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Die Grenzboten. Jg. 30, 1871, II. Semester. I. Band.

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Mittelweg betreten und dabei in klarer und überzeugender Weise den streitigen
Gegenstand behandelt. Der Tod ereilte ihn in seinem Berufe, als das Buch
im Drucke der Vollendung nahe war, vor Straßburg, dessen Belagerungs-
eorps er mit zugetheilt war. Sein Bruder, der a. o. Professor der Geschichte
an der Universität zu Halle. Gustav Hertzberg, hat es zum Abschluß gebracht.
Auch er ist bereits als Schriftsteller bekannt.*)

Unter den schon vorausgegangenen Schriften, die in entgegengesetzter
Ansicht den Gegenstand besprechen, nennen wir hier zwei, die besonders der
Beachtung werth sind, nämlich:

1) "Stadtbefestigung oder reine Militairfestung, sowie über die nothwen¬
digen Veränderungen in der permanenten Befestigung." Berlin, Expedition der
Militärischen Blätter, 1869. Und

2) "Entwurf eines neuen Landesvertheidigungs-Systems, basirt auf der
gänzlichen Entfestigung sämmtlicher Stadtfestungen. Von v. Wedelstädt,
Major a. D., Verfasser von: "Stadtbefestigung oder reine Militairfestung" !t.
Leipzig, O. Wigand, 1870"**). Beide Schriften sind somit von ein und
demselben Verfasser und zwar von einem Militair; sie bilden daher ein Ganzes
und Zusammenhängendes, wobei natürlich häufige Wiederholungen nicht aus¬
bleiben. Sie verfolgen die eine Idee der Entfestigung aller Festungsstädte.
Diesen größeren Arbeiten gesellten sich noch Broschüren und längere Artikel
in verschiedenen Zeitungen von Berufenen und Unberufenen zu. Da Köln
eben als Festung verstärkt werden sollte, so regte sich besonders dort eine
starke Opposition, aus der mehrere Schriften hervorgingen, namentlich die des
Dr. Weinhagen, welche die "Kölner Festungsfrage" eingehender behandelte. Die
"Kölner Zeitung" brachte von diesem Standpunkt aus Weiteres.

Ehe wir indessen näher auf den Gegenstand eingehen, halten wir für
geboten, ihn im Allgemeinen, wenn auch kurz, näher abzugränzen, um eine
etwas festere Basis beim Aufbau dieser Zeitfrage zu gewinnen.

Man vertrat nämlich längst vor dem letztem Kriege, und zwar auch von
militairischer Seite, die Ansicht: daß bei der neueren Art der Kriegführung
die festen Plätze, besonders aber die 2. Ranges, nicht die Bedeutung mehr
hätten, als früher, daß man sie daher bei größeren Operationen weniger
beachte, an ihnen vorüberziehe, um die Kräfte nicht unnützer Weise zu
zersplittern und sie höchsten Falles nur beobachten lasse. Wären dergleichen
Plätze somit so gut als überflüssig, so ergebe sich dabei auch, daß beim Weg-




-) Geschichte Griechenlands unter der Herrschaft der Römer. Von Hechberg. 2 Bände.
Halle, 1866.
-) Eine tiefer eingehende Besprechung der beiden genannten Schriften mit mannichfachen
Anzweifeln und Widerlegen findet man in der Preußischen Militär-Literatur-Zeitung, Jahr¬
gang 1870, Heft 8, Seite 366 bis 372.

Mittelweg betreten und dabei in klarer und überzeugender Weise den streitigen
Gegenstand behandelt. Der Tod ereilte ihn in seinem Berufe, als das Buch
im Drucke der Vollendung nahe war, vor Straßburg, dessen Belagerungs-
eorps er mit zugetheilt war. Sein Bruder, der a. o. Professor der Geschichte
an der Universität zu Halle. Gustav Hertzberg, hat es zum Abschluß gebracht.
Auch er ist bereits als Schriftsteller bekannt.*)

Unter den schon vorausgegangenen Schriften, die in entgegengesetzter
Ansicht den Gegenstand besprechen, nennen wir hier zwei, die besonders der
Beachtung werth sind, nämlich:

1) „Stadtbefestigung oder reine Militairfestung, sowie über die nothwen¬
digen Veränderungen in der permanenten Befestigung." Berlin, Expedition der
Militärischen Blätter, 1869. Und

