Die Grenzboten. Jg. 30, 1871, II. Semester. II. Band."Die Polen sind die Gährungshefe von Europa. Ebenso Die Polen reorganisirten bald ihr pariser Comite und eröffneten einen Die "Gesellschaft der polnischen Militärs", welche sich bei der Agitation Bald sah man, daß die Polen, nicht zufrieden, die Revolution außerhalb Allerdings gab es in diesen Tagen auch einige Polen, welche für die „Die Polen sind die Gährungshefe von Europa. Ebenso Die Polen reorganisirten bald ihr pariser Comite und eröffneten einen Die „Gesellschaft der polnischen Militärs", welche sich bei der Agitation Bald sah man, daß die Polen, nicht zufrieden, die Revolution außerhalb Allerdings gab es in diesen Tagen auch einige Polen, welche für die <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0258" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/192559"/> <p xml:id="ID_978"> „Die Polen sind die Gährungshefe von Europa. Ebenso<lb/> tapfer auf dem Schlachtfelde, wie tu multuarisch auf den öffent¬<lb/> lich en Plätzen, sind sie die Revolutionsarmee des Continents.<lb/> Ueberall ist ihr Vaterland, vorausgesetzt, daß es da zu wüh¬<lb/> len giebt."</p><lb/> <p xml:id="ID_979"> Die Polen reorganisirten bald ihr pariser Comite und eröffneten einen<lb/> Club im Casino Cadet, wo sie die Frage erörterten: „Wie kann der jetzige<lb/> Krieg den Gang unserer Propaganda beeinflussen?" Sie protestirten gegen<lb/> die Weigerung der Regierung, sich auf die Bildung einer polnischen Legion<lb/> einzulassen, und ließen sich von Felix Pyat eine Ansprache an die in der<lb/> preußischen Armee dienenden Polen anfertigen, welche dieselben zur Desertion<lb/> aufforderte.</p><lb/> <p xml:id="ID_980"> Die „Gesellschaft der polnischen Militärs", welche sich bei der Agitation<lb/> für eine polnische Legion an die Spitze gestellt, ersuchte nun durch Rund¬<lb/> schreiben jedes Mitglied der Emigration, Frankreich zu dienen, so gut es gehen<lb/> wolle. Man entschied sich, in die Nationalgarde einzutreten, aber dazu mußte<lb/> man Franzose sein. Herr Arago half hier, indem er allen Polen, welche die<lb/> Absicht zum Eintritt in die Nationalgarde kundgaben, die französische Natio¬<lb/> nalität zusprach.</p><lb/> <p xml:id="ID_981"> Bald sah man, daß die Polen, nicht zufrieden, die Revolution außerhalb<lb/> Frankreichs geschürt zu haben, sich in Paris den Gesellschaften anschlössen, an<lb/> deren Spitze Blanqui und Consorten standen. Man entzog den Gefährlichsten<lb/> welche sich in die von Jaroslav Dombrowski organisirte Garibaldianer-Le-<lb/> gion einschreiben ließen, die Staatsunterstützung, die sie bisher erhallen, was<lb/> Journalen wie dem „Reveil" und dem „Combat" eine schöne Gelegenheit ver<lb/> schaffte, gegen den Despotismus der Negierung zu donnern. Hörte man sie<lb/> so waren alle diese Flüchtlinge Leute, die kein Wässerchen trübten und an<lb/> nichts weniger dachten, als an revolutionäre Pläne.</p><lb/> <p xml:id="ID_982" next="#ID_983"> Allerdings gab es in diesen Tagen auch einige Polen, welche für die<lb/> Sache der Ordnung eintraten und sich dabei durch die Entschlossenheit aus¬<lb/> zeichneten, mit welcher sie als Officiere oder simple Legionäre in der Natio¬<lb/> nalgarde dienten. Aber die Mehrzahl begnügte sich damit, den Clubs der<lb/> Demagogen beizuwohnen, wo jede Regierung und jeder nicht zu den Rothen<lb/> Gehörige verarbeitet wurde. Vorzüglich der Club Blanqui wurde von den<lb/> Polen viel besucht, vermuthlich, weil dort die tollsten Uebertreibungen und<lb/> die wildesten Zwecke florirten. Die Polen trieben die Frechheit so weit, daß<lb/> sie durch Artikel des „Combat" und der „Patrie en Danger" die For¬<lb/> derung an die Regierung stellten, man möge den Fürstenmörder Bere-<lb/> zowski in Freiheit setzen, und so groß war damals die allgemeine Währung,<lb/> daß nicht ein einziges Journal gegen die Keckheit der polnischen Refugies Ein-</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0258]
„Die Polen sind die Gährungshefe von Europa. Ebenso
tapfer auf dem Schlachtfelde, wie tu multuarisch auf den öffent¬
lich en Plätzen, sind sie die Revolutionsarmee des Continents.
