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Die Grenzboten. Jg. 30, 1871, II. Semester. I. Band.

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hin sahen wir einen alten verräucherten Maccaroniladen, der als einstiger
Kramladen des Vaters von S. Francesco, des Kaufmanns Pietro Bernar-
done bezeichnet wird. Da aber der Heilige 1152 geboren ward, so stimmt zu
jener Angabe das Renaissanceportal nicht ganz, mit einem hübschen Fries in
Hochrelief und einer Ghirlande mit Seraphimköpfen darüber. -- Das Leih¬
haus, "Routs ni kistä.", hat als Vorhalle eine merkwürdige Loggia aus der
vorgothischen Zeit, von Ziegeln erbaut, mit 7 Säulchen und Flachbogen,
darüber ein Kleeblattfries und Dach. -- Das Haus, wo Metastasto geboren
sein soll, ist in den verschiedensten Epochen zusammengefügt worden. Alte
Sculpturen sind daran eingemauert, Blumentöpfe, die fast noch aus dem
Mittelalter zu stammen scheinen, stehen am Fenster, ein Olivenbaum ragt,
man weiß nicht wie, hinten über's Dach hervor.

Unser Weg führte uns zu dem Portal der obern Kirche hinab, während
zu dem seitlichen Portal der Unterkirche eine andere Straße daneben hinleitet.
1228 bis 1232 wurde die untere, 1253 die obere Kirche, beide in altitalienisch
gothischem Stil, gebaut. Die obere, die wir nun zunächst betraten, besteht
aus einem einzigen Schiff von 225 Fuß Länge, 36 Fuß Breite und 60 Fuß
Höhe. In fünf Kreuzgewölben erstreckt sich die Decke bis zur dreiseitigen
Apsis des Chores. Links und rechts vom letzten Kreuzgewölbe schließen sich
zwei schmälere an und bilden mit diesem zusammen das Querschiff. Ueber
der Doppelthüre befindet sich eine Rosette mit farbigen Glasscheiben; in jeder
Wandlünette, an den drei Seiten der Chorapsis je ein großes farbiges Fen¬
ster, an den beiden Schlußwänden des Querschiffs je ein doppeltes Fenster.
An den zwei fensterlosen Wänden des Querschiffs neben der Choröffnung ist
links eine gothische dreigieblige Orgel, rechts eine dreibogige Galerie, etwas
tiefer als die Fenster angebracht, während an den gegenüber stehenden Wän¬
den des Querschiffs sich in gleicher Höhe sechsbogige Galerien befinden. Die
untern Wände des Langschiffs sind von Giotto mit zwei Reihen von histori¬
schen Fresken, die Kreuzgewölbe, Gewölberippen, sowie die Fensterzwischen¬
räume von Giotto und Cimabue mit decorativer und figürlichen Malereien
geschmückt, die bei Crowe und Cavalcaselle ausführliche Behandlung erfahren;
hier darüber nur so viel, daß in den Deckengewölben ein Wechsel zwischen
blauem Sternenhimmel und goldrothschimmernden Malereien große Wirkung
hervorbringt.

Von den Glasscheiben ist vor Allem prächtig die Rosette über dem Portal.
Eine Blume mit blauem Fruchtboden und violett-grün-roth-blauen Blüthen¬
blättern bildet das Centrum und ruht auf einer braunen Scheibe als Hinter¬
grund, deren Peripherie wiederum fünfblättrige grün-roth-blau-goldene Blüm¬
chen umrahmen. Hierauf folgt eine zweite, einfarbige Zone, und endlich lan-
zettenförmige Strahlen, worin Gold. Carmoisin, Grün, Blau und Violet


hin sahen wir einen alten verräucherten Maccaroniladen, der als einstiger
Kramladen des Vaters von S. Francesco, des Kaufmanns Pietro Bernar-
done bezeichnet wird. Da aber der Heilige 1152 geboren ward, so stimmt zu
jener Angabe das Renaissanceportal nicht ganz, mit einem hübschen Fries in
Hochrelief und einer Ghirlande mit Seraphimköpfen darüber. — Das Leih¬
haus, „Routs ni kistä.", hat als Vorhalle eine merkwürdige Loggia aus der
vorgothischen Zeit, von Ziegeln erbaut, mit 7 Säulchen und Flachbogen,
darüber ein Kleeblattfries und Dach. — Das Haus, wo Metastasto geboren
sein soll, ist in den verschiedensten Epochen zusammengefügt worden. Alte
Sculpturen sind daran eingemauert, Blumentöpfe, die fast noch aus dem
Mittelalter zu stammen scheinen, stehen am Fenster, ein Olivenbaum ragt,
man weiß nicht wie, hinten über's Dach hervor.

