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Die Grenzboten. Jg. 30, 1871, II. Semester. I. Band.

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thut der unabhängigen Macht der andern Schaden. Wir wollen nicht ver¬
fehlen, wo sich die Gelegenheit bietet, Englands Einfluß, sei er nun klein
oder groß, für die Wohlfahrt, für den Frieden und 5>le Ruhe Europas und
der Nationen insbesondere, die dem Herzen des Volkes so theuer sind, zu ver¬
werthen."

Die Rede des Premiers wurde mit so großem Beifall aufgenommen, daß
Baillie-Cochrane seine Motion darauf zurückzog. (Schluß folgt.)




KausmusiK.
in.

In Bildergallerien oder Kupferstichsammlungen stößt man häufig auf
Darstellungen, besonders älterer Niederländer, welche das musikalische Familien¬
leben in höchst reizender und anmuthiger Weise schildern. Diese alten Maler
waren nicht selten selbst sehr tüchtige Musiker. Eine Laute, eine Geige, ein
Cello, Notenbücher fanden sich in allen Ateliers und sie versäumen nie diese
wichtigen Gegenstände auf allen Gemälden anzubringen, die uns einen Blick
in ihre Werkstätten gestatten. Ja sich selbst konterfeien sie mit Vorliebe in
Situationen ab, in denen sie gerade und zwar nach Herzenslust singen oder
spielen. Wo aber zwei edle Künste so enge verschwistert erscheinen, darf nicht
überraschen, daß diese Meister, denen die Genremalerei so bewundernswürdige
Leistungen verdankt, gerne musikalische Scenen zum Vorwurfe ihrer Schilde¬
reien wählten, und so sehen wir denn auf ihren Bildern bald eine liebliche
Dame singend dargestellt, während ein zärtlicher Freund, ein schmachtender
Seladon sie auf der Theorbe oder Laute ciccompagnirt; oder eine kleine Ge¬
sellschaft hat sich zusammengefunden um sich am Gesang und Saitenspiel zu
ergötzen. Da singen denn frohe Mädchen unter Begleitung von Violen und
Gauden, zu denen vielleicht noch ein kostbares Spinett als füllendes und
leitendes Instrument tritt. Kein ländliches Fest wird gefeiert, kein froher
Schmaus abgehalten, wo nicht Fiedeln und Zinken thätig sind, heiterer
Chorgesang erschallt und tosende Paare im Reigen sich schlingen. Besonders
anziehend aber sind diejenigen Malereien, die ganze Familien, vom Gro߬
vater bis zu den Enkeln darstellen, die um den runden Tisch gruppirr,
jedes sein Stimmheft vor sich, alle ernsthaft und andächtig, nach dem Takte,
den eines von der Gesellschaft schlägt, singen. Solcher Kantorei gegenüber
fühlt und empfindet man eigentlich erst recht, was es um die Hausmusik
ist und sein sollte. Oft schon ist uns die Frage vor die Seele getreten: wie


thut der unabhängigen Macht der andern Schaden. Wir wollen nicht ver¬
fehlen, wo sich die Gelegenheit bietet, Englands Einfluß, sei er nun klein
oder groß, für die Wohlfahrt, für den Frieden und 5>le Ruhe Europas und
der Nationen insbesondere, die dem Herzen des Volkes so theuer sind, zu ver¬
werthen."

Die Rede des Premiers wurde mit so großem Beifall aufgenommen, daß
Baillie-Cochrane seine Motion darauf zurückzog. (Schluß folgt.)




KausmusiK.
in.

