Die Grenzboten. Jg. 30, 1871, II. Semester. II. Band.Pole insgesammt etwa 40 Postzüge an, und ebensoviele gehen ab. Bon jedem Die älteste Poststelle Berlins ist das von dem großen Kurfürsten gegrün¬ Pole insgesammt etwa 40 Postzüge an, und ebensoviele gehen ab. Bon jedem Die älteste Poststelle Berlins ist das von dem großen Kurfürsten gegrün¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0239" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/192540"/> <p xml:id="ID_907" prev="#ID_906"> Pole insgesammt etwa 40 Postzüge an, und ebensoviele gehen ab. Bon jedem<lb/> dieser Züge und zu jedem derselben treffen Anschlußposten der anderen Eisen¬<lb/> bahnrouten - ein, da jedes ambulante Eisenbahn-Postbureau directe Briefpackete<lb/> mit den Postbüreaus der correspondirenden Bahnzüge wechselt. Die Anzahl<lb/> dieser Bahnposttransporte in der Stadt wird durch die Nothwendigkeit der<lb/> Arbeitstheilung in einem so mächtigen Organismus noch insofern verdoppelt<lb/> und zum Theil verdreifacht, als von einem und demselben Zuge Briefbeutel,<lb/> Packereien und Geldsendungen abgesondert expedirt werden müssen, weil für<lb/> jede dieser Kategorien in Berlin eine eigene Arbeitsstelle vorhanden ist. Alle<lb/> diese Betriebszweige müssen trotzdem in lebensvoller Verbindung und Wechsel¬<lb/> wirkung bleiben, weil andernfalls sofort eine Betriebsstockung, und in ihrem<lb/> Gefolge eine Benachtheiligung der Interessen des Publicums, eintreten würde.<lb/> Deshalb ist der Gang aller dieser Brief-, Güter- und Bahnhofs-Posten nach<lb/> dem Einheits-Prineip genau geregelt; von der Centralstelle geleitet, fügen die<lb/> einzelnen Betriebsorgane sich willig und schnell dem Interesse des Ganzen.</p><lb/> <p xml:id="ID_908" next="#ID_909"> Die älteste Poststelle Berlins ist das von dem großen Kurfürsten gegrün¬<lb/> dete „Hof-Postamt". Seine Geschichte, von kleinen Anfängen ausgehend, ist<lb/> das lebendige Abbild der verschiedenen Phasen, welche der Verkehr der Haupt¬<lb/> stadt durchlaufen hat. An die Stelle der alten Botengänge der Fürsten und<lb/> Universitäten traten nach und nach wohlgeordnete Staatsposten; ehe noch<lb/> Eisenbahnen und Telegraphen beflügelte Boten des modernen Verkehrslebens<lb/> wurden, waren die Schnell- und Estafetten-Posten treue Vermittler der tau¬<lb/> sendfachen menschlichen Beziehungen, deren Pflege der brieflichen Mittheilung<lb/> bedarf. Es war ein interessanter Moment, wenn die Brief-Ausgabe-Expedi¬<lb/> tion des Hof-Postamts in alter Zeit die Posten von Hamburg, London, Pa¬<lb/> ris und Wien ausgab. Hunderte von Menschen drängten sich in dem über¬<lb/> füllten Vestibül; es galt die neuesten Nachrichten, die letzten Course, die großen<lb/> Staatsactionen des Auslandes zu erfahren. Allerdings bringt jetzt der Te¬<lb/> legraph die neuesten Nachrichten, aber doch ist diese Halle fortwährend belebt;<lb/> denn dort empfangen die Centralbehörden des Reichs und des Preußischen<lb/> Staats, die großen Börsenmagnaten, die Geld-Institute und zahllose Firmen<lb/> der Berliner Handelswelt ihre Korrespondenz, nicht minder ist hier die Welt<lb/> der xosw reswutv Briefempfänger, eines specifischen Products der Neuzeit.<lb/> Immerhin ist das Hof-Postamt noch die wichtigste Postbetriebsstelle Berlins;<lb/> es zählt ein Personal von 324 Beamten u. s. w. und vermittelt einen Um¬<lb/> satz von 950,000 Thlr. in Einnahme und 1,251,000 Thlr. in Ausgabe (an<lb/> Porto, PostVorschüssen, Ein- und Aufzählungen. Im Kriege von 1870—71<lb/> lag dem Hof-Postamte die wichtige Aufgabe ob, die Feldpostsendungen aus<lb/> dem Osten zu sammeln (Sammelstelle) und die für die Feldpost bestimmten<lb/> Briefsäcke für jedes Armeecorps, jede Division nach dem Felde abzufertigen.</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0239]
