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Die Grenzboten. Jg. 30, 1871, II. Semester. II. Band.

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"In der Herzöge Haus haben sich die Edelknaben auch alles Gezänkes,
Haderns und Schlagens, bei Vermeidung der Herren Ungnade, Strafe und
Entlassung gänzlich zu enthalten. Desgleichen sollen sie sich mit den Stu¬
denten und Professoren in keine feindliche Händel oder Schlägereien ein¬
lassen, sich vielmehr gegen männiglich friedlich, freundlich und dienstlich be¬
zeigen.

"Küche und Keller sollen sie melden, Niemanden dorthin führen, dort
auch nicht zechen und Bcmketto anrichten -- sich vielmehr der Nüchternheit
befleißigen und stets dasjenige thun, was Ehrlichen von Adel rühmlich ist
und ihnen wohl ansteht.

"Der Küchenmeister hat zur rechten Zeit einzukaufen, Alles in der
Küche spärlich zugehn zu lassen, das Übrigbleibende mit Fleiß aufzuheben,
alle Sonnabend dem Hofmeister Rechnung zu legen und über Alles ein or¬
dentliches Register zu halten. Dem Koch soll er Alles zum Kochen zustellen
und in der Küche warten, bis Alles über das Feuer gebracht ist. Er muß
beim Anrichten zugegen sein und Niemandem gestatten, in die Küche zu lau¬
sen, darin zu essen oder zu trinken. Außer der ordentlichen Mahlzeit dürfen
in der Küche keine Speisen bereitet werden.

"Der Koch soll treulich und fleißig in der Küche walten, zur rechten
Zeit das Mahl fertig halten, damit I. F. G, nicht lange darauf zu warten
haben, -- gut Acht geben, daß ihnen kein Gift, oder was sonst Scha¬
den bringen könnte, möchte zugeschoben werden, -- auch verhüten, daß aus
der Küche etwas verschleppt werde, überhaupt in Allem I. F. G. Frommen
und Bestes befördern und nach seinem höchsten Vermögen Schaden wehren
und abwenden.

"Endlich hat der Barbier, der auch zugleich die Dienste eines Keller¬
knechts verrichtet, bei Strafe und Ungnade sich der Heilung aller Schäden zu
enthalten, denn da er I. F. G. wäscht, möchten diese dadurch beschädigt wer¬
den. Alle Sonnabend soll er I. F. G. mit guter reinlicher Lauge
waschen. Das fürstliche Tischzeug hat er sorgsam zu verwahren und sauber
zu halten, den Tisch zu decken, Brod und "Almissen" aufzulegen, Niemanden
in den Keller zu führen, dort keine Zechen und Gelage anzurichten und nur
auf Anweisung des Hofmeisters Getränk daraus zu verabfolgen. . ."

Mit einer Verneigung gegen die jungen Fürsten und den ganzen Hof
legt der Hofmeister Christian von Küssow das Pergament in die Hände des
Kanzlers Valentin von Eickstedt. Dieser wendet sich an die Herzoge Ernst
Ludwig und Barnim: "Sind Eure Fürstliche Gnaden gewillt, diese Euch vor¬
gelesene Instruction nach bestem Wissen und Gewissen und mit allen Kräften
unverbrüchlich zu halten, so bekräftiget dies hier vor Gott und I. F. G. der


Geboten II. 1871. 72

„In der Herzöge Haus haben sich die Edelknaben auch alles Gezänkes,
Haderns und Schlagens, bei Vermeidung der Herren Ungnade, Strafe und
Entlassung gänzlich zu enthalten. Desgleichen sollen sie sich mit den Stu¬
denten und Professoren in keine feindliche Händel oder Schlägereien ein¬
lassen, sich vielmehr gegen männiglich friedlich, freundlich und dienstlich be¬
zeigen.

„Küche und Keller sollen sie melden, Niemanden dorthin führen, dort
auch nicht zechen und Bcmketto anrichten — sich vielmehr der Nüchternheit
befleißigen und stets dasjenige thun, was Ehrlichen von Adel rühmlich ist
und ihnen wohl ansteht.

„Der Küchenmeister hat zur rechten Zeit einzukaufen, Alles in der
Küche spärlich zugehn zu lassen, das Übrigbleibende mit Fleiß aufzuheben,
alle Sonnabend dem Hofmeister Rechnung zu legen und über Alles ein or¬
dentliches Register zu halten. Dem Koch soll er Alles zum Kochen zustellen
und in der Küche warten, bis Alles über das Feuer gebracht ist. Er muß
beim Anrichten zugegen sein und Niemandem gestatten, in die Küche zu lau¬
sen, darin zu essen oder zu trinken. Außer der ordentlichen Mahlzeit dürfen
in der Küche keine Speisen bereitet werden.

