Die Grenzboten. Jg. 30, 1871, II. Semester. II. Band.die Mutter einer Vielgötterei wurde, die den Unsinn dieser Sorte von Die Bibel gilt für die Mormonen als erste Glaubensquelle, nur muß Gott ist kein Geist, sondern "eine Persönlichkeit aus Stoff und Geist, Es giebt also viele Götter, und jeder derselben ist vermählt und die Mutter einer Vielgötterei wurde, die den Unsinn dieser Sorte von Die Bibel gilt für die Mormonen als erste Glaubensquelle, nur muß Gott ist kein Geist, sondern „eine Persönlichkeit aus Stoff und Geist, Es giebt also viele Götter, und jeder derselben ist vermählt und <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0330" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/192631"/> <p xml:id="ID_1234" prev="#ID_1233"> die Mutter einer Vielgötterei wurde, die den Unsinn dieser Sorte von<lb/> Dogmenentwickelung auf den Gipfel brachte.</p><lb/> <p xml:id="ID_1235"> Die Bibel gilt für die Mormonen als erste Glaubensquelle, nur muß<lb/> sie richtig übertragen und verstanden werden. Ihr Inhalt ist allenthalben<lb/> buchstäblich zu nehmen, denn „Gott ist ehrlich, wenn er mit den Menschen<lb/> redet und fern von aller Wortspielerei und Doppelsinnigkeit." Allein das<lb/> Wort Gottes findet sich nicht blos in der Bibel, sondern auch in andern<lb/> heiligen Schriften, vornehmlich im „Book of Mormon und im „Book of Doetrine<lb/> and Covenants". welches einen großen Theil der sogenannten Offenbarungen<lb/> Gottes an den Propheten Smith enthält. Die Hauptperlen dieser „dreifachen<lb/> Schnur" sind folgende:</p><lb/> <p xml:id="ID_1236"> Gott ist kein Geist, sondern „eine Persönlichkeit aus Stoff und Geist,<lb/> die sowohl einen Leib als Theile hat. Er hat die Gestalt eines Menschen,<lb/> oder vielmehr, der Mensch hat die Gestalt Gottes." Die Bibel sagt uns,<lb/> Erod. 33, V. 22 und 23 und Erod. 24. V. 10, daß er Hände und Füße,<lb/> ein Antlitz und einen Rücken hat. Nach Exod. 33, V. 11 redet er, nach<lb/> Genes. 18, V. 5 ißt und trinkt er. Die Meinung, daß dieses göttliche Wesen<lb/> zu gleicher Zeit an verschiedenen Orten sein könne, also allgegenwärtig sei,<lb/> ist grober Irrthum, wohl aber kann es mit Leichtigkeit von einem Planeten<lb/> zum andern gelangen. Und ebensowenig wie Gott allgegenwärtig ist, ist er<lb/> von Ewigkeit da. Vor dem Anfang aller Dinge, im Urgrund alles Seins<lb/> oder dem „ewigen Evangelium" gab es zwei durch sich selbst eristirende<lb/> Prinzipien: Geist und Materie, Intelligenz und Leiblichkeit. Das Zusammen¬<lb/> gehen, die Vermählung derselben war „das Gesetz", aus dem der Urgott ent¬<lb/> stand. Oder wie Pratt sagt: „In der fernen Ewigkeit verglichen zwei Atome<lb/> der Materie ihre Intelligenz miteinander und riefen dann ein drittes Atom<lb/> zur Berathung herbei, worauf sie zu Einem Willen zusammengingen, der die<lb/> erste Kraft war. Als solche vereinigten sie mehr und mehr Atome mit sich,<lb/> und daraus entstand eine Fülle von Kraft, die alle andern Atome in ihr<lb/> Gesetz zwang. Aus dieser Intelligenz wurde nach dem Gesetze ein Gott er¬<lb/> zeugt, nicht gemacht, aus dem dann andere Götter als Kinder hervorgingen.<lb/> Durch das Gesetz der allgemeinen Ordnung war die Geschlechtlichkeit als<lb/> gleich ewig mit allem sittlichen Dasein und Leben gegeben, und so entstanden<lb/> nicht nur Könige des Himmels, sondern auch Königinnen. Letztere wurden,<lb/> mit den ersteren vermählt, die Mütter anderer Götter, von denen jeder seine<lb/> bestimmte Sphäre im Universum hat" und inmitten derer der Ur- oder Ober¬<lb/> gott als Präsident waltet.</p><lb/> <p xml:id="ID_1237" next="#ID_1238"> Es giebt also viele Götter, und jeder derselben ist vermählt und<lb/> Vater von Kindern, jeder restdirt in einer bestimmten Sphäre des Universums<lb/> oder auf einem bestimmten Weltkörper. Hat ein solcher Gott nun sein Reich</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0330]
die Mutter einer Vielgötterei wurde, die den Unsinn dieser Sorte von
Dogmenentwickelung auf den Gipfel brachte.