Pole insgesammt etwa 40 Postzüge an, und ebensoviele gehen ab. Bon jedem
dieser Züge und zu jedem derselben treffen Anschlußposten der anderen Eisen¬
bahnrouten - ein, da jedes ambulante Eisenbahn-Postbureau directe Briefpackete
mit den Postbüreaus der correspondirenden Bahnzüge wechselt. Die Anzahl
dieser Bahnposttransporte in der Stadt wird durch die Nothwendigkeit der
Arbeitstheilung in einem so mächtigen Organismus noch insofern verdoppelt
und zum Theil verdreifacht, als von einem und demselben Zuge Briefbeutel,
Packereien und Geldsendungen abgesondert expedirt werden müssen, weil für
jede dieser Kategorien in Berlin eine eigene Arbeitsstelle vorhanden ist. Alle
diese Betriebszweige müssen trotzdem in lebensvoller Verbindung und Wechsel¬
wirkung bleiben, weil andernfalls sofort eine Betriebsstockung, und in ihrem
Gefolge eine Benachtheiligung der Interessen des Publicums, eintreten würde.
Deshalb ist der Gang aller dieser Brief-, Güter- und Bahnhofs-Posten nach
dem Einheits-Prineip genau geregelt; von der Centralstelle geleitet, fügen die
einzelnen Betriebsorgane sich willig und schnell dem Interesse des Ganzen.
Die älteste Poststelle Berlins ist das von dem großen Kurfürsten gegrün¬
dete „Hof-Postamt". Seine Geschichte, von kleinen Anfängen ausgehend, ist
das lebendige Abbild der verschiedenen Phasen, welche der Verkehr der Haupt¬
stadt durchlaufen hat. An die Stelle der alten Botengänge der Fürsten und
Universitäten traten nach und nach wohlgeordnete Staatsposten; ehe noch
Eisenbahnen und Telegraphen beflügelte Boten des modernen Verkehrslebens
wurden, waren die Schnell- und Estafetten-Posten treue Vermittler der tau¬
sendfachen menschlichen Beziehungen, deren Pflege der brieflichen Mittheilung
bedarf. Es war ein interessanter Moment, wenn die Brief-Ausgabe-Expedi¬
tion des Hof-Postamts in alter Zeit die Posten von Hamburg, London, Pa¬
ris und Wien ausgab. Hunderte von Menschen drängten sich in dem über¬
füllten Vestibül; es galt die neuesten Nachrichten, die letzten Course, die großen
Staatsactionen des Auslandes zu erfahren. Allerdings bringt jetzt der Te¬
legraph die neuesten Nachrichten, aber doch ist diese Halle fortwährend belebt;
denn dort empfangen die Centralbehörden des Reichs und des Preußischen
Staats, die großen Börsenmagnaten, die Geld-Institute und zahllose Firmen
der Berliner Handelswelt ihre Korrespondenz, nicht minder ist hier die Welt
der xosw reswutv Briefempfänger, eines specifischen Products der Neuzeit.
Immerhin ist das Hof-Postamt noch die wichtigste Postbetriebsstelle Berlins;
es zählt ein Personal von 324 Beamten u. s. w. und vermittelt einen Um¬
satz von 950,000 Thlr. in Einnahme und 1,251,000 Thlr. in Ausgabe (an
Porto, PostVorschüssen, Ein- und Aufzählungen. Im Kriege von 1870—71
lag dem Hof-Postamte die wichtige Aufgabe ob, die Feldpostsendungen aus
dem Osten zu sammeln (Sammelstelle) und die für die Feldpost bestimmten
Briefsäcke für jedes Armeecorps, jede Division nach dem Felde abzufertigen.
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