Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 30, 1871, II. Semester. II. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

Spruch zu thun wagte. Die Regierung ging zwar nicht darauf ein. Aber
die Polonophilen Arago und Floquet, die in ihr saßen, behandelten bei dieser
Gelegenheit ein Mitglied der russischen Gesandtschaft, welches vor ihnen der
Beunruhigung seiner Regierung Worte gab, in einem Styl, den ihnen nur
ihre Antipathie gegen Nußland eingeflößt haben konnte, und gleich nachher
gab Arago die beiden Brüder Wilkoszewski frei, welche drei Monate vorher
durch den Assisenhvf der Seine wegen Ausgabe falscher russischer Bankbillets zu
fünfjähriger Einsperrung verurtheilt worden waren. Der russische Resident pro-
testirte dagegen vergeblich. Aber inxli" midi, tibi. Im Juni 1871 las
man in den Pariser Blättern, daß man zu Averdon in der Schweiz eine
Fabrik falscher Bankscheine, darunter auch Billets der Bank von Frankreich,
entdeckt und aufgehoben habe. "Diese Fabrik" -- so hieß es da -- .war
ein Zweiggeschäft von Jaroslav Dombrowski, und die Fälscher sind Polen
und einige Franzosen, welche in Beziehungen zu der pariser Commune gestanden
haben. Die von diesen Elenden fabricirten und ausgegebenen falschen Werth-
Papiere sind zahlreich. Man hat Coupons der Bank von Frankreich zu 25
Francs, Billets der russischen Bank zu 30 Rubel und Coupons von 12 Ru¬
bel und 50 Kopeken, Scheine der österreichischen Bank zu 10 Gulden, Hun¬
dertthaler-Scheine der preußischen Bank und endlich Hundert-Dollar-Noten
der Vereinigten-Staaten-Bank fabricirt."

Die polnischen Banknotenfabrikanten, die auf Befehl des Justizministers
der Regierung der nationalen Vertheidigung aus der Haft entlassen wurden,
traten in die Pariser Nationalgarde ein, wurden also nach dem Obigen Fran¬
zosen. Sie verstärkten die Zahl der 25.000 Verbrecher, welche nach Trochu's
Rede vor der Nationalversammlung (14. Juni) in der Pariser Armee dienten.
Wer stützte sich auf diese entlassenen Sträflinge?

Am 18. März 1871 erließ das Centralcomite, in welchem eine Anzahl
Mitglieder der Internationale saßen, einen Aufruf an eine große Anzahl
fremder Flüchtlinge und verwandelte sich damit in ein Centrum der euro¬
päischen Umwälzungspartei. Die Classe der polnischen Flüchtlinge bildete die
Pflanzschule der Chefs der Anarchie. Unter ihren Befehlen standen Leute,
die von ultrademokratischen und communistischen Meinungen in die Irre ge¬
führt, andere, die von niedrigsten Leidenschaften angetrieben waren. Viele
von den Anhängern der Commune verdienten Mitleid. Man hatte sie in
die Bataillone derselben eingereiht, indem man ihnen dreißig Sous tägliche
Löhnung gewährte, und sie auf diese Weise von ihrer Arbeit wegzog, um
Faulenzer, Trunkenbolde und Besucher der Clubs der Demagogen aus ihnen
Zu machen. Die Andern waren von Natur und Geburt an Taugenichtse, sie
suchten in einer Revolution nur das Mittel zur Befriedigung ihrer Wünsche,
von Trägheit und Liederlichkeit eingegeben waren, wie ihre Anführer der


Spruch zu thun wagte. Die Regierung ging zwar nicht darauf ein. Aber
die Polonophilen Arago und Floquet, die in ihr saßen, behandelten bei dieser
Gelegenheit ein Mitglied der russischen Gesandtschaft, welches vor ihnen der
Beunruhigung seiner Regierung Worte gab, in einem Styl, den ihnen nur
ihre Antipathie gegen Nußland eingeflößt haben konnte, und gleich nachher
gab Arago die beiden Brüder Wilkoszewski frei, welche drei Monate vorher
durch den Assisenhvf der Seine wegen Ausgabe falscher russischer Bankbillets zu
fünfjähriger Einsperrung verurtheilt worden waren. Der russische Resident pro-
testirte dagegen vergeblich. Aber inxli» midi, tibi. Im Juni 1871 las
man in den Pariser Blättern, daß man zu Averdon in der Schweiz eine
Fabrik falscher Bankscheine, darunter auch Billets der Bank von Frankreich,
entdeckt und aufgehoben habe. „Diese Fabrik" — so hieß es da — .war
ein Zweiggeschäft von Jaroslav Dombrowski, und die Fälscher sind Polen
und einige Franzosen, welche in Beziehungen zu der pariser Commune gestanden
haben. Die von diesen Elenden fabricirten und ausgegebenen falschen Werth-
Papiere sind zahlreich. Man hat Coupons der Bank von Frankreich zu 25
Francs, Billets der russischen Bank zu 30 Rubel und Coupons von 12 Ru¬
bel und 50 Kopeken, Scheine der österreichischen Bank zu 10 Gulden, Hun¬
dertthaler-Scheine der preußischen Bank und endlich Hundert-Dollar-Noten
der Vereinigten-Staaten-Bank fabricirt."