Unser Weg führte uns zu dem Portal der obern Kirche hinab, während
zu dem seitlichen Portal der Unterkirche eine andere Straße daneben hinleitet.
1228 bis 1232 wurde die untere, 1253 die obere Kirche, beide in altitalienisch
gothischem Stil, gebaut. Die obere, die wir nun zunächst betraten, besteht
aus einem einzigen Schiff von 225 Fuß Länge, 36 Fuß Breite und 60 Fuß
Höhe. In fünf Kreuzgewölben erstreckt sich die Decke bis zur dreiseitigen
Apsis des Chores. Links und rechts vom letzten Kreuzgewölbe schließen sich
zwei schmälere an und bilden mit diesem zusammen das Querschiff. Ueber
der Doppelthüre befindet sich eine Rosette mit farbigen Glasscheiben; in jeder
Wandlünette, an den drei Seiten der Chorapsis je ein großes farbiges Fen¬
ster, an den beiden Schlußwänden des Querschiffs je ein doppeltes Fenster.
An den zwei fensterlosen Wänden des Querschiffs neben der Choröffnung ist
links eine gothische dreigieblige Orgel, rechts eine dreibogige Galerie, etwas
tiefer als die Fenster angebracht, während an den gegenüber stehenden Wän¬
den des Querschiffs sich in gleicher Höhe sechsbogige Galerien befinden. Die
untern Wände des Langschiffs sind von Giotto mit zwei Reihen von histori¬
schen Fresken, die Kreuzgewölbe, Gewölberippen, sowie die Fensterzwischen¬
räume von Giotto und Cimabue mit decorativer und figürlichen Malereien
geschmückt, die bei Crowe und Cavalcaselle ausführliche Behandlung erfahren;
hier darüber nur so viel, daß in den Deckengewölben ein Wechsel zwischen
blauem Sternenhimmel und goldrothschimmernden Malereien große Wirkung
hervorbringt.

Von den Glasscheiben ist vor Allem prächtig die Rosette über dem Portal.
Eine Blume mit blauem Fruchtboden und violett-grün-roth-blauen Blüthen¬
blättern bildet das Centrum und ruht auf einer braunen Scheibe als Hinter¬
grund, deren Peripherie wiederum fünfblättrige grün-roth-blau-goldene Blüm¬
chen umrahmen. Hierauf folgt eine zweite, einfarbige Zone, und endlich lan-
zettenförmige Strahlen, worin Gold. Carmoisin, Grün, Blau und Violet


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[0470] hin sahen wir einen alten verräucherten Maccaroniladen, der als einstiger Kramladen des Vaters von S. Francesco, des Kaufmanns Pietro Bernar- done bezeichnet wird. Da aber der Heilige 1152 geboren ward, so stimmt zu jener Angabe das Renaissanceportal nicht ganz, mit einem hübschen Fries in Hochrelief und einer Ghirlande mit Seraphimköpfen darüber. — Das Leih¬ haus, „Routs ni kistä.", hat als Vorhalle eine merkwürdige Loggia aus der vorgothischen Zeit, von Ziegeln erbaut, mit 7 Säulchen und Flachbogen, darüber ein Kleeblattfries und Dach. — Das Haus, wo Metastasto geboren sein soll, ist in den verschiedensten Epochen zusammengefügt worden. Alte Sculpturen sind daran eingemauert, Blumentöpfe, die fast noch aus dem Mittelalter zu stammen scheinen, stehen am Fenster, ein Olivenbaum ragt, man weiß nicht wie, hinten über's Dach hervor. Unser Weg führte uns zu dem Portal der obern Kirche hinab, während zu dem seitlichen Portal der Unterkirche eine andere Straße daneben hinleitet. 1228 bis 1232 wurde die untere, 1253 die obere Kirche, beide in altitalienisch gothischem Stil, gebaut. Die obere, die wir nun zunächst betraten, besteht aus einem einzigen Schiff von 225 Fuß Länge, 36 Fuß Breite und 60 Fuß Höhe. In fünf Kreuzgewölben erstreckt sich die Decke bis zur dreiseitigen Apsis des Chores. Links und rechts vom letzten Kreuzgewölbe schließen sich zwei schmälere an und bilden mit diesem zusammen das Querschiff. Ueber der Doppelthüre befindet sich eine Rosette mit farbigen Glasscheiben; in jeder Wandlünette, an den drei Seiten der Chorapsis je ein großes farbiges Fen¬ ster, an den beiden Schlußwänden des Querschiffs je ein doppeltes Fenster. An den zwei fensterlosen Wänden des Querschiffs neben der Choröffnung ist links eine gothische dreigieblige Orgel, rechts eine dreibogige Galerie, etwas tiefer als die Fenster angebracht, während an den gegenüber stehenden Wän¬ den des Querschiffs sich in gleicher Höhe sechsbogige Galerien befinden. Die untern Wände des Langschiffs sind von Giotto mit zwei Reihen von histori¬ schen Fresken, die Kreuzgewölbe, Gewölberippen, sowie die Fensterzwischen¬ räume von Giotto und Cimabue mit decorativer und figürlichen Malereien geschmückt, die bei Crowe und Cavalcaselle ausführliche Behandlung erfahren; hier darüber nur so viel, daß in den Deckengewölben ein Wechsel zwischen blauem Sternenhimmel und goldrothschimmernden Malereien große Wirkung hervorbringt. Von den Glasscheiben ist vor Allem prächtig die Rosette über dem Portal. Eine Blume mit blauem Fruchtboden und violett-grün-roth-blauen Blüthen¬ blättern bildet das Centrum und ruht auf einer braunen Scheibe als Hinter¬ grund, deren Peripherie wiederum fünfblättrige grün-roth-blau-goldene Blüm¬ chen umrahmen. Hierauf folgt eine zweite, einfarbige Zone, und endlich lan- zettenförmige Strahlen, worin Gold. Carmoisin, Grün, Blau und Violet

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 30, 1871, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341813_126315/470>, abgerufen am 25.07.2024.