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Die Grenzboten. Jg. 30, 1871, II. Semester. II. Band.

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dem Verbot der weiteren Ausprägung schwerer Silbermünzen und in der Ein¬
ziehung der jetzt im Umlauf befindlichen Goldmünzen durch das Reich, sowie
in der Ermächtigung für den Reichskanzler, die bereitesten Bestände der Reichs-
Casse zur Einziehung der bisherigen schweren Silbermünzen zu verwenden.
Der Vorbehalt bestand in der Interpretation der beiden letzterwähnten Be¬
stimmungen, wonach der Sinn derselben nur auf administrative, nicht auf ge¬
setzgeberische Maßregeln geht. Es soll demnach der Reichskanzler ermächtigt
sein, die bisherigen Gold- und Silbermünzen, soweit sie in den Reichscassen
sich befinden, bezüglich dahin gelangen, emschmelzen und durch neue Reichs¬
münze, soweit die Bestände der Reichscasse es erlauben, ersetzen zu lassen.
Nicht aber soll der Reichskanzler befugt sein, die im allgemeinen Verkehr cir-
culirenden Gold- und Silbermünzen alten Gepräges ohne besonderes Gesetz
außer Cours zu setzen. Die Ausnahme bezog sich auf die Beseitigung des
goldenen Zehnthalerstückes, dessen Beibehaltung der Präsident des Reichs¬
kanzleramtes nochmals befürwortete. Er wurde darin durch den Abg. v. Pa-
tow und durch den Minister Camphausen unterstützt. Der Reichstag aber
blieb bei der Beseitigung dieser Münze stehen, deren Ueberflüssigkeit wiederum
der Abg. Bamberger mit glücklicher Beweisführung darlegte. Den Vorwand
für die versuchte Einführung dieser Münze giebt die Erleichterung des Ueber-
gangs zu den neuen Münzen ab. Als ob man die Leute dadurch an eine
neue Münzeintheilung gewöhnen könnte, daß man ihnen das Mittel giebt,
sich an die alte Eintheilung zu klammern! Einmal muß der Schritt zu dem
Neuen doch ernstlich gethan werden, und wenn die Nothwendigkeit einmal
vorliegt, ist der Aufschub nur nachtheilig. Offenbar ist aber diese angebliche
Erleichterung nur ein Vorwand. Ueber den wahren Grund, welcher zu dem
glücklicherweise fehlgeschlagenen Versuch geführt hat, die Thalerrechnung inner¬
halb der Goldwährung unter nomineller Einführung einer anderen Rech-
nungseinheit festzuhalten, machte Bamberger eine Andeutung, die für die
Nichteingeweihten, zu denen wir uns zählen müssen, unverständlich blieb.

So wurde also das Gesetz nach den Beschlüssen der zweiten Lesung auch
in der Schlußberathung wiederum angenommen. Zu den Resolutionen, welche
bei der zweiten Lesung auf die Anträge Tellkampf's und Bamberger's ange¬
nommen worden, von welchen die erstere die Vorlage eines Bankgesetzes, die
zweite die Vorlage des definitiven Münzgesetzes schon in der nächsten Session
bezweckte, trat diesmal noch eine Resolution des Abg. Braun-Hersfeld, welche
den Reichskanzler auffordert, dem Reichstag baldthunlichst ein Gesetz vorzu¬
legen, welches die Ausgabe des Staatspapiergeldes regelt. Bei dieser Gelegen¬
heit wurde denn durch den Antragsteller und andere Redner, namentlich auch
durch den Abg. Löwe, auf die Gefahr hingewiesen, welche wir im letzten Brief
so nachdrücklich betonen mußten. Auf die Gefahr, daß der hohe Stand


dem Verbot der weiteren Ausprägung schwerer Silbermünzen und in der Ein¬
ziehung der jetzt im Umlauf befindlichen Goldmünzen durch das Reich, sowie
in der Ermächtigung für den Reichskanzler, die bereitesten Bestände der Reichs-
Casse zur Einziehung der bisherigen schweren Silbermünzen zu verwenden.
Der Vorbehalt bestand in der Interpretation der beiden letzterwähnten Be¬
stimmungen, wonach der Sinn derselben nur auf administrative, nicht auf ge¬
setzgeberische Maßregeln geht. Es soll demnach der Reichskanzler ermächtigt
sein, die bisherigen Gold- und Silbermünzen, soweit sie in den Reichscassen
sich befinden, bezüglich dahin gelangen, emschmelzen und durch neue Reichs¬
münze, soweit die Bestände der Reichscasse es erlauben, ersetzen zu lassen.
Nicht aber soll der Reichskanzler befugt sein, die im allgemeinen Verkehr cir-
culirenden Gold- und Silbermünzen alten Gepräges ohne besonderes Gesetz
außer Cours zu setzen. Die Ausnahme bezog sich auf die Beseitigung des
goldenen Zehnthalerstückes, dessen Beibehaltung der Präsident des Reichs¬
kanzleramtes nochmals befürwortete. Er wurde darin durch den Abg. v. Pa-
tow und durch den Minister Camphausen unterstützt. Der Reichstag aber
blieb bei der Beseitigung dieser Münze stehen, deren Ueberflüssigkeit wiederum
der Abg. Bamberger mit glücklicher Beweisführung darlegte. Den Vorwand
für die versuchte Einführung dieser Münze giebt die Erleichterung des Ueber-
gangs zu den neuen Münzen ab. Als ob man die Leute dadurch an eine
neue Münzeintheilung gewöhnen könnte, daß man ihnen das Mittel giebt,
sich an die alte Eintheilung zu klammern! Einmal muß der Schritt zu dem
Neuen doch ernstlich gethan werden, und wenn die Nothwendigkeit einmal
vorliegt, ist der Aufschub nur nachtheilig. Offenbar ist aber diese angebliche
Erleichterung nur ein Vorwand. Ueber den wahren Grund, welcher zu dem
glücklicherweise fehlgeschlagenen Versuch geführt hat, die Thalerrechnung inner¬
halb der Goldwährung unter nomineller Einführung einer anderen Rech-
nungseinheit festzuhalten, machte Bamberger eine Andeutung, die für die
Nichteingeweihten, zu denen wir uns zählen müssen, unverständlich blieb.