Die Bibel gilt für die Mormonen als erste Glaubensquelle, nur muß
sie richtig übertragen und verstanden werden. Ihr Inhalt ist allenthalben
buchstäblich zu nehmen, denn „Gott ist ehrlich, wenn er mit den Menschen
redet und fern von aller Wortspielerei und Doppelsinnigkeit." Allein das
Wort Gottes findet sich nicht blos in der Bibel, sondern auch in andern
heiligen Schriften, vornehmlich im „Book of Mormon und im „Book of Doetrine
and Covenants". welches einen großen Theil der sogenannten Offenbarungen
Gottes an den Propheten Smith enthält. Die Hauptperlen dieser „dreifachen
Schnur" sind folgende:
Gott ist kein Geist, sondern „eine Persönlichkeit aus Stoff und Geist,
die sowohl einen Leib als Theile hat. Er hat die Gestalt eines Menschen,
oder vielmehr, der Mensch hat die Gestalt Gottes." Die Bibel sagt uns,
Erod. 33, V. 22 und 23 und Erod. 24. V. 10, daß er Hände und Füße,
ein Antlitz und einen Rücken hat. Nach Exod. 33, V. 11 redet er, nach
Genes. 18, V. 5 ißt und trinkt er. Die Meinung, daß dieses göttliche Wesen
zu gleicher Zeit an verschiedenen Orten sein könne, also allgegenwärtig sei,
ist grober Irrthum, wohl aber kann es mit Leichtigkeit von einem Planeten
zum andern gelangen. Und ebensowenig wie Gott allgegenwärtig ist, ist er
von Ewigkeit da. Vor dem Anfang aller Dinge, im Urgrund alles Seins
oder dem „ewigen Evangelium" gab es zwei durch sich selbst eristirende
Prinzipien: Geist und Materie, Intelligenz und Leiblichkeit. Das Zusammen¬
gehen, die Vermählung derselben war „das Gesetz", aus dem der Urgott ent¬
stand. Oder wie Pratt sagt: „In der fernen Ewigkeit verglichen zwei Atome
der Materie ihre Intelligenz miteinander und riefen dann ein drittes Atom
zur Berathung herbei, worauf sie zu Einem Willen zusammengingen, der die
erste Kraft war. Als solche vereinigten sie mehr und mehr Atome mit sich,
und daraus entstand eine Fülle von Kraft, die alle andern Atome in ihr
Gesetz zwang. Aus dieser Intelligenz wurde nach dem Gesetze ein Gott er¬
zeugt, nicht gemacht, aus dem dann andere Götter als Kinder hervorgingen.
Durch das Gesetz der allgemeinen Ordnung war die Geschlechtlichkeit als
gleich ewig mit allem sittlichen Dasein und Leben gegeben, und so entstanden
nicht nur Könige des Himmels, sondern auch Königinnen. Letztere wurden,
mit den ersteren vermählt, die Mütter anderer Götter, von denen jeder seine
bestimmte Sphäre im Universum hat" und inmitten derer der Ur- oder Ober¬
gott als Präsident waltet.
Es giebt also viele Götter, und jeder derselben ist vermählt und
Vater von Kindern, jeder restdirt in einer bestimmten Sphäre des Universums
oder auf einem bestimmten Weltkörper. Hat ein solcher Gott nun sein Reich
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