2) „Entwurf eines neuen Landesvertheidigungs-Systems, basirt auf der
gänzlichen Entfestigung sämmtlicher Stadtfestungen. Von v. Wedelstädt,
Major a. D., Verfasser von: „Stadtbefestigung oder reine Militairfestung" !t.
Leipzig, O. Wigand, 1870"**). Beide Schriften sind somit von ein und
demselben Verfasser und zwar von einem Militair; sie bilden daher ein Ganzes
und Zusammenhängendes, wobei natürlich häufige Wiederholungen nicht aus¬
bleiben. Sie verfolgen die eine Idee der Entfestigung aller Festungsstädte.
Diesen größeren Arbeiten gesellten sich noch Broschüren und längere Artikel
in verschiedenen Zeitungen von Berufenen und Unberufenen zu. Da Köln
eben als Festung verstärkt werden sollte, so regte sich besonders dort eine
starke Opposition, aus der mehrere Schriften hervorgingen, namentlich die des
Dr. Weinhagen, welche die „Kölner Festungsfrage" eingehender behandelte. Die
„Kölner Zeitung" brachte von diesem Standpunkt aus Weiteres.

Ehe wir indessen näher auf den Gegenstand eingehen, halten wir für
geboten, ihn im Allgemeinen, wenn auch kurz, näher abzugränzen, um eine
etwas festere Basis beim Aufbau dieser Zeitfrage zu gewinnen.

Man vertrat nämlich längst vor dem letztem Kriege, und zwar auch von
militairischer Seite, die Ansicht: daß bei der neueren Art der Kriegführung
die festen Plätze, besonders aber die 2. Ranges, nicht die Bedeutung mehr
hätten, als früher, daß man sie daher bei größeren Operationen weniger
beachte, an ihnen vorüberziehe, um die Kräfte nicht unnützer Weise zu
zersplittern und sie höchsten Falles nur beobachten lasse. Wären dergleichen
Plätze somit so gut als überflüssig, so ergebe sich dabei auch, daß beim Weg-




-) Geschichte Griechenlands unter der Herrschaft der Römer. Von Hechberg. 2 Bände.
Halle, 1866.
-) Eine tiefer eingehende Besprechung der beiden genannten Schriften mit mannichfachen
Anzweifeln und Widerlegen findet man in der Preußischen Militär-Literatur-Zeitung, Jahr¬
gang 1870, Heft 8, Seite 366 bis 372.
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[0387] Mittelweg betreten und dabei in klarer und überzeugender Weise den streitigen Gegenstand behandelt. Der Tod ereilte ihn in seinem Berufe, als das Buch im Drucke der Vollendung nahe war, vor Straßburg, dessen Belagerungs- eorps er mit zugetheilt war. Sein Bruder, der a. o. Professor der Geschichte an der Universität zu Halle. Gustav Hertzberg, hat es zum Abschluß gebracht. Auch er ist bereits als Schriftsteller bekannt.*) Unter den schon vorausgegangenen Schriften, die in entgegengesetzter Ansicht den Gegenstand besprechen, nennen wir hier zwei, die besonders der Beachtung werth sind, nämlich: 1) „Stadtbefestigung oder reine Militairfestung, sowie über die nothwen¬ digen Veränderungen in der permanenten Befestigung." Berlin, Expedition der Militärischen Blätter, 1869. Und 2) „Entwurf eines neuen Landesvertheidigungs-Systems, basirt auf der gänzlichen Entfestigung sämmtlicher Stadtfestungen. Von v. Wedelstädt, Major a. D., Verfasser von: „Stadtbefestigung oder reine Militairfestung" !t. Leipzig, O. Wigand, 1870"**). Beide Schriften sind somit von ein und demselben Verfasser und zwar von einem Militair; sie bilden daher ein Ganzes und Zusammenhängendes, wobei natürlich häufige Wiederholungen nicht aus¬ bleiben. Sie verfolgen die eine Idee der Entfestigung aller Festungsstädte. Diesen größeren Arbeiten gesellten sich noch Broschüren und längere Artikel in verschiedenen Zeitungen von Berufenen und Unberufenen zu. Da Köln eben als Festung verstärkt werden sollte, so regte sich besonders dort eine starke Opposition, aus der mehrere Schriften hervorgingen, namentlich die des Dr. Weinhagen, welche die „Kölner Festungsfrage" eingehender behandelte. Die „Kölner Zeitung" brachte von diesem Standpunkt aus Weiteres. Ehe wir indessen näher auf den Gegenstand eingehen, halten wir für geboten, ihn im Allgemeinen, wenn auch kurz, näher abzugränzen, um eine etwas festere Basis beim Aufbau dieser Zeitfrage zu gewinnen. Man vertrat nämlich längst vor dem letztem Kriege, und zwar auch von militairischer Seite, die Ansicht: daß bei der neueren Art der Kriegführung die festen Plätze, besonders aber die 2. Ranges, nicht die Bedeutