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Die Grenzboten. Jg. 30, 1871, II. Semester. II. Band.

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über nicht viele Officiere unter seinen Anhängern verfügte, wurde das An¬
erbieten mit großem Danke angenommen. Man übertrug Dombrowski die
Stelle eines Organisateurs des Uebertritts von Deserteuren aus dem russischen
Heere und stellte zu diesem Zwecke die Summe von 6000 Rubeln zu seiner
Verfügung. Es gelang ihm auf diesem Posten nicht, auch nur einen ein¬
zigen russischen Officier in die Reihen der Aufständischen zu verführen. Ueber
die Verwendung der 6000 Rubel aber legte er niemals Rechnung ab.

1863 wurde Dombrowski von den Russen verhaftet und in die Citadelle
von Motum gebracht. Die Einen behaupteten damals, daß das polnische
Centralcomite selbst zu seiner Verhaftung beigetragen, weil ihm die Verschleu¬
derung der Scherflein des Revolutionsfonds, die man ihm anvertraut, nicht ge¬
fallen habe. Die Andern wollten genauer unterrichtet sein, und wissen, Dom¬
browski habe sich fangen lassen und zwar in der Absicht, den Märtyrer spielen
und in dieser Eigenschaft den guten Glauben seiner patriotischen Landsleute
ausbeuten zu können. Diese letztere Meinung scheint mehr für sich zu haben.
Denn der Bürger Dombrowski bekam in der That während der vier Monate
seiner Gefangenschaft ganz erhebliche Summen von verschiedenen polnischen
Patrioten, die sich mehr eines großmüthigen Herzens als eines scharfen
Blickes erfreuten.

Zuletzt zur Verbannung nach Sibirien verurtheilt, entkam Dombrowski
auf dem Transport dahin, was, wie man sagt, jemandem, den die Behörden
den Führern der Sträflingszüge als eine Person von Bedeutung bezeichnet
haben, äußerst selten gelingt.

Im Jahre 1865 bewarb sich der Gegenstand dieser Skizze, nach Frank¬
reich gelangt, in Paris um den Posten eines Mitglieds des Ausschusses der
Polnischen Emigration, bekam ihn und mußte ihn nach kurzer Zeit wieder
aufgeben und zwar in Folge dessen, daß in der Casse des Comite's ein De¬
ficit entdeckt wurde.

1866 begab sich Dombrowski nach Florenz, setzte sich in Verbindung
wie Garibaldi und erhielt den Auftrag, eine polnische Legion zu gründen,
welche den Italienern in ihrem Kampfe mit Oestreich Beistand leisten sollte.
Er erließ in Folge dieses Auftrags einen Aufruf zu Geldzeichnungen, um
sich die zur Bewaffnung und Ausrüstung seiner Legion erforderlichen Mittel
ZU verschaffen. Drei Tage nach Sadowa hatte er eires, 45.000 Lire für die¬
sen Zweck eingenommen, aber die Zahl der Mannschaften, welche die Legion
bilden sollten, betrug nicht mehr als sieben Köpfe. Natürlich ließ er jetzt
das weitere Rekrutiren sein, aber weniger natürlich erschien, daß er nie¬
mals für nöthig hielt, über die Verwendung der 45.000 Lire öffentlich Rech¬
nung abzulegen.

1867 kam Dombrowski nach Frankreich zurück, nachdem er in der Schweiz


über nicht viele Officiere unter seinen Anhängern verfügte, wurde das An¬
erbieten mit großem Danke angenommen. Man übertrug Dombrowski die
Stelle eines Organisateurs des Uebertritts von Deserteuren aus dem russischen
Heere und stellte zu diesem Zwecke die Summe von 6000 Rubeln zu seiner
Verfügung. Es gelang ihm auf diesem Posten nicht, auch nur einen ein¬
zigen russischen Officier in die Reihen der Aufständischen zu verführen. Ueber
die Verwendung der 6000 Rubel aber legte er niemals Rechnung ab.

1863 wurde Dombrowski von den Russen verhaftet und in die Citadelle
von Motum gebracht. Die Einen behaupteten damals, daß das polnische
Centralcomite selbst zu seiner Verhaftung beigetragen, weil ihm die Verschleu¬
derung der Scherflein des Revolutionsfonds, die man ihm anvertraut, nicht ge¬
fallen habe. Die Andern wollten genauer unterrichtet sein, und wissen, Dom¬
browski habe sich fangen lassen und zwar in der Absicht, den Märtyrer spielen
und in dieser Eigenschaft den guten Glauben seiner patriotischen Landsleute
ausbeuten zu können. Diese letztere Meinung scheint mehr für sich zu haben.
Denn der Bürger Dombrowski bekam in der That während der vier Monate
seiner Gefangenschaft ganz erhebliche Summen von verschiedenen polnischen
Patrioten, die sich mehr eines großmüthigen Herzens als eines scharfen
Blickes erfreuten.

Zuletzt zur Verbannung nach Sibirien verurtheilt, entkam Dombrowski
auf dem Transport dahin, was, wie man sagt, jemandem, den die Behörden
den Führern der Sträflingszüge als eine Person von Bedeutung bezeichnet
haben, äußerst selten gelingt.

Im Jahre 1865 bewarb sich der Gegenstand dieser Skizze, nach Frank¬
reich gelangt, in Paris um den Posten eines Mitglieds des Ausschusses der
Polnischen Emigration, bekam ihn und mußte ihn nach kurzer Zeit wieder
aufgeben und zwar in Folge dessen, daß in der Casse des Comite's ein De¬
ficit entdeckt wurde.

1866 begab sich Dombrowski nach Florenz, setzte sich in Verbindung
wie Garibaldi und erhielt den Auftrag, eine polnische Legion zu gründen,
welche den Italienern in ihrem Kampfe mit Oestreich Beistand leisten sollte.
Er erließ in Folge dieses Auftrags einen Aufruf zu Geldzeichnungen, um
sich die zur Bewaffnung und Ausrüstung seiner Legion erforderlichen Mittel
ZU verschaffen. Drei Tage nach Sadowa hatte er eires, 45.000 Lire für die¬
sen Zweck eingenommen, aber die Zahl der Mannschaften, welche die Legion
bilden sollten, betrug nicht mehr als sieben Köpfe. Natürlich ließ er jetzt
das weitere Rekrutiren sein, aber weniger natürlich erschien, daß er nie¬
mals für nöthig hielt, über die Verwendung der 45.000 Lire öffentlich Rech¬
nung abzulegen.

1867 kam Dombrowski nach Frankreich zurück, nachdem er in der Schweiz


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 30, 1871, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341813_192299/261>, abgerufen am 06.02.2025.