Die Grenzboten. Jg. 30, 1871, II. Semester. II. Band.den schönen Läden zu anderen französischen Städte", die der Feind inne hatte. Am folgenden Morgen frühstückten wir in einem Cafe und sahen uns den schönen Läden zu anderen französischen Städte», die der Feind inne hatte. Am folgenden Morgen frühstückten wir in einem Cafe und sahen uns <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0358" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/192659"/> <p xml:id="ID_1326" prev="#ID_1325"> den schönen Läden zu anderen französischen Städte», die der Feind inne hatte.<lb/> Die Straßen waren sehr belebt und jeder Art Militär konnte man da sich<lb/> herumtreiben sehen; selbst bei einer Revue hatte ich noch nie so viel verschie¬<lb/> dene Uniformen gesehen und es schienen mir weit mehr Offiziere als Soldaten<lb/> zu sein. Der Kaiser hatte bekanntlich nie in dem Schlosse der „Louis" Hof<lb/> gehalten und auch nie den Palast bewohnt, der „5 tonlos Jo« gloires as in.<lb/> ?i's,ne^" errichtet war, sondern von Anfang an in der Präsectur Quartier<lb/> genommen, von wo wir seine militärische „Tafelmusik" erschallen hörten.<lb/> Der Kronprinz lebte auf einer Villa, die auf einer Anhöhe hinter der Eisen<lb/> bahnstation lag und „les Omw'ÄMs" hieß, und endlich der „Schlaukopf"<lb/> Bismarck spann seine politischen Gewebe in dem bescheiden aussehenden Hause<lb/> einer Nebenstraße.</p><lb/> <p xml:id="ID_1327" next="#ID_1328"> Am folgenden Morgen frühstückten wir in einem Cafe und sahen uns<lb/> dann das Schloß an. Von hier waren am vorhergehenden Tage so viele<lb/> Kranke und Verwundete nach Deutschland befördert worden, daß jetzt nur noch<lb/> 53' in den geräumigen Sälen, die mit großen Bildern von Napoleons Siegen<lb/> behängen waren, zurückgeblieben waren. Die Fälle der Kranken (alle Offiziere)<lb/> waren größtentheils sehr gefährlich und vielen sah man an, daß sie wohl in<lb/> dem französischen Schloß ihre irdische Laufbahn vollenden würden. Ich war<lb/> sehr begierig die „(lalvrit; äos Lrlaevs" zu sehen, wo am Tag vorher König<lb/> Wilhelm zum Kaiser proclamirt worden war und welche kürzlich der Schau¬<lb/> platz eines Drama's mit wirklichen Königen und Prinzen auf der Bühne ge¬<lb/> wesen war; jetzt aber spiegelten sich nur noch kranke und sterbende Menschen<lb/> und lautlos dahingleitende Pflegerinnen in den Spiegeln wieder. Die Ver¬<lb/> goldungen und Fresken an der schimmernden Decke, welche das große<lb/> historische Schauspiel gekrönt hatten, sahen jetzt auf ein wirkliches in der That<lb/> sehr trauriges Trauerspiel herunter. Ich ließ den Stabsarzt allein durch den<lb/> Parks zu den beiden Trianons gehen und verabredete mich mit ihm, uns in<lb/> unserem Quartier zu treffen, wo wir um 2 Uhr zu Mittag aßen. Während¬<lb/> dessen machte ich einige Besorgungen in der Stadt und ging dann quer über<lb/> die Eisenbahn, an vielen preußischen und bayrischen Wachen vorbei, die längs<lb/> des Gartens von „Je-s Oind^'W" aufgestellt waren, bis ich endlich an das<lb/> Haus selbst kam. Hier fragte ich nach dem Hofmarschall Seiner Königlichen<lb/> Hoheit des Kronprinzen, dem Grafen von Eulenburg. Ich hatte kurz vorher<lb/> in Corbeil noch einen Brief von diesem Herrn bekommen, in welchem er mich<lb/> bat, meinen Einführungsbrief zu Seiner Königlichen Hoheit mit der Post<lb/> schicken, und dieses hatte ich gethan. Ein sehr militärisch aussehender Leib'<lb/> diener trug meine Karte hinein und nach einigen Augenblicken führte er mich<lb/> in ein komfortables, einfach möblirtes Zimmer mit einem Alkoven. Dies war<lb/> das Zimmer des Grafen. Dieser bedauerte sehr, mich dem Prinzen nicht s"-</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0358]
den schönen Läden zu anderen französischen Städte», die der Feind inne hatte.
