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Die Grenzboten. Jg. 30, 1871, II. Semester. II. Band.

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Unter den reich illustrirten und mit dem höchsten Glänze moderner Buch¬
binderkunst ausgestatteten WeihnachtSwerken für die reifere Jugend und na¬
mentlich die junge Damenwelt verdient C. B eher's Ar ja, die schönsten
Sagen aus Indien und Iran, Leipzig, C. Amelang's Verlag, hervor¬
gehoben zu werden. Wäre das Wort nicht zu verbraucht, und namentlich
im deutschen Äuchhandel für jede Novität unvermeidlich, so würden wir hinzu¬
setzen, daß das Werk Beyer's, der sich durch vielfache Schriften über Stuckert
bekannt gemacht hat, einem wirklichen Bedürfnisse genüge. Denn die reiche
Sagenwelt jener Wiegen der Menschheit ist unserer Jugend, ja unserem Volke
überhaupt noch lange nicht in dem Maße erschlossen, als sie verdient. Es ist
daher ein unzweifelhaftes Verdienst von Beyer, daß er -- sich meist eng an
die Quellen haltend -- ein Buch zu schaffen wußte, welches jedem Leser ver¬
ständlich, für jeden anziehend und auch dem harmlosesten Gemüth ungefährlich
ist, und in einem "Wissenschaftlicher Anhang" auch demjenigen, der ganz
unvorbereitet in die indisch-iranische Sagenwelt eintritt, die nöthigen Erläu¬
terungen über das Leben, den Götterglauben, die Sprache u. f. w. der Jndier
und Iraner und den behandelten Sagenkreis insbesondere bietet. Nur ist
der Verfasser in seinem Streben nach populärer Darstellung nicht selten so
weit gegangen, daß er die Gemeinplätze heutiger Redeweise zugleich mit seinen
indisch-iranischen Dufcgestalten vorführt, oder diesen gar in den Mund legt.
Auch in Betreff der Illustrationen wäre zu wünschen, daß das römische Co
stum weniger häufig sich in diese indisch-iranische Welt verirrie.
"

Darin könnte der Künstler der "Arja selbst bei jenen einfachen, aber
äußerst sorgfältig gezeichneten Costümbildern lernen, welche unter den jähr¬
lichen Novitäten von " M unebner Bilderbogen" im Verlage von Braun
und Schneider in München erscheinen, und auch dieses Jahr erschienen sind.
Welche Zauberkraft in dem humoristischen Theil dieser neuen Münchner Bilder¬
bogen auf Jung und Alt liegt, kann man aus dem dichten Zuschauerkreis
erkennen, den jetzt die Buchbinderläden und kleineren Buchhandlungen vor
ihren mit diesen Bogen gezierten Fenstern versammeln. Namentlich ist der
gute Name O dert ä über' auf mehreren dieser humoristischen Novitäten zu
erkennen, während Hans Speckter in Weimar eine treffliche Illustration
zu dem Märchen von den "drei Spinnerinnen" geliefert hat. -- Manche
dieser Bilder erinnern auch in Ernst und Scherz an den großen Krieg mit
Frankreich, während General "Rockschössels Erinnerungen", den friedlichen
"Humor am Stadtthor auf der Wache" aus jenen idyllischen Tagen schildern,
wo noch nicht der eiserne Hauch der preußischen Disciplin in die bayerischen
und schwäbischen Krieger gefahren war. "Fortsetzung folgt.)






Verantwortlicher Redacteur: "r. Haus Blum.
Verlag von F. L. Hervig. - Druck von Hüthel 6 Legler in Leipzig.

Unter den reich illustrirten und mit dem höchsten Glänze moderner Buch¬
binderkunst ausgestatteten WeihnachtSwerken für die reifere Jugend und na¬
mentlich die junge Damenwelt verdient C. B eher's Ar ja, die schönsten
Sagen aus Indien und Iran, Leipzig, C. Amelang's Verlag, hervor¬
gehoben zu werden. Wäre das Wort nicht zu verbraucht, und namentlich
im deutschen Äuchhandel für jede Novität unvermeidlich, so würden wir hinzu¬
setzen, daß das Werk Beyer's, der sich durch vielfache Schriften über Stuckert
bekannt gemacht hat, einem wirklichen Bedürfnisse genüge. Denn die reiche
Sagenwelt jener Wiegen der Menschheit ist unserer Jugend, ja unserem Volke
überhaupt noch lange nicht in dem Maße erschlossen, als sie verdient. Es ist
daher ein unzweifelhaftes Verdienst von Beyer, daß er — sich meist eng an
die Quellen haltend — ein Buch zu schaffen wußte, welches jedem Leser ver¬
ständlich, für jeden anziehend und auch dem harmlosesten Gemüth ungefährlich
ist, und in einem „Wissenschaftlicher Anhang" auch demjenigen, der ganz
unvorbereitet in die indisch-iranische Sagenwelt eintritt, die nöthigen Erläu¬
terungen über das Leben, den Götterglauben, die Sprache u. f. w. der Jndier
und Iraner und den behandelten Sagenkreis insbesondere bietet. Nur ist
der Verfasser in seinem Streben nach populärer Darstellung nicht selten so
weit gegangen, daß er die Gemeinplätze heutiger Redeweise zugleich mit seinen
indisch-iranischen Dufcgestalten vorführt, oder diesen gar in den Mund legt.
Auch in Betreff der Illustrationen wäre zu wünschen, daß das römische Co
stum weniger häufig sich in diese indisch-iranische Welt verirrie.
"

