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Die Grenzboten. Jg. 30, 1871, II. Semester. II. Band.

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beschreibt der Hofmeister Christian von Küssow in einem Briefe: "Vor I. F.
G, ist erstlich eine große Eßstube, darnach eine getäfelte Stube, daran zwei
Kammern, worin der Magister, Edelleute und Jungen schlafen; darnach ha¬
ben I, F- G. an derselben getäfelten Stube ein klein Stüblein zu zwei
Tischen, da beide in. g, H. allein inne sind, und dabei eine Kammer mit
drei "Spanbetten", da I. F. G. und ich schlafen. Unten im Hause ist eine
gute Küche, darin ein schöner Brunnen, So ist auch sonst vor I, F. G, ein
guter Keller, daß I. F. G. mit Gemächern ziemlich versehen!"

Auch sonst hatte Professor Kracow für unsere Studenten noch allerlei
Commissionen. So hatte der gute Johann Friedrich schon am 21. Januarii
1563 "dem achtbaren Hochgelarten lieben getreuen Georg Kracow, der Rechte
Doctor und Professor zu Wittenberg" eigenhändig geschrieben "um ein altes
ehrliches Weib, so dem Koch in der Küche mit Auswaschen und Anderem die
Hand reichen kann, dazu Leinwand und Betten in Acht und Verwahrung habe
und sonst mit Aufsicht und Vorrichten helfe!"

Am Tag nach der Ankunft empfängt die Universität unsere Studenten
gar stattlich und verehrt ihnen eine Lage Nenoll -- ein herrliches starkes
Bier. Herzog Ernst Ludwig antwortet selbst IMns -- und macht nach dem
Urtheil des biedern Christian Küssow seine Sache sehr gut. Der Kurfürst
sendet seinen Neffen ein Faß Rheinwein und zwei Faß Landwein und etliche
Scheffel Hafer. Der gute alte Fürst Wulf zu Anhalt schickt seinen Mündeln
ein Faß Zerbster Bier, etwas vom Hirschwildprett "nebst etliken Lampreten"
und meldet sich für die andere Woche zum Besuch an.

Ein neues buntes, lustiges -- ja glänzendes Studentenleben erwartet die
jungen Fürsten. Zu Wittenberg halten sich viele vornehme Herren, Grafen
und Freiherrn auf -- wenn auch nicht gerade stucliorum cuusg.! Mit Die¬
nern und Rossen ziehn sie gern durch die Lande, von einer Universität zur
andern -- um sich "die Universität zu besehn" und ihr junges Leben zu ge¬
nießen. Sie entfalten eine den bescheiden erzogenen jungen pommerschen
Fürsten schier unbekannte Kleiderpracht, und sonstigen Aufwand, so daß sich
der ehrliche Hofmeister Küssow veranlaßt sieht, an den heimischen Hof zu
schreiben: "Es wird nöthig sein, daß meinen gnädigen Herrn die Marder-
Futter nachgesandt werden. Am Pfingsttage sind die Oestreichischen und Mäh¬
rischen Herrn, deren sechs hier sind, meinen gu. H. viel zu stattlich gekleidet
gewesen, haben alle Marder-Röcke, mit Seidenatlas überzogen. Auch hat
Fürst Wulf zu Anhalt an. gu. Herren angezeigt, daß I. F. G. zum wenig¬
sten zwei gute Klopfer (Klepper) haben müßten, da sie mit zur Kirche ritten,
denn das wäre gar gebräuchlich unter den Herrn. Er wäre zu Leipzig gewesen,
hätte allewege seine Pferde gehabt. So hätten's auch hier zu Wittenberg
Leute geringern Standes gethan: Der Graf von Gorka, der Graf von Schassow


beschreibt der Hofmeister Christian von Küssow in einem Briefe: „Vor I. F.
G, ist erstlich eine große Eßstube, darnach eine getäfelte Stube, daran zwei
Kammern, worin der Magister, Edelleute und Jungen schlafen; darnach ha¬
ben I, F- G. an derselben getäfelten Stube ein klein Stüblein zu zwei
Tischen, da beide in. g, H. allein inne sind, und dabei eine Kammer mit
drei „Spanbetten", da I. F. G. und ich schlafen. Unten im Hause ist eine
gute Küche, darin ein schöner Brunnen, So ist auch sonst vor I, F. G, ein
guter Keller, daß I. F. G. mit Gemächern ziemlich versehen!"

Auch sonst hatte Professor Kracow für unsere Studenten noch allerlei
Commissionen. So hatte der gute Johann Friedrich schon am 21. Januarii
1563 „dem achtbaren Hochgelarten lieben getreuen Georg Kracow, der Rechte
Doctor und Professor zu Wittenberg" eigenhändig geschrieben „um ein altes
ehrliches Weib, so dem Koch in der Küche mit Auswaschen und Anderem die
Hand reichen kann, dazu Leinwand und Betten in Acht und Verwahrung habe
und sonst mit Aufsicht und Vorrichten helfe!"

Am Tag nach der Ankunft empfängt die Universität unsere Studenten
gar stattlich und verehrt ihnen eine Lage Nenoll — ein herrliches starkes
Bier. Herzog Ernst Ludwig antwortet selbst IMns — und macht nach dem
Urtheil des biedern Christian Küssow seine Sache sehr gut. Der Kurfürst
sendet seinen Neffen ein Faß Rheinwein und zwei Faß Landwein und etliche
Scheffel Hafer. Der gute alte Fürst Wulf zu Anhalt schickt seinen Mündeln
ein Faß Zerbster Bier, etwas vom Hirschwildprett „nebst etliken Lampreten"
und meldet sich für die andere Woche zum Besuch an.

Ein neues buntes, lustiges — ja glänzendes Studentenleben erwartet die
jungen Fürsten. Zu Wittenberg halten sich viele vornehme Herren, Grafen
und Freiherrn auf — wenn auch nicht gerade stucliorum cuusg.! Mit Die¬
nern und Rossen ziehn sie gern durch die Lande, von einer Universität zur
andern — um sich „die Universität zu besehn" und ihr junges Leben zu ge¬
nießen. Sie entfalten eine den bescheiden erzogenen jungen pommerschen
Fürsten schier unbekannte Kleiderpracht, und sonstigen Aufwand, so daß sich
der ehrliche Hofmeister Küssow veranlaßt sieht, an den heimischen Hof zu
schreiben: „Es wird nöthig sein, daß meinen gnädigen Herrn die Marder-
Futter nachgesandt werden. Am Pfingsttage sind die Oestreichischen und Mäh¬
rischen Herrn, deren sechs hier sind, meinen gu. H. viel zu stattlich gekleidet
gewesen, haben alle Marder-Röcke, mit Seidenatlas überzogen. Auch hat
Fürst Wulf zu Anhalt an. gu. Herren angezeigt, daß I. F. G. zum wenig¬
sten zwei gute Klopfer (Klepper) haben müßten, da sie mit zur Kirche ritten,
denn das wäre gar gebräuchlich unter den Herrn. Er wäre zu Leipzig gewesen,
hätte allewege seine Pferde gehabt. So hätten's auch hier zu Wittenberg
Leute geringern Standes gethan: Der Graf von Gorka, der Graf von Schassow


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 30, 1871, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341813_192299/19>, abgerufen am 05.02.2025.