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Die Grenzboten. Jg. 30, 1871, II. Semester. I. Band.

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Gros der liberalen Partei zu. "Die bedeutenden Männer der Provinz", so
berichtet er in seinen Memoiren, "welche ein Journal in den Händen von
Leuten sahen, die mit der Feder umzugehen verstanden, hielten für angemessen
nur gefällig zu sein, und mir unter die Arme zu greifen! Nicht lange dauerte
es, und Franklin war Drucker der Legislative, die ihn wenige Monate
später als ihren Protokollführer berief. Als einige Zeit darauf die Provinz
Papiergeld ausgab, wurde er mit dem Druck desselben beauftragt, was auch
die anderen Provinzen in ähnlichen Fällen veranlaßte, dasselbe zu thun. Hier
ist nicht der Platz, näher auf die Kämpfe einzugehen, die Franklin für seine
Zeitung zu bestehen hatte, noch auf die Triumphe, die er errang; auch folgen
wir ihm nicht von seinem Posten als Protocollführer des gesetzgebenden Kör¬
pers zu dem als Deputirter, in welcher Eigenschaft er, wie bekannt, der
Führer der liberalen Partei war.

Wir haben gesehen, daß das erste Journal volle 16 Jahre ohne einen Neben¬
buhler blieb, die darauf folgenden Jahre aber waren fruchtbarer. 1740 existirten
schon 14 Journale in Amerika, von denen-fünf allein in Boston erschienen: der
Boston-Weekly-News-Letter, von Green demAelteren; die Boston Gazette von
Thomas Green; das New-England-Journal, von Green und Samuel Kneeland;
der Post-Boy, Journal der Postdirection, und endlich die Evening-Post von Thomas
Fleck. New-Uork hatte zwei Zeitungen aufzuweisen: die Gazette und das Journal.
In Maryland veröffentlichte William Parker von 1727--1736 zu Annapolis
eine Gazette, die mit seinem Tode einging. Nach neunjähriger Unterbrechung,
1743, wurde sie wieder ausgegeben, und zwar durch Jonas Green, von welcher
Zeit ab sie regelmäßig, ohne eine Unterbrechung zu erfahren, erschien. Diese
Maryland-Gazette existirt noch heute, und ist das älteste aller amerikanischen
Journale. Süd-Carolina hatte seit 1731 eine Gazette zu Charleston; Rhode
Island eine zu Newport seit 1732, Mrginien gleichfalls eine zu Williams-
burgh seit 1736. Pennsylvanien war nach Massachusetts die bestversehene
Provinz. Wir finden zu Philadelphia die Gazette und den Mercury, die,
1741 in die Hände von Bradford übergehend, sich zum Pennsylvania Journal
umgestalten. Zu Germantown aber stoßen wir 1739 schon auf das erste
deutsche Journal, das von einem Bremer Namens Sauer -- er hatte seinen
Namen in Sower englisirt -- gegründet wurde. Diese Thatsache beweist,
welch einen großen Einfluß unsere Landsleute schon vor der Losreißung vom
Mutterlande in Nordamerika, besonders aber in Pennsylvanien ausübten, wo
sie heute die größere Hälfte der Einwohner bilden. Von sechs damals in der
Colonie etablirten Druckereien druckten zwei nur deutsch, zwei deutsch und eng¬
lisch, zwei nur druckten nichts als englisch. 1743 wurde noch ein anderes
deutsches Journal von einem gewissen Anton Ambrüster gegründet, der, um
sich schnell beim Publicum einzuführen, Franklin's Namen benutzte, und sich


Gros der liberalen Partei zu. „Die bedeutenden Männer der Provinz", so
berichtet er in seinen Memoiren, „welche ein Journal in den Händen von
Leuten sahen, die mit der Feder umzugehen verstanden, hielten für angemessen
nur gefällig zu sein, und mir unter die Arme zu greifen! Nicht lange dauerte
es, und Franklin war Drucker der Legislative, die ihn wenige Monate
später als ihren Protokollführer berief. Als einige Zeit darauf die Provinz
Papiergeld ausgab, wurde er mit dem Druck desselben beauftragt, was auch
die anderen Provinzen in ähnlichen Fällen veranlaßte, dasselbe zu thun. Hier
ist nicht der Platz, näher auf die Kämpfe einzugehen, die Franklin für seine
Zeitung zu bestehen hatte, noch auf die Triumphe, die er errang; auch folgen
wir ihm nicht von seinem Posten als Protocollführer des gesetzgebenden Kör¬
pers zu dem als Deputirter, in welcher Eigenschaft er, wie bekannt, der
Führer der liberalen Partei war.

Wir haben gesehen, daß das erste Journal volle 16 Jahre ohne einen Neben¬
buhler blieb, die darauf folgenden Jahre aber waren fruchtbarer. 1740 existirten
schon 14 Journale in Amerika, von denen-fünf allein in Boston erschienen: der
Boston-Weekly-News-Letter, von Green demAelteren; die Boston Gazette von
Thomas Green; das New-England-Journal, von Green und Samuel Kneeland;
der Post-Boy, Journal der Postdirection, und endlich die Evening-Post von Thomas
Fleck. New-Uork hatte zwei Zeitungen aufzuweisen: die Gazette und das Journal.
In Maryland veröffentlichte William Parker von 1727—1736 zu Annapolis
eine Gazette, die mit seinem Tode einging. Nach neunjähriger Unterbrechung,
1743, wurde sie wieder ausgegeben, und zwar durch Jonas Green, von welcher
Zeit ab sie regelmäßig, ohne eine Unterbrechung zu erfahren, erschien. Diese
Maryland-Gazette existirt noch heute, und ist das älteste aller amerikanischen
Journale. Süd-Carolina hatte seit 1731 eine Gazette zu Charleston; Rhode
Island eine zu Newport seit 1732, Mrginien gleichfalls eine zu Williams-
burgh seit 1736. Pennsylvanien war nach Massachusetts die bestversehene
Provinz. Wir finden zu Philadelphia die Gazette und den Mercury, die,
1741 in die Hände von Bradford übergehend, sich zum Pennsylvania Journal
umgestalten. Zu Germantown aber stoßen wir 1739 schon auf das erste
deutsche Journal, das von einem Bremer Namens Sauer — er hatte seinen
Namen in Sower englisirt — gegründet wurde. Diese Thatsache beweist,
welch einen großen Einfluß unsere Landsleute schon vor der Losreißung vom
Mutterlande in Nordamerika, besonders aber in Pennsylvanien ausübten, wo
sie heute die größere Hälfte der Einwohner bilden. Von sechs damals in der
Colonie etablirten Druckereien druckten zwei nur deutsch, zwei deutsch und eng¬
lisch, zwei nur druckten nichts als englisch. 1743 wurde noch ein anderes
deutsches Journal von einem gewissen Anton Ambrüster gegründet, der, um
sich schnell beim Publicum einzuführen, Franklin's Namen benutzte, und sich


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 30, 1871, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341813_126315/502>, abgerufen am 25.07.2024.