Die polnischen Banknotenfabrikanten, die auf Befehl des Justizministers
der Regierung der nationalen Vertheidigung aus der Haft entlassen wurden,
traten in die Pariser Nationalgarde ein, wurden also nach dem Obigen Fran¬
zosen. Sie verstärkten die Zahl der 25.000 Verbrecher, welche nach Trochu's
Rede vor der Nationalversammlung (14. Juni) in der Pariser Armee dienten.
Wer stützte sich auf diese entlassenen Sträflinge?

Am 18. März 1871 erließ das Centralcomite, in welchem eine Anzahl
Mitglieder der Internationale saßen, einen Aufruf an eine große Anzahl
fremder Flüchtlinge und verwandelte sich damit in ein Centrum der euro¬
päischen Umwälzungspartei. Die Classe der polnischen Flüchtlinge bildete die
Pflanzschule der Chefs der Anarchie. Unter ihren Befehlen standen Leute,
die von ultrademokratischen und communistischen Meinungen in die Irre ge¬
führt, andere, die von niedrigsten Leidenschaften angetrieben waren. Viele
von den Anhängern der Commune verdienten Mitleid. Man hatte sie in
die Bataillone derselben eingereiht, indem man ihnen dreißig Sous tägliche
Löhnung gewährte, und sie auf diese Weise von ihrer Arbeit wegzog, um
Faulenzer, Trunkenbolde und Besucher der Clubs der Demagogen aus ihnen
Zu machen. Die Andern waren von Natur und Geburt an Taugenichtse, sie
suchten in einer Revolution nur das Mittel zur Befriedigung ihrer Wünsche,
von Trägheit und Liederlichkeit eingegeben waren, wie ihre Anführer der