Ueberall ist ihr Vaterland, vorausgesetzt, daß es da zu wüh¬
len giebt."
Die Polen reorganisirten bald ihr pariser Comite und eröffneten einen
Club im Casino Cadet, wo sie die Frage erörterten: „Wie kann der jetzige
Krieg den Gang unserer Propaganda beeinflussen?" Sie protestirten gegen
die Weigerung der Regierung, sich auf die Bildung einer polnischen Legion
einzulassen, und ließen sich von Felix Pyat eine Ansprache an die in der
preußischen Armee dienenden Polen anfertigen, welche dieselben zur Desertion
aufforderte.
Die „Gesellschaft der polnischen Militärs", welche sich bei der Agitation
für eine polnische Legion an die Spitze gestellt, ersuchte nun durch Rund¬
schreiben jedes Mitglied der Emigration, Frankreich zu dienen, so gut es gehen
wolle. Man entschied sich, in die Nationalgarde einzutreten, aber dazu mußte
man Franzose sein. Herr Arago half hier, indem er allen Polen, welche die
Absicht zum Eintritt in die Nationalgarde kundgaben, die französische Natio¬
nalität zusprach.
Bald sah man, daß die Polen, nicht zufrieden, die Revolution außerhalb
Frankreichs geschürt zu haben, sich in Paris den Gesellschaften anschlössen, an
deren Spitze Blanqui und Consorten standen. Man entzog den Gefährlichsten
welche sich in die von Jaroslav Dombrowski organisirte Garibaldianer-Le-
gion einschreiben ließen, die Staatsunterstützung, die sie bisher erhallen, was
Journalen wie dem „Reveil" und dem „Combat" eine schöne Gelegenheit ver
schaffte, gegen den Despotismus der Negierung zu donnern. Hörte man sie
so waren alle diese Flüchtlinge Leute, die kein Wässerchen trübten und an
nichts weniger dachten, als an revolutionäre Pläne.
Allerdings gab es in diesen Tagen auch einige Polen, welche für die
Sache der Ordnung eintraten und sich dabei durch die Entschlossenheit aus¬
zeichneten, mit welcher sie als Officiere oder simple Legionäre in der Natio¬
nalgarde dienten. Aber die Mehrzahl begnügte sich damit, den Clubs der
Demagogen beizuwohnen, wo jede Regierung und jeder nicht zu den Rothen
Gehörige verarbeitet wurde. Vorzüglich der Club Blanqui wurde von den
Polen viel besucht, vermuthlich, weil dort die tollsten Uebertreibungen und
die wildesten Zwecke florirten. Die Polen trieben die Frechheit so weit, daß
sie durch Artikel des „Combat" und der „Patrie en Danger" die For¬
derung an die Regierung stellten, man möge den Fürstenmörder Bere-
zowski in Freiheit setzen, und so groß war damals die allgemeine Währung,
daß nicht ein einziges Journal gegen die Keckheit der polnischen Refugies Ein-
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