Die Grenzboten. Jg. 30, 1871, II. Semester. II. Band.ersetzt war, bildete damals die Grenze zwischen dem französischen und deutschen Als wir so in den Anblick der großen, besiegten Stadt, mit ihrer genau "Fest steht und treu die Wacht am Rhein!" Um 4 Uhr Morgens kamen wir in Versailles an. Wir erhielten beim ersetzt war, bildete damals die Grenze zwischen dem französischen und deutschen Als wir so in den Anblick der großen, besiegten Stadt, mit ihrer genau „Fest steht und treu die Wacht am Rhein!" Um 4 Uhr Morgens kamen wir in Versailles an. Wir erhielten beim <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0357" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/192658"/> <p xml:id="ID_1323" prev="#ID_1322"> ersetzt war, bildete damals die Grenze zwischen dem französischen und deutschen<lb/> Gebiete und am Eingange war eine hölzerne Barriere in Form eines X ause<lb/> gestellt. Hier standen französische und deutsche Beamte, um die Tausende von<lb/> vorbeiziehenden Menschen, welche mit Borrath ab- und zugingen, zu bewachen.<lb/> Es schien ein außerordentlich gutes Einverständnis; zwischen beiden Feinden<lb/> zu herrschen; denn sie gaben sich tausenderlei Scherzen und Späßen hin über<lb/> die Vorzeigung der Papiere und sonstige Formalitäten. — Nachher gingen<lb/> wir nach Se. Cloud, der schönen Königsresidenz, welche jetzt abgebrannt und<lb/> verstümmelt war durch das große Geschütz des Mont Valerien, welches den<lb/> Feind, der vor Paris Position genommen, vernichten sollte. — Als die Deut¬<lb/> schen zuerst Se. Cloud vccupirten, waren viele der Kunstschätze des Palastes<lb/> (und auch die schätzbare Porzellansammlung in Sevres) auf Befehl des Kron¬<lb/> prinzen den französischen Behörden zugestellt worden, aber noch mehr blieben<lb/> an ihrem Ort. Sobald nun die Kugeln so schrecklich anfingen zu sausen und<lb/> der Brand unvermeidlich schien, wurde Befehl ertheilt, die Schätze zu retten;<lb/> aber ,M<Mer V-^ri^L LIueKcmL" (die Küchlein der Mutter-Henne Valerie)<lb/> hatten kein Verständniß für Kunst, und da schon zwei Soldaten bei den<lb/> Rettungsversuchen ihr Leben verloren hatten, gab man endlich, wenn gleich<lb/> "ugern, den Palast den Flammen anheim, die von dem Ganzen nichts übrig<lb/> ueßen als geschwärzte Wände, zerfallenes Mauerwerk, geschmolzenes Metall<lb/> und Glas. Die Springbrunnen sprangen noch immer; sie versinnbildlichten den<lb/> Spruch des Baches! „Menschen mögen kommen und gehen, doch ich werde<lb/> 'Mrner weiter ziehen;" dagegen war der berühmte Orangenwald durch die<lb/> Kälte und Nachlässigkeit ganz zerstört und bot einen traurigen Anblick dar. —<lb/> Von der Höhe des Hügels aus, wo jetzt die „I^ntsrue et«z viogöno" in einen<lb/> Steinhaufen umgewandelt war, hatten wir eine prachtvolle Aussicht auf Pa-<lb/> ^6- Die goldene Kuppel des Jnvalidenhauses glänzte strahlend in der Sonne;<lb/> ^ Himmel war so hell und die Atmosphäre so rein, daß man die Thürme<lb/> bon „Ksytre Dame", den „^.re <l<z l^-iompne" (welcher so bald ein Siegeszeichen<lb/> °er Deutschen werden sollte) und die Säule der Bastille deutlich sehen konnte.</p><lb/> <p xml:id="ID_1324"> Als wir so in den Anblick der großen, besiegten Stadt, mit ihrer genau<lb/> ^'kennbaren Enceinte-Linie zu unseren Füßen, versunken waren, zog unten<lb/> ^a Regiment vorbei, welches die „Wacht am Rhein" sang. Der sehr belebte<lb/> besang der Leute wiederholte immer wieder jenen Refrain l</p><lb/> <quote> „Fest steht und treu die Wacht am Rhein!"</quote><lb/> <p xml:id="ID_1325" next="#ID_1326"> Um 4 Uhr Morgens kamen wir in Versailles an. Wir erhielten beim<lb/> ^appencommando ein gedrucktes Papier, welches auf der Mairie gegen ein<lb/> »Kittel, 6e logöment" für „un (Mein-, une äamö, cieux llmlwstiquW et äeux<lb/> ^evaux« in einem Hotel in der „Kue Ac ig. I^rvisse" umgetauscht wurde,<lb/> welchen Contrast bildete Versailles mit seinen sorgsam gefegten Straßen und</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0357]
ersetzt war, bildete damals die Grenze zwischen dem französischen und deutschen
Gebiete und am Eingange war eine hölzerne Barriere in Form eines X ause
gestellt. Hier standen französische und deutsche Beamte, um die Tausende von
vorbeiziehenden Menschen, welche mit Borrath ab- und zugingen, zu bewachen.