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0259" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/192560"/>
          <p xml:id="ID_983" prev="#ID_982"> Spruch zu thun wagte. Die Regierung ging zwar nicht darauf ein. Aber<lb/>
die Polonophilen Arago und Floquet, die in ihr saßen, behandelten bei dieser<lb/>
Gelegenheit ein Mitglied der russischen Gesandtschaft, welches vor ihnen der<lb/>
Beunruhigung seiner Regierung Worte gab, in einem Styl, den ihnen nur<lb/>
ihre Antipathie gegen Nußland eingeflößt haben konnte, und gleich nachher<lb/>
gab Arago die beiden Brüder Wilkoszewski frei, welche drei Monate vorher<lb/>
durch den Assisenhvf der Seine wegen Ausgabe falscher russischer Bankbillets zu<lb/>
fünfjähriger Einsperrung verurtheilt worden waren. Der russische Resident pro-<lb/>
testirte dagegen vergeblich. Aber inxli» midi, tibi. Im Juni 1871 las<lb/>
man in den Pariser Blättern, daß man zu Averdon in der Schweiz eine<lb/>
Fabrik falscher Bankscheine, darunter auch Billets der Bank von Frankreich,<lb/>
entdeckt und aufgehoben habe. &#x201E;Diese Fabrik" &#x2014; so hieß es da &#x2014; .war<lb/>
ein Zweiggeschäft von Jaroslav Dombrowski, und die Fälscher sind Polen<lb/>
und einige Franzosen, welche in Beziehungen zu der pariser Commune gestanden<lb/>
haben. Die von diesen Elenden fabricirten und ausgegebenen falschen Werth-<lb/>
Papiere sind zahlreich. Man hat Coupons der Bank von Frankreich zu 25<lb/>
Francs, Billets der russischen Bank zu 30 Rubel und Coupons von 12 Ru¬<lb/>
bel und 50 Kopeken, Scheine der österreichischen Bank zu 10 Gulden, Hun¬<lb/>
dertthaler-Scheine der preußischen Bank und endlich Hundert-Dollar-Noten<lb/>
der Vereinigten-Staaten-Bank fabricirt."</p><lb/>
          <p xml:id="ID_984"> Die polnischen Banknotenfabrikanten, die auf Befehl des Justizministers<lb/>
der Regierung der nationalen Vertheidigung aus der Haft entlassen wurden,<lb/>
traten in die Pariser Nationalgarde ein, wurden also nach dem Obigen Fran¬<lb/>
zosen. Sie verstärkten die Zahl der 25.000 Verbrecher, welche nach Trochu's<lb/>
Rede vor der Nationalversammlung (14. Juni) in der Pariser Armee dienten.<lb/>
Wer stützte sich auf diese entlassenen Sträflinge?</p><lb/>
          <p xml:id="ID_985" next="#ID_986"> Am 18. März 1871 erließ das Centralcomite, in welchem eine Anzahl<lb/>
Mitglieder der Internationale saßen, einen Aufruf an eine große Anzahl<lb/>
fremder Flüchtlinge und verwandelte sich damit in ein Centrum der euro¬<lb/>
päischen Umwälzungspartei. Die Classe der polnischen Flüchtlinge bildete die<lb/>
Pflanzschule der Chefs der Anarchie. Unter ihren Befehlen standen Leute,<lb/>
die von ultrademokratischen und communistischen Meinungen in die Irre ge¬<lb/>
führt, andere, die von niedrigsten Leidenschaften angetrieben waren. Viele<lb/>
von den Anhängern der Commune verdienten Mitleid. Man hatte sie in<lb/>
die Bataillone derselben eingereiht, indem man ihnen dreißig Sous tägliche<lb/>
Löhnung gewährte, und sie auf diese Weise von ihrer Arbeit wegzog, um<lb/>
Faulenzer, Trunkenbolde und Besucher der Clubs der Demagogen aus ihnen<lb/>
Zu machen. Die Andern waren von Natur und Geburt an Taugenichtse, sie<lb/>
suchten in einer Revolution nur das Mittel zur Befriedigung ihrer Wünsche,<lb/>
von Trägheit und Liederlichkeit eingegeben waren, wie ihre Anführer der</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0259] Spruch zu thun wagte. Die Regierung ging zwar nicht darauf ein. Aber die Polonophilen Arago und Floquet, die in ihr saßen, behandelten bei dieser Gelegenheit ein Mitglied der russischen Gesandtschaft, welches vor ihnen der Beunruhigung seiner Regierung Worte gab, in einem Styl, den ihnen nur ihre Antipathie gegen Nußland eingeflößt haben konnte, und gleich nachher gab Arago die beiden Brüder Wilkoszewski frei, welche drei Monate vorher durch den Assisenhvf der Seine wegen Ausgabe falscher russischer Bankbillets zu fünfjähriger Einsperrung verurtheilt worden waren. Der russische Resident pro- testirte dagegen vergeblich. Aber inxli» midi, tibi. Im Juni 1871 las man in den Pariser Blättern, daß man zu Averdon in der Schweiz eine Fabrik falscher Bankscheine, darunter auch Billets der Bank von Frankreich, entdeckt und aufgehoben habe. „Diese Fabrik" — so hieß es da — .war ein Zweiggeschäft von Jaroslav Dombrowski, und die Fälscher sind Polen und einige Franzosen, welche in Beziehungen zu der pariser Commune gestanden haben. Die von diesen Elenden fabricirten und ausgegebenen falschen Werth- Papiere sind zahlreich. Man hat Coupons der Bank von Frankreich zu 25 Francs, Billets der russischen Bank zu 30 Rubel und Coupons von 12 Ru¬ bel und 50 Kopeken, Scheine der österreichischen Bank zu 10 Gulden, Hun¬ dertthaler-Scheine der preußischen Bank und endlich Hundert-Dollar-Noten der Vereinigten-Staaten-Bank fabricirt." Die polnischen Banknotenfabrikanten, die auf Befehl des Justizministers der Regierung der nationalen Vertheidigung aus der Haft entlassen wurden, traten in die Pariser Nationalgarde ein, wurden also nach dem Obigen Fran¬ zosen. Sie verstärkten die Zahl der 25.000 Verbrecher, welche nach Trochu's Rede vor der Nationalversammlung (14. Juni) in der Pariser Armee dienten. Wer stützte sich auf diese entlassenen Sträflinge? Am 18. März 1871 erließ das Centralcomite, in welchem eine Anzahl Mitglieder der Internationale saßen, einen Aufruf an eine große Anzahl fremder Flüchtlinge und verwandelte sich damit in ein Centrum der euro¬ päischen Umwälzungspartei. Die Classe der polnischen Flüchtlinge bildete die Pflanzschule der Chefs der Anarchie. Unter ihren Befehlen standen Leute, die von ultrademokratischen und communistischen Meinungen in die Irre ge¬ führt, andere, die von niedrigsten Leidenschaften angetrieben waren. Viele von den Anhängern der Commune verdienten Mitleid. Man hatte sie in die Bataillone derselben eingereiht, indem man ihnen dreißig Sous tägliche Löhnung gewährte, und sie auf diese Weise von ihrer Arbeit wegzog, um Faulenzer, Trunkenbolde und Besucher der Clubs der Demagogen aus ihnen Zu machen. Die Andern waren von Natur und Geburt an Taugenichtse, sie suchten in einer Revolution nur das Mittel zur Befriedigung ihrer Wünsche, von Trägheit und Liederlichkeit eingegeben waren, wie ihre Anführer der

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341813_192299
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341813_192299/259
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 30, 1871, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341813_192299/259>, abgerufen am 06.02.2025.