In Bildergallerien oder Kupferstichsammlungen stößt man häufig auf
Darstellungen, besonders älterer Niederländer, welche das musikalische Familien¬
leben in höchst reizender und anmuthiger Weise schildern. Diese alten Maler
waren nicht selten selbst sehr tüchtige Musiker. Eine Laute, eine Geige, ein
Cello, Notenbücher fanden sich in allen Ateliers und sie versäumen nie diese
wichtigen Gegenstände auf allen Gemälden anzubringen, die uns einen Blick
in ihre Werkstätten gestatten. Ja sich selbst konterfeien sie mit Vorliebe in
Situationen ab, in denen sie gerade und zwar nach Herzenslust singen oder
spielen. Wo aber zwei edle Künste so enge verschwistert erscheinen, darf nicht
überraschen, daß diese Meister, denen die Genremalerei so bewundernswürdige
Leistungen verdankt, gerne musikalische Scenen zum Vorwurfe ihrer Schilde¬
reien wählten, und so sehen wir denn auf ihren Bildern bald eine liebliche
Dame singend dargestellt, während ein zärtlicher Freund, ein schmachtender
Seladon sie auf der Theorbe oder Laute ciccompagnirt; oder eine kleine Ge¬
sellschaft hat sich zusammengefunden um sich am Gesang und Saitenspiel zu
ergötzen. Da singen denn frohe Mädchen unter Begleitung von Violen und
Gauden, zu denen vielleicht noch ein kostbares Spinett als füllendes und
leitendes Instrument tritt. Kein ländliches Fest wird gefeiert, kein froher
Schmaus abgehalten, wo nicht Fiedeln und Zinken thätig sind, heiterer
Chorgesang erschallt und tosende Paare im Reigen sich schlingen. Besonders
anziehend aber sind diejenigen Malereien, die ganze Familien, vom Gro߬
vater bis zu den Enkeln darstellen, die um den runden Tisch gruppirr,
jedes sein Stimmheft vor sich, alle ernsthaft und andächtig, nach dem Takte,
den eines von der Gesellschaft schlägt, singen. Solcher Kantorei gegenüber
fühlt und empfindet man eigentlich erst recht, was es um die Hausmusik
ist und sein sollte. Oft schon ist uns die Frage vor die Seele getreten: wie


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[0418] thut der unabhängigen Macht der andern Schaden. Wir wollen nicht ver¬ fehlen, wo sich die Gelegenheit bietet, Englands Einfluß, sei er nun klein oder groß, für die Wohlfahrt, für den Frieden und 5>le Ruhe Europas und der Nationen insbesondere, die dem Herzen des Volkes so theuer sind, zu ver¬ werthen." Die Rede des Premiers wurde mit so großem Beifall aufgenommen, daß Baillie-Cochrane seine Motion darauf zurückzog. (Schluß folgt.) KausmusiK. in. In Bildergallerien oder Kupferstichsammlungen stößt man häufig auf Darstellungen, besonders älterer Niederländer, welche das musikalische Familien¬ leben in höchst reizender und anmuthiger Weise schildern. Diese alten Maler waren nicht selten selbst sehr tüchtige Musiker. Eine Laute, eine Geige, ein Cello, Notenbücher fanden sich in allen Ateliers und sie versäumen nie diese wichtigen Gegenstände auf allen Gemälden anzubringen, die uns einen Blick in ihre Werkstätten gestatten. Ja sich selbst konterfeien sie mit Vorliebe in Situationen ab, in denen sie gerade und zwar nach Herzenslust singen oder spielen. Wo aber zwei edle Künste so enge verschwistert erscheinen, darf nicht überraschen, daß diese Meister, denen die Genremalerei so bewundernswürdige Leistungen verdankt, gerne musikalische Scenen zum Vorwurfe ihrer Schilde¬ reien wählten, und so sehen wir denn auf ihren Bildern bald eine liebliche Dame singend dargestellt, während ein zärtlicher Freund, ein schmachtender Seladon sie auf der Theorbe oder Laute ciccompagnirt; oder eine kleine Ge¬ sellschaft hat sich zusammengefunden um sich am Gesang und Saitenspiel zu ergötzen. Da singen denn frohe Mädchen unter Begleitung von Violen und Gauden, zu denen vielleicht noch ein kostbares Spinett als füllendes und leitendes Instrument tritt. Kein ländliches Fest wird gefeiert, kein froher Schmaus abgehalten, wo nicht Fiedeln und Zinken thätig sind, heiterer Chorgesang erschallt und tosende Paare im Reigen sich schlingen. Besonders anziehend aber sind diejenigen Malereien, die ganze Familien, vom Gro߬ vater bis zu den Enkeln darstellen, die um den runden Tisch gruppirr, jedes sein Stimmheft vor sich, alle ernsthaft und andächtig, nach dem Takte, den eines von der Gesellschaft schlägt, singen. Solcher Kantorei gegenüber fühlt und empfindet man eigentlich erst recht, was es um die Hausmusik ist und sein sollte. Oft schon ist uns die Frage vor die Seele getreten: wie

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 30, 1871, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341813_126315/418>, abgerufen am 24.07.2024.