Darin könnte der Künstler der „Arja selbst bei jenen einfachen, aber
äußerst sorgfältig gezeichneten Costümbildern lernen, welche unter den jähr¬
lichen Novitäten von „ M unebner Bilderbogen" im Verlage von Braun
und Schneider in München erscheinen, und auch dieses Jahr erschienen sind.
Welche Zauberkraft in dem humoristischen Theil dieser neuen Münchner Bilder¬
bogen auf Jung und Alt liegt, kann man aus dem dichten Zuschauerkreis
erkennen, den jetzt die Buchbinderläden und kleineren Buchhandlungen vor
ihren mit diesen Bogen gezierten Fenstern versammeln. Namentlich ist der
gute Name O dert ä über' auf mehreren dieser humoristischen Novitäten zu
erkennen, während Hans Speckter in Weimar eine treffliche Illustration
zu dem Märchen von den „drei Spinnerinnen" geliefert hat. — Manche
dieser Bilder erinnern auch in Ernst und Scherz an den großen Krieg mit
Frankreich, während General „Rockschössels Erinnerungen", den friedlichen
„Humor am Stadtthor auf der Wache" aus jenen idyllischen Tagen schildern,
wo noch nicht der eiserne Hauch der preußischen Disciplin in die bayerischen
und schwäbischen Krieger gefahren war. «Fortsetzung folgt.)






Verantwortlicher Redacteur: »r. Haus Blum.
Verlag von F. L. Hervig. - Druck von Hüthel 6 Legler in Leipzig.
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[0408] Unter den reich illustrirten und mit dem höchsten Glänze moderner Buch¬ binderkunst ausgestatteten WeihnachtSwerken für die reifere Jugend und na¬ mentlich die junge Damenwelt verdient C. B eher's Ar ja, die schönsten Sagen aus Indien und Iran, Leipzig, C. Amelang's Verlag, hervor¬ gehoben zu werden. Wäre das Wort nicht zu verbraucht, und namentlich im deutschen Äuchhandel für jede Novität unvermeidlich, so würden wir hinzu¬ setzen, daß das Werk Beyer's, der sich durch vielfache Schriften über Stuckert bekannt gemacht hat, einem wirklichen Bedürfnisse genüge. Denn die reiche Sagenwelt jener Wiegen der Menschheit ist unserer Jugend, ja unserem Volke überhaupt noch lange nicht in dem Maße erschlossen, als sie verdient. Es ist daher ein unzweifelhaftes Verdienst von Beyer, daß er — sich meist eng an die Quellen haltend — ein Buch zu schaffen wußte, welches jedem Leser ver¬ ständlich, für jeden anziehend und auch dem harmlosesten Gemüth ungefährlich ist, und in einem „Wissenschaftlicher Anhang" auch demjenigen, der ganz unvorbereitet in die indisch-iranische Sagenwelt eintritt, die nöthigen Erläu¬ terungen über das Leben, den Götterglauben, die Sprache u. f. w. der Jndier und Iraner und den behandelten Sagenkreis insbesondere bietet. Nur ist der Verfasser in seinem Streben nach populärer Darstellung nicht selten so weit gegangen, daß er die Gemeinplätze heutiger Redeweise zugleich mit seinen indisch-iranischen Dufcgestalten vorführt, oder diesen gar in den Mund legt. Auch in Betreff der Illustrationen wäre zu wünschen, daß das römische Co stum weniger häufig sich in diese indisch-iranische Welt verirrie. " Darin könnte der Künstler der „Arja selbst bei jenen einfachen, aber äußerst sorgfältig gezeichneten Costümbildern lernen, welche unter den jähr¬ lichen Novitäten von „ M unebner Bilderbogen" im Verlage von Braun und Schneider in München erscheinen, und auch dieses Jahr erschienen sind. Welche Zauberkraft in dem humoristischen Theil dieser neuen Münchner Bilder¬ bogen auf Jung und Alt liegt, kann man aus dem dichten Zuschauerkreis erkennen, den jetzt die Buchbinderläden und kleineren Buchhandlungen vor ihren mit diesen Bogen gezierten Fenstern versammeln. Namentlich ist der gute Name O dert ä über' auf mehreren dieser humoristischen Novitäten zu erkennen, während Hans Speckter in Weimar eine treffliche Illustration zu dem Märchen von den „drei Spinnerinnen" geliefert hat. — Manche dieser Bilder erinnern auch in Ernst und Scherz an den großen Krieg mit Frankreich, während General „Rockschössels Erinnerungen", den friedlichen „Humor am Stadtthor auf der Wache" aus jenen idyllischen Tagen schildern, wo noch nicht der eiserne Hauch der preußischen Disciplin in die bayerischen und schwäbischen Krieger gefahren war. «Fortsetzung folgt.) Verantwortlicher Redacteur: »r. Haus Blum. Verlag von F. L. Hervig. - Druck von Hüthel 6 Legler in Leipzig.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 30, 1871, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341813_192299/408>, abgerufen am 05.02.2025.