Die Straßen waren sehr belebt und jeder Art Militär konnte man da sich
herumtreiben sehen; selbst bei einer Revue hatte ich noch nie so viel verschie¬
dene Uniformen gesehen und es schienen mir weit mehr Offiziere als Soldaten
zu sein. Der Kaiser hatte bekanntlich nie in dem Schlosse der „Louis" Hof
gehalten und auch nie den Palast bewohnt, der „5 tonlos Jo« gloires as in.
?i's,ne^" errichtet war, sondern von Anfang an in der Präsectur Quartier
genommen, von wo wir seine militärische „Tafelmusik" erschallen hörten.
Der Kronprinz lebte auf einer Villa, die auf einer Anhöhe hinter der Eisen
bahnstation lag und „les Omw'ÄMs" hieß, und endlich der „Schlaukopf"
Bismarck spann seine politischen Gewebe in dem bescheiden aussehenden Hause
einer Nebenstraße.
Am folgenden Morgen frühstückten wir in einem Cafe und sahen uns
dann das Schloß an. Von hier waren am vorhergehenden Tage so viele
Kranke und Verwundete nach Deutschland befördert worden, daß jetzt nur noch
53' in den geräumigen Sälen, die mit großen Bildern von Napoleons Siegen
behängen waren, zurückgeblieben waren. Die Fälle der Kranken (alle Offiziere)
waren größtentheils sehr gefährlich und vielen sah man an, daß sie wohl in
dem französischen Schloß ihre irdische Laufbahn vollenden würden. Ich war
sehr begierig die „(lalvrit; äos Lrlaevs" zu sehen, wo am Tag vorher König
Wilhelm zum Kaiser proclamirt worden war und welche kürzlich der Schau¬
platz eines Drama's mit wirklichen Königen und Prinzen auf der Bühne ge¬
wesen war; jetzt aber spiegelten sich nur noch kranke und sterbende Menschen
und lautlos dahingleitende Pflegerinnen in den Spiegeln wieder. Die Ver¬
goldungen und Fresken an der schimmernden Decke, welche das große
historische Schauspiel gekrönt hatten, sahen jetzt auf ein wirkliches in der That
sehr trauriges Trauerspiel herunter. Ich ließ den Stabsarzt allein durch den
Parks zu den beiden Trianons gehen und verabredete mich mit ihm, uns in
unserem Quartier zu treffen, wo wir um 2 Uhr zu Mittag aßen. Während¬
dessen machte ich einige Besorgungen in der Stadt und ging dann quer über
die Eisenbahn, an vielen preußischen und bayrischen Wachen vorbei, die längs
des Gartens von „Je-s Oind^'W" aufgestellt waren, bis ich endlich an das
Haus selbst kam. Hier fragte ich nach dem Hofmarschall Seiner Königlichen
Hoheit des Kronprinzen, dem Grafen von Eulenburg. Ich hatte kurz vorher
in Corbeil noch einen Brief von diesem Herrn bekommen, in welchem er mich
bat, meinen Einführungsbrief zu Seiner Königlichen Hoheit mit der Post
schicken, und dieses hatte ich gethan. Ein sehr militärisch aussehender Leib'
diener trug meine Karte hinein und nach einigen Augenblicken führte er mich
in ein komfortables, einfach möblirtes Zimmer mit einem Alkoven. Dies war
das Zimmer des Grafen. Dieser bedauerte sehr, mich dem Prinzen nicht s"-
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