Die Grenzboten. Jg. 30, 1871, II. Semester. II. Band.Schlot hatte offenbar mancherlei Biegungen, Winkel und Ecken, bevor er Berliner Briefe. Wenn Stahl heute noch lebte, so müßte er seine Freude an Dem haben, Schlot hatte offenbar mancherlei Biegungen, Winkel und Ecken, bevor er Berliner Briefe. Wenn Stahl heute noch lebte, so müßte er seine Freude an Dem haben, <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0316" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/192617"/> <p xml:id="ID_1178" prev="#ID_1177"> Schlot hatte offenbar mancherlei Biegungen, Winkel und Ecken, bevor er<lb/> zu Tage trat, und als er ausgefegt worden war, hatte sich der Nuß offen¬<lb/> bar dort angehäuft und eingenistet, so daß der Rauch, als er keinen Durch¬<lb/> gang fand, wieder zurückkam und die Küchen zum Ersticken füllte. Es wurde<lb/> wieder nach dem „tumisw" geschickt, aber er kam nicht. Am Morgen be¬<lb/> klagte sich der Chirurg, daß das Essen verräuchert war — kein Wunder! Ein<lb/> anderer Bote wurde zu dem Schornsteinfeger geschickt, der auch versprach gleich<lb/> zu kommen; doch er kam nicht. Zuletzt ging ich zum Chirurgen: — — „Der<lb/> Rauch unten ist nicht zum Aushalten," sagte ich; — „wir müssen die Fenster<lb/> offen lassen; der „tumiste" kommt nicht; Frau Schmid und ihr Gehülfe haben<lb/> geschlossen; und wenn nicht gleich etwas geschieht, können die Patienten keine<lb/> Suppe bekommen!" — "Gehen Sie", erwiederte der Chirurg, und sagen Sie<lb/> zweien dieser Soldaten, die unten Holz sägen, daß sie ihre Uniform anziehen,<lb/> ihre Gewehre nehmen und den Burschen gleich sofort gefänglich herfuhren".<lb/> In weniger als einer Stunde kam der Gefangene zwischen seinen zwei<lb/> Wachen, und sah sehr verdonnert aus; hinter ihm kamen die zwei kleinen<lb/> Feger, ganz blaß vor Schrecken, an. Als sie in der Küche waren, blieben die<lb/> Soldaten als Wache an der Thür, bis der Rauchfang auseinander ge¬<lb/> nommen, gereinigt und wieder an Ort und Stelle gebracht, ja bis das<lb/> Feuer angezündet war, und gut zog. Dann begleiteten sie die „Missethäter"<lb/> bis an das Thor und entließen sie. (Schluß folgt.)</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> Berliner Briefe.</head><lb/> <p xml:id="ID_1179" next="#ID_1180"> Wenn Stahl heute noch lebte, so müßte er seine Freude an Dem haben,<lb/> was er bei uns sähe und hörte. Auf der ganzen Linie der öffentlichen Mei¬<lb/> nung tönt, wie der Nachklang von jenem berühmten Worte: die Wissenschaft<lb/> muß umkehren! Von der Wissenschaft zwar spricht man im Augenblick nicht,<lb/> aber die ganze wirthschaftliche Gesetzgebung der letzten Jahre, 'die noch vor<lb/> wenigen Monaten der Gegenstand allgemeinen Preises war, die als das Pro-<lb/> duct der tiefsten Weisheit'der Regierung und des Parlaments gerühmt war,<lb/> soll auf einmal nichts taugen, soll eine Uebereilung sein, welche möglichst<lb/> rasch wieder gut gemacht werden muß. Die Auflösung verbreitet sich durch<lb/> alle Klassen der Gesellschaft, das rothe Gespenst, vor welchem Nomien den<lb/> Franzosen so viel Angst einsagte, daß sie sich den Staatsstreich gefallen ließe»<lb/> und das in den Tagen der' Commune sich aller Welt in seiner Wirklichkeit</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0316]
Schlot hatte offenbar mancherlei Biegungen, Winkel und Ecken, bevor er
zu Tage trat, und als er ausgefegt worden war, hatte sich der Nuß offen¬
bar dort angehäuft und eingenistet, so daß der Rauch, als er keinen Durch¬
gang fand, wieder zurückkam und die Küchen zum Ersticken füllte. Es wurde
wieder nach dem „tumisw" geschickt, aber er kam nicht. Am Morgen be¬
klagte sich der Chirurg, daß das Essen verräuchert war — kein Wunder! Ein
anderer Bote wurde zu dem Schornsteinfeger geschickt, der auch versprach gleich
zu kommen; doch er kam nicht. Zuletzt ging ich zum Chirurgen: — — „Der
Rauch unten ist nicht zum Aushalten," sagte ich; — „wir müssen die Fenster
offen lassen; der „tumiste" kommt nicht; Frau Schmid und ihr Gehülfe haben
geschlossen; und wenn nicht gleich etwas geschieht, können die Patienten keine
Suppe bekommen!" — "Gehen Sie", erwiederte der Chirurg, und sagen Sie
zweien dieser Soldaten, die unten Holz sägen, daß sie ihre Uniform anziehen,
ihre Gewehre nehmen und den Burschen gleich sofort gefänglich herfuhren".
In weniger als einer Stunde kam der Gefangene zwischen seinen zwei
Wachen, und sah sehr verdonnert aus; hinter ihm kamen die zwei kleinen
Feger, ganz blaß vor Schrecken, an. Als sie in der Küche waren, blieben die
Soldaten als Wache an der Thür, bis der Rauchfang auseinander ge¬
nommen, gereinigt und wieder an Ort und Stelle gebracht, ja bis das
Feuer angezündet war, und gut zog. Dann begleiteten sie die „Missethäter"
bis an das Thor und entließen sie. (Schluß folgt.)
Berliner Briefe.
Wenn Stahl heute noch lebte, so müßte er seine Freude an Dem haben,
was er bei uns sähe und hörte. Auf der ganzen Linie der öffentlichen Mei¬
nung tönt, wie der Nachklang von jenem berühmten Worte: die Wissenschaft
muß umkehren! Von der Wissenschaft zwar spricht man im Augenblick nicht,
aber die ganze wirthschaftliche Gesetzgebung der letzten Jahre, 'die noch vor
wenigen Monaten der Gegenstand allgemeinen Preises war, die als das Pro-
duct der tiefsten Weisheit'der Regierung und des Parlaments gerühmt war,
soll auf einmal nichts taugen, soll eine Uebereilung sein, welche möglichst
rasch wieder gut gemacht werden muß. Die Auflösung verbreitet sich durch
alle Klassen der Gesellschaft, das rothe Gespenst, vor welchem Nomien den
Franzosen so viel Angst einsagte, daß sie sich den Staatsstreich gefallen ließe»
und das in den Tagen der' Commune sich aller Welt in seiner Wirklichkeit
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