So wurde also das Gesetz nach den Beschlüssen der zweiten Lesung auch
in der Schlußberathung wiederum angenommen. Zu den Resolutionen, welche
bei der zweiten Lesung auf die Anträge Tellkampf's und Bamberger's ange¬
nommen worden, von welchen die erstere die Vorlage eines Bankgesetzes, die
zweite die Vorlage des definitiven Münzgesetzes schon in der nächsten Session
bezweckte, trat diesmal noch eine Resolution des Abg. Braun-Hersfeld, welche
den Reichskanzler auffordert, dem Reichstag baldthunlichst ein Gesetz vorzu¬
legen, welches die Ausgabe des Staatspapiergeldes regelt. Bei dieser Gelegen¬
heit wurde denn durch den Antragsteller und andere Redner, namentlich auch
durch den Abg. Löwe, auf die Gefahr hingewiesen, welche wir im letzten Brief
so nachdrücklich betonen mußten. Auf die Gefahr, daß der hohe Stand


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[0362] dem Verbot der weiteren Ausprägung schwerer Silbermünzen und in der Ein¬ ziehung der jetzt im Umlauf befindlichen Goldmünzen durch das Reich, sowie in der Ermächtigung für den Reichskanzler, die bereitesten Bestände der Reichs- Casse zur Einziehung der bisherigen schweren Silbermünzen zu verwenden. Der Vorbehalt bestand in der Interpretation der beiden letzterwähnten Be¬ stimmungen, wonach der Sinn derselben nur auf administrative, nicht auf ge¬ setzgeberische Maßregeln geht. Es soll demnach der Reichskanzler ermächtigt sein, die bisherigen Gold- und Silbermünzen, soweit sie in den Reichscassen sich befinden, bezüglich dahin gelangen, emschmelzen und durch neue Reichs¬ münze, soweit die Bestände der Reichscasse es erlauben, ersetzen zu lassen. Nicht aber soll der Reichskanzler befugt sein, die im allgemeinen Verkehr cir- culirenden Gold- und Silbermünzen alten Gepräges ohne besonderes Gesetz außer Cours zu setzen. Die Ausnahme bezog sich auf die Beseitigung des goldenen Zehnthalerstückes, dessen Beibehaltung der Präsident des Reichs¬ kanzleramtes nochmals befürwortete. Er wurde darin durch den Abg. v. Pa- tow und durch den Minister Camphausen unterstützt. Der Reichstag aber blieb bei der Beseitigung dieser Münze stehen, deren Ueberflüssigkeit wiederum der Abg. Bamberger mit glücklicher Beweisführung darlegte. Den Vorwand für die versuchte Einführung dieser Münze giebt die Erleichterung des Ueber- gangs zu den neuen Münzen ab. Als ob man die Leute dadurch an eine neue Münzeintheilung gewöhnen könnte, daß man ihnen das Mittel giebt, sich an die alte Eintheilung zu klammern! Einmal muß der Schritt zu dem Neuen doch ernstlich gethan werden, und wenn die Nothwendigkeit einmal vorliegt, ist der Aufschub nur nachtheilig. Offenbar ist aber diese angebliche Erleichterung nur ein Vorwand. Ueber den wahren Grund, welcher zu dem glücklicherweise fehlgeschlagenen Versuch geführt hat, die Thalerrechnung inner¬ halb der Goldwährung unter nomineller Einführung einer anderen Rech- nungseinheit festzuhalten, machte Bamberger eine Andeutung, die für die Nichteingeweihten, zu denen wir uns zählen müssen, unverständlich blieb. So wurde also das Gesetz nach den Beschlüssen der zweiten Lesung auch in der Schlußberathung wiederum angenommen. Zu den Resolutionen, welche bei der zweiten Lesung auf die Anträge Tellkampf's und Bamberger's ange¬ nommen worden, von welchen die erstere die Vorlage eines Bankgesetzes, die zweite die Vorlage des definitiven Münzgesetzes schon in der nächsten Session bezweckte, trat diesmal noch eine Resolution des Abg. Braun-Hersfeld, welche den Reichskanzler auffordert, dem Reichstag baldthunlichst ein Gesetz vorzu¬ legen, welches die Ausgabe des Staatspapiergeldes regelt. Bei dieser Gelegen¬ heit wurde denn durch den Antragsteller und andere Redner, namentlich auch durch den Abg. Löwe, auf die Gefahr hingewiesen, welche wir im letzten Brief so nachdrücklich betonen mußten. Auf die Gefahr, daß der hohe Stand

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 30, 1871, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341813_192299/362>, abgerufen am 05.02.2025.