finden: die Marseillaise von Dore. Die Botschaft des Herrn Thiers fließt von friedlichen Versicherungen — o. VV. — Die "Fostunterhandlungen zwischen Deutschland und Frankreich. Bekanntlich war von deutscher Seite nach dem Abschlüsse des Frankfurter <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0442" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/192743"/> <p xml:id="ID_1619" prev="#ID_1618"> den Sie in jedem Kunstladen ausgehängt finden: die Marseillaise von Dore.<lb/> Das Aufhängen ist zwar kein Beweis für starken Absatz, aber es läßt ihn<lb/> vermuthen. Die Göttin der Freiheit zieht an der Spitze echt gallischen Ge-<lb/> sindels ins Feld. Das Bild ist so widerwärtig wie jenes andere, welches den<lb/> Kaiser Napoleon nach der Schlacht bei Sedan darstellt, über die Leichen und<lb/> Verwundeten fahrend. Es ist eine erbärmliche Lüge gegen den gefallenen<lb/> Tyrannen, ein Parteimanöver, und hier bewundert man naiv das Kunstwerk,<lb/> obgleich in den Wolken der erste Napoleon mit einer Aureole steht, er, der<lb/> wirklich sehr gleichgültig über Leichen und Verwundete hinwegfuhr und der<lb/> heute die Sehnsucht aller Franzosen ist, denn was sie dem Dritten vorwerfen,<lb/> ist nur. daß er nicht wie der Erste zu siegen verstand.</p><lb/> <p xml:id="ID_1620"> Die Botschaft des Herrn Thiers fließt von friedlichen Versicherungen<lb/> über, mit denen die Thatsache, daß das Budget der Marine unverändert<lb/> bleibt und das der Armee, so wie der Bestand der letzteren erhöht werden,<lb/> sich schlecht vereinigen läßt. Es ist schade, daß die Botschaft nicht vierzehn<lb/> Tage früher verlesen worden ist, denn die Debatte um das dreijährige Pausch-<lb/> Quantum des Militäretats würde sich dadurch bedeutend vereinfacht haben,<lb/> Vielleicht hat sie jetzt noch das Gute, die entstandenen Differenzen zu mildern.</p><lb/> <note type="byline"> — o. VV. —</note><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> Die "Fostunterhandlungen zwischen Deutschland und<lb/> Frankreich.</head><lb/> <p xml:id="ID_1621" next="#ID_1622"> Bekanntlich war von deutscher Seite nach dem Abschlüsse des Frankfurter<lb/> Friedens die Initiative dazu ergriffen, d en Postverkehr zwischen Deutsch¬<lb/> land und Frankreich, welcher noch den Festsetzungen älterer Verträge<lb/> unterworfen ist, auf neuen, den veränderten politischen Verhältnissen, wie den<lb/> Anforderungen der gewaltigen Wirthschaftsbewegung unserer Tage entsprechen¬<lb/> den Grundlagen zu regeln. Die desfallsigen Verhandlungen haben bei der<lb/> retrograden und von fiskalischer Engherzigkeit getragenen Politik des gegen¬<lb/> wärtigen französischen Gouvernements keinen günstigen Fortgang genommen;<lb/> vielmehr droht diese Politik, welche mit dem Entwickelungsaufschwunge der<lb/> Zeit in einem so unheilvollen Gegensatze steht, nunmehr ernstlich jene wich¬<lb/> tigen Interessen zu gefährden, welche sich an die Erleichterung und<lb/> Verbesserung der internationalen Postbeziehungen zwischen Deutschland und</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0442]
den Sie in jedem Kunstladen ausgehängt finden: die Marseillaise von Dore.
Das Aufhängen ist zwar kein Beweis für starken Absatz, aber es läßt ihn
vermuthen. Die Göttin der Freiheit zieht an der Spitze echt gallischen Ge-
sindels ins Feld. Das Bild ist so widerwärtig wie jenes andere, welches den
Kaiser Napoleon nach der Schlacht bei Sedan darstellt, über die Leichen und
Verwundeten fahrend. Es ist eine erbärmliche Lüge gegen den gefallenen
Tyrannen, ein Parteimanöver, und hier bewundert man naiv das Kunstwerk,
obgleich in den Wolken der erste Napoleon mit einer Aureole steht, er, der
wirklich sehr gleichgültig über Leichen und Verwundete hinwegfuhr und der
heute die Sehnsucht aller Franzosen ist, denn was sie dem Dritten vorwerfen,
ist nur. daß er nicht wie der Erste zu siegen verstand.
Die Botschaft des Herrn Thiers fließt von friedlichen Versicherungen
über, mit denen die Thatsache, daß das Budget der Marine unverändert
bleibt und das der Armee, so wie der Bestand der letzteren erhöht werden,
sich schlecht vereinigen läßt. Es ist schade, daß die Botschaft nicht vierzehn
Tage früher verlesen worden ist, denn die Debatte um das dreijährige Pausch-
Quantum des Militäretats würde sich dadurch bedeutend vereinfacht haben,
Vielleicht hat sie jetzt noch das Gute, die entstandenen Differenzen zu mildern.
— o. VV. —
Die "Fostunterhandlungen zwischen Deutschland und
Frankreich.
Bekanntlich war von deutscher Seite nach dem Abschlüsse des Frankfurter
Friedens die Initiative dazu ergriffen, d en Postverkehr zwischen Deutsch¬
land und Frankreich, welcher noch den Festsetzungen älterer Verträge
unterworfen ist, auf neuen, den veränderten politischen Verhältnissen, wie den
Anforderungen der gewaltigen Wirthschaftsbewegung unserer Tage entsprechen¬
den Grundlagen zu regeln. Die desfallsigen Verhandlungen haben bei der
retrograden und von fiskalischer Engherzigkeit getragenen Politik des gegen¬
wärtigen französischen Gouvernements keinen günstigen Fortgang genommen;
vielmehr droht diese Politik, welche mit dem Entwickelungsaufschwunge der
Zeit in einem so unheilvollen Gegensatze steht, nunmehr ernstlich jene wich¬
tigen Interessen zu gefährden, welche sich an die Erleichterung und
Verbesserung der internationalen Postbeziehungen zwischen Deutschland und
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