Die Grenzboten. Jg. 30, 1871, II. Semester. I. Band.gebung getödtet wurden, deren kurze Existenz aber dennoch genügt hatte, um gebung getödtet wurden, deren kurze Existenz aber dennoch genügt hatte, um <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0455" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/126731"/> <p xml:id="ID_1385" prev="#ID_1384" next="#ID_1386"> gebung getödtet wurden, deren kurze Existenz aber dennoch genügt hatte, um<lb/> die Namen von Swift, Steele und Addison unsterblich zu machen. Ein<lb/> Journal ähnlicher Art wollten die Franklins in Amerika gründen. Die<lb/> Hauptarbeit ruhte von Anfang an in den Händen des kaum löjähri-<lb/> gen Benjamin, der uns davon in seiner Biographie Zeugniß gibt. Doch schwer<lb/> ist heute noch herauszufinden, welche Artikel speciell aus seiner Feder geflossen<lb/> sind; so gleichmäßig ist der Stil, was sowohl dem Blatt als dem jungen<lb/> Autor zum Lobe gereicht. Der Courant enthält Kritiken der Dichter der Zeit,<lb/> deren oft strenges Urtheil mit Humor gewürzt ist; alles gute Artikel der<lb/> Kritik nach englischer Auffassung. Aber die Moral nimmt einen hervorragen¬<lb/> deren Platz als die Literatur ein. Die Laster der Zeit find mit einer Leb¬<lb/> haftigkeit gerügt, die zuweilen an Brutalität grenzt. Der Ton aber ist ge¬<lb/> wöhnlich der der Satire. Weder die Regierung, noch der puritanische Clerus<lb/> werden verschont, doch wird mit Sorgfalt jeder persönliche Angriff vermieden<lb/> und nur sehr selten begegnet man im Courant einem Namen. Die Kritik<lb/> hält sich meist am Princip, sehr häufig aber wird sie rauh und gewaltthätig,<lb/> und ist groben Worten nicht immer abhold. Doch im großen Ganzen bietet<lb/> der Courant im Vergleich mit seinen überlebenden Geschwistern und selbst mit<lb/> den Journalen unserer Tage nichts Verurtheilenswerthes. So urtheilte man<lb/> freilich damals nicht; die Franklin's machten sich vielmehr von Anfang an<lb/> viel Feinde. Der größte Einfluß in den Colonien lag zu jener Zeit noch in<lb/> den Händen des presbyterianischer Clerus. Alle bedeutenden politischen Ge¬<lb/> schäfte wurden damals in den Versammlungen der Geistlichen abgeschlossen:<lb/> kein Candidat konnte ohne ihre Zustimmung zu bürgerlichen Ehrenämtern ge¬<lb/> langen, noch in die gesetzgebende Versammlung. Der Clerus begnügte sich<lb/> nicht bloß damit, den Gang der Regierung zu überwachen, er überwachte<lb/> auch mit Argusaugen die Aufführung der einzelnen Privatpersonen, indem er<lb/> die Bürger auf den Inder setzte. In diesem schwarzen Buch standen Alle,<lb/> welche wegen ihrer heterodoren Meinung, oder wegen ihrer Nachlässigkeit im<lb/> Besuch der öffentlichen Versammlungen, oder wegen ihrer Lauheit im Glauben<lb/> nach Ansicht des Clerus Tadel verdient hatten. Ein solches Joch der Schwarz¬<lb/> röcke war den Franklin's, deren Vorfahren schon wegen ihres Glaubens so<lb/> manche Verfolgungen hatten ausstehen müssen, unerträglich. Aus Tradition<lb/> sowohl, als aus Princip waren sie also Gegner dieser Anmaßungen der Geist¬<lb/> lichkeit, und vor allem der moralischen Beeinflussung, sowie der Scheinheilig¬<lb/> keit, die sich ein Jeder auferlegen mußte, der auch nur ein Fünkchen von<lb/> Ehrgeiz hatte: sie erklärten offenen Krieg allen falschen Frommen und aller<lb/> Vermischung des Heiligen mit dem Profanen. Daher kam denn auch, daß<lb/> sie gar bald als Verworfene, als Feinde des Herrn angesehen wurden, und<lb/> daß die Freunde, die im Hause des Vaters der beiden jungen Zeitungsschrei-</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0455]