Es schien ein außerordentlich gutes Einverständnis; zwischen beiden Feinden
zu herrschen; denn sie gaben sich tausenderlei Scherzen und Späßen hin über
die Vorzeigung der Papiere und sonstige Formalitäten. — Nachher gingen
wir nach Se. Cloud, der schönen Königsresidenz, welche jetzt abgebrannt und
verstümmelt war durch das große Geschütz des Mont Valerien, welches den
Feind, der vor Paris Position genommen, vernichten sollte. — Als die Deut¬
schen zuerst Se. Cloud vccupirten, waren viele der Kunstschätze des Palastes
(und auch die schätzbare Porzellansammlung in Sevres) auf Befehl des Kron¬
prinzen den französischen Behörden zugestellt worden, aber noch mehr blieben
an ihrem Ort. Sobald nun die Kugeln so schrecklich anfingen zu sausen und
der Brand unvermeidlich schien, wurde Befehl ertheilt, die Schätze zu retten;
aber ,M<Mer V-^ri^L LIueKcmL" (die Küchlein der Mutter-Henne Valerie)
hatten kein Verständniß für Kunst, und da schon zwei Soldaten bei den
Rettungsversuchen ihr Leben verloren hatten, gab man endlich, wenn gleich
"ugern, den Palast den Flammen anheim, die von dem Ganzen nichts übrig
ueßen als geschwärzte Wände, zerfallenes Mauerwerk, geschmolzenes Metall
und Glas. Die Springbrunnen sprangen noch immer; sie versinnbildlichten den
Spruch des Baches! „Menschen mögen kommen und gehen, doch ich werde
'Mrner weiter ziehen;" dagegen war der berühmte Orangenwald durch die
Kälte und Nachlässigkeit ganz zerstört und bot einen traurigen Anblick dar. —
Von der Höhe des Hügels aus, wo jetzt die „I^ntsrue et«z viogöno" in einen
Steinhaufen umgewandelt war, hatten wir eine prachtvolle Aussicht auf Pa-
^6- Die goldene Kuppel des Jnvalidenhauses glänzte strahlend in der Sonne;
^ Himmel war so hell und die Atmosphäre so rein, daß man die Thürme
bon „Ksytre Dame", den „^.re <l<z l^-iompne" (welcher so bald ein Siegeszeichen
°er Deutschen werden sollte) und die Säule der Bastille deutlich sehen konnte.
Als wir so in den Anblick der großen, besiegten Stadt, mit ihrer genau
^'kennbaren Enceinte-Linie zu unseren Füßen, versunken waren, zog unten
^a Regiment vorbei, welches die „Wacht am Rhein" sang. Der sehr belebte
besang der Leute wiederholte immer wieder jenen Refrain l
„Fest steht und treu die Wacht am Rhein!"
Um 4 Uhr Morgens kamen wir in Versailles an. Wir erhielten beim
^appencommando ein gedrucktes Papier, welches auf der Mairie gegen ein
»Kittel, 6e logöment" für „un (Mein-, une äamö, cieux llmlwstiquW et äeux
^evaux« in einem Hotel in der „Kue Ac ig. I^rvisse" umgetauscht wurde,
welchen Contrast bildete Versailles mit seinen sorgsam gefegten Straßen und
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