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Die Grenzboten. Jg. 30, 1871, II. Semester. I. Band.

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seiner Mission, sondern in den zahlreichen Petitionen, welche er an die eolo-
nialen Verwaltungsbehörden richtet, um eine Subvention für die Post zu er¬
halten, ist die Veröffentlichung seines Journals fast allemal der Haupttitel,
den er voraufstellt. Seit zwei Jahren, sagt er in einer Petition von 1706,
hat sich der Petitionär für das öffentliche Wohl die Last und die Ausgabe
auferlegt, jede Woche einen Brief mit Neuigkeiten zu drucken, der die Ereig¬
nisse von außerhalb, so wie locale Berichte enthält, und den er zu einem viel
geringeren Preis veröffentlicht, als in England, ungeachtet die Kosten hier viel
höher sind. Doch hat der Bittsteller bis jetzt noch nicht die nöthige Auf¬
munterung erhalten, um die zu seinem Unternehmen unumgänglich nothwen¬
digen Kosten bestreiten zu können/' Die erneueren Klagen Campbell's zeigen
uns, daß sein Unternehmen kein einträgliches war, auch wurde es außerdem
noch durch schwere Schicksalsschläge getroffen. Der große Brand am 9. Octbr.
1711, der einen großen Theil Boston's in Asche legte, zerstörte auch die Post-,
bureaur. das Handlungshaus Campbell's, seine Mobilien. seine Presse und
das Druckmaterial, welches er angekauft hatte. Doch er ließ sich durch die
herben Verluste nicht entmuthigen, sondern übergab den Druck des Blattes
ohne Zögern einem von England herübergekommenen Drucker, Bartholomäus
Green, der denselben schon in der ersten Zeit seines Entstehens besorgt hatte,
wodurch der Boston News-Letter auch nicht die geringste Unterbrechung er¬
fuhr: die Collection eristirt noch heute vollständig und ist nicht blos für die
Annalisten Boston's von hohem Interesse. Nach und nach gesellten sich auch
die Annoncen zu den Neuigkeiten; sie allein machten erst das in den ersten
Jahren so beschwerliche Unternehmen zu einem gewinnbringenden und als
1718 Campbell seiner Stellung als Postdirector enthoben wurde, fuhr er
nichtsdestoweniger fort, sein Journal zu veröffentlichen. Erst 1719 folgte
Andreas Bradford, der zu Philadelphia mit dem Geschäft als Buchdrucker
auch den Posten eines Postdirectors verband, dem Beispiele Campbell's und
veröffentlichte am 19. Decbr. den American Weekly Mercury, das erste Journal,
das in Pennsylvanien erschien. Nun aber war die Bahn gebrochen und nicht
lange dauerte es mehr, daß auch noch andere Blätter auftauchten. Zuerst
war es Campbells Nachfolger in seinem Amt als Postdirector, William
Brooker, der am 18. Decbr. 172Y die Boston Gazette gründete. Diese Pub¬
lication war ein heftiger Schlag für den alten Campbell, der sich eines Tages
in folgenden Ausdrücken in seinem Blatt über den neuen Concurrenten er¬
ging: "Ich beklage die Leser des kürzlich gegründeten Journals: seine Blätter
riechen viel mehr nach starkem Bier als nach Studiosen Oel; es ist keine Lec¬
türe für anständige, ehrbare Leute." Doch ungeachtet der Boston Gazette
blieb der Boston News-Letter, oder wie er gewöhnlich genannt wurde, das
"alte Journal." ein einträgliches Geschäft: Campbell zog sich von demselben


seiner Mission, sondern in den zahlreichen Petitionen, welche er an die eolo-
nialen Verwaltungsbehörden richtet, um eine Subvention für die Post zu er¬
halten, ist die Veröffentlichung seines Journals fast allemal der Haupttitel,
den er voraufstellt. Seit zwei Jahren, sagt er in einer Petition von 1706,
hat sich der Petitionär für das öffentliche Wohl die Last und die Ausgabe
auferlegt, jede Woche einen Brief mit Neuigkeiten zu drucken, der die Ereig¬
nisse von außerhalb, so wie locale Berichte enthält, und den er zu einem viel
geringeren Preis veröffentlicht, als in England, ungeachtet die Kosten hier viel
höher sind. Doch hat der Bittsteller bis jetzt noch nicht die nöthige Auf¬
munterung erhalten, um die zu seinem Unternehmen unumgänglich nothwen¬
digen Kosten bestreiten zu können/' Die erneueren Klagen Campbell's zeigen
uns, daß sein Unternehmen kein einträgliches war, auch wurde es außerdem
noch durch schwere Schicksalsschläge getroffen. Der große Brand am 9. Octbr.
1711, der einen großen Theil Boston's in Asche legte, zerstörte auch die Post-,
bureaur. das Handlungshaus Campbell's, seine Mobilien. seine Presse und
das Druckmaterial, welches er angekauft hatte. Doch er ließ sich durch die
herben Verluste nicht entmuthigen, sondern übergab den Druck des Blattes
ohne Zögern einem von England herübergekommenen Drucker, Bartholomäus
Green, der denselben schon in der ersten Zeit seines Entstehens besorgt hatte,
wodurch der Boston News-Letter auch nicht die geringste Unterbrechung er¬
fuhr: die Collection eristirt noch heute vollständig und ist nicht blos für die
Annalisten Boston's von hohem Interesse. Nach und nach gesellten sich auch
die Annoncen zu den Neuigkeiten; sie allein machten erst das in den ersten
Jahren so beschwerliche Unternehmen zu einem gewinnbringenden und als
1718 Campbell seiner Stellung als Postdirector enthoben wurde, fuhr er
nichtsdestoweniger fort, sein Journal zu veröffentlichen. Erst 1719 folgte
Andreas Bradford, der zu Philadelphia mit dem Geschäft als Buchdrucker
auch den Posten eines Postdirectors verband, dem Beispiele Campbell's und
veröffentlichte am 19. Decbr. den American Weekly Mercury, das erste Journal,
das in Pennsylvanien erschien. Nun aber war die Bahn gebrochen und nicht
lange dauerte es mehr, daß auch noch andere Blätter auftauchten. Zuerst
war es Campbells Nachfolger in seinem Amt als Postdirector, William
Brooker, der am 18. Decbr. 172Y die Boston Gazette gründete. Diese Pub¬
lication war ein heftiger Schlag für den alten Campbell, der sich eines Tages
in folgenden Ausdrücken in seinem Blatt über den neuen Concurrenten er¬
ging: „Ich beklage die Leser des kürzlich gegründeten Journals: seine Blätter
riechen viel mehr nach starkem Bier als nach Studiosen Oel; es ist keine Lec¬
türe für anständige, ehrbare Leute." Doch ungeachtet der Boston Gazette
blieb der Boston News-Letter, oder wie er gewöhnlich genannt wurde, das
„alte Journal." ein einträgliches Geschäft: Campbell zog sich von demselben


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 30, 1871, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341813_126315/453>, abgerufen am 25.07.2024.