gebung getödtet wurden, deren kurze Existenz aber dennoch genügt hatte, um
die Namen von Swift, Steele und Addison unsterblich zu machen. Ein
Journal ähnlicher Art wollten die Franklins in Amerika gründen. Die
Hauptarbeit ruhte von Anfang an in den Händen des kaum löjähri-
gen Benjamin, der uns davon in seiner Biographie Zeugniß gibt. Doch schwer
ist heute noch herauszufinden, welche Artikel speciell aus seiner Feder geflossen
sind; so gleichmäßig ist der Stil, was sowohl dem Blatt als dem jungen
Autor zum Lobe gereicht. Der Courant enthält Kritiken der Dichter der Zeit,
deren oft strenges Urtheil mit Humor gewürzt ist; alles gute Artikel der
Kritik nach englischer Auffassung. Aber die Moral nimmt einen hervorragen¬
deren Platz als die Literatur ein. Die Laster der Zeit find mit einer Leb¬
haftigkeit gerügt, die zuweilen an Brutalität grenzt. Der Ton aber ist ge¬
wöhnlich der der Satire. Weder die Regierung, noch der puritanische Clerus
werden verschont, doch wird mit Sorgfalt jeder persönliche Angriff vermieden
und nur sehr selten begegnet man im Courant einem Namen. Die Kritik
hält sich meist am Princip, sehr häufig aber wird sie rauh und gewaltthätig,
und ist groben Worten nicht immer abhold. Doch im großen Ganzen bietet
der Courant im Vergleich mit seinen überlebenden Geschwistern und selbst mit
den Journalen unserer Tage nichts Verurtheilenswerthes. So urtheilte man
freilich damals nicht; die Franklin's machten sich vielmehr von Anfang an
viel Feinde. Der größte Einfluß in den Colonien lag zu jener Zeit noch in
den Händen des presbyterianischer Clerus. Alle bedeutenden politischen Ge¬
schäfte wurden damals in den Versammlungen der Geistlichen abgeschlossen:
kein Candidat konnte ohne ihre Zustimmung zu bürgerlichen Ehrenämtern ge¬
langen, noch in die gesetzgebende Versammlung. Der Clerus begnügte sich
nicht bloß damit, den Gang der Regierung zu überwachen, er überwachte
auch mit Argusaugen die Aufführung der einzelnen Privatpersonen, indem er
die Bürger auf den Inder setzte. In diesem schwarzen Buch standen Alle,
welche wegen ihrer heterodoren Meinung, oder wegen ihrer Nachlässigkeit im
Besuch der öffentlichen Versammlungen, oder wegen ihrer Lauheit im Glauben
nach Ansicht des Clerus Tadel verdient hatten. Ein solches Joch der Schwarz¬
röcke war den Franklin's, deren Vorfahren schon wegen ihres Glaubens so
manche Verfolgungen hatten ausstehen müssen, unerträglich. Aus Tradition
sowohl, als aus Princip waren sie also Gegner dieser Anmaßungen der Geist¬
lichkeit, und vor allem der moralischen Beeinflussung, sowie der Scheinheilig¬
keit, die sich ein Jeder auferlegen mußte, der auch nur ein Fünkchen von
Ehrgeiz hatte: sie erklärten offenen Krieg allen falschen Frommen und aller
Vermischung des Heiligen mit dem Profanen. Daher kam denn auch, daß
sie gar bald als Verworfene, als Feinde des Herrn angesehen wurden, und
daß die Freunde, die im Hause des Vaters der beiden jungen Zeitungsschrei-
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