„Der Koch soll treulich und fleißig in der Küche walten, zur rechten
Zeit das Mahl fertig halten, damit I. F. G, nicht lange darauf zu warten
haben, — gut Acht geben, daß ihnen kein Gift, oder was sonst Scha¬
den bringen könnte, möchte zugeschoben werden, — auch verhüten, daß aus
der Küche etwas verschleppt werde, überhaupt in Allem I. F. G. Frommen
und Bestes befördern und nach seinem höchsten Vermögen Schaden wehren
und abwenden.

„Endlich hat der Barbier, der auch zugleich die Dienste eines Keller¬
knechts verrichtet, bei Strafe und Ungnade sich der Heilung aller Schäden zu
enthalten, denn da er I. F. G. wäscht, möchten diese dadurch beschädigt wer¬
den. Alle Sonnabend soll er I. F. G. mit guter reinlicher Lauge
waschen. Das fürstliche Tischzeug hat er sorgsam zu verwahren und sauber
zu halten, den Tisch zu decken, Brod und „Almissen" aufzulegen, Niemanden
in den Keller zu führen, dort keine Zechen und Gelage anzurichten und nur
auf Anweisung des Hofmeisters Getränk daraus zu verabfolgen. . ."

Mit einer Verneigung gegen die jungen Fürsten und den ganzen Hof
legt der Hofmeister Christian von Küssow das Pergament in die Hände des
Kanzlers Valentin von Eickstedt. Dieser wendet sich an die Herzoge Ernst
Ludwig und Barnim: „Sind Eure Fürstliche Gnaden gewillt, diese Euch vor¬
gelesene Instruction nach bestem Wissen und Gewissen und mit allen Kräften
unverbrüchlich zu halten, so bekräftiget dies hier vor Gott und I. F. G. der


Geboten II. 1871. 72
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[0017] „In der Herzöge Haus haben sich die Edelknaben auch alles Gezänkes, Haderns und Schlagens, bei Vermeidung der Herren Ungnade, Strafe und Entlassung gänzlich zu enthalten. Desgleichen sollen sie sich mit den Stu¬ denten und Professoren in keine feindliche Händel oder Schlägereien ein¬ lassen, sich vielmehr gegen männiglich friedlich, freundlich und dienstlich be¬ zeigen. „Küche und Keller sollen sie melden, Niemanden dorthin führen, dort auch nicht zechen und Bcmketto anrichten — sich vielmehr der Nüchternheit befleißigen und stets dasjenige thun, was Ehrlichen von Adel rühmlich ist und ihnen wohl ansteht. „Der Küchenmeister hat zur rechten Zeit einzukaufen, Alles in der Küche spärlich zugehn zu lassen, das Übrigbleibende mit Fleiß aufzuheben, alle Sonnabend dem Hofmeister Rechnung zu legen und über Alles ein or¬ dentliches Register zu halten. Dem Koch soll er Alles zum Kochen zustellen und in der Küche warten, bis Alles über das Feuer gebracht ist. Er muß beim Anrichten zugegen sein und Niemandem gestatten, in die Küche zu lau¬ sen, darin zu essen oder zu trinken. Außer der ordentlichen Mahlzeit dürfen in der Küche keine Speisen bereitet werden. „Der Koch soll treulich und fleißig in der Küche walten, zur rechten Zeit das Mahl fertig halten, damit I. F. G, nicht lange darauf zu warten haben, — gut Acht geben, daß ihnen kein Gift, oder was sonst Scha¬ den bringen könnte, möchte zugeschoben werden, — auch verhüten, daß aus der Küche etwas verschleppt werde, überhaupt in Allem I. F. G. Frommen und Bestes befördern und nach seinem höchsten Vermögen Schaden wehren und abwenden. „Endlich hat der Barbier, der auch zugleich die Dienste eines Keller¬ knechts verrichtet, bei Strafe und Ungnade sich der Heilung aller Schäden zu enthalten, denn da er I. F. G. wäscht, möchten diese dadurch beschädigt wer¬ den. Alle Sonnabend soll er I. F. G. mit guter reinlicher Lauge waschen. Das fürstliche Tischzeug hat er sorgsam zu verwahren und sauber zu halten, den Tisch zu decken, Brod und „Almissen" aufzulegen, Niemanden in den Keller zu führen, dort keine Zechen und Gelage anzurichten und nur auf Anweisung des Hofmeisters Getränk daraus zu verabfolgen. . ." Mit einer Verneigung gegen die jungen Fürsten und den ganzen Hof legt der Hofmeister Christian von Küssow das Pergament in die Hände des Kanzlers Valentin von Eickstedt. Dieser wendet sich an die Herzoge Ernst Ludwig und Barnim: „Sind Eure Fürstliche Gnaden gewillt, diese Euch vor¬ gelesene Instruction nach bestem Wissen und Gewissen und mit allen Kräften unverbrüchlich zu halten, so bekräftiget dies hier vor Gott und I. F. G. der Geboten II. 1871. 72

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 30, 1871, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341813_192299/17>, abgerufen am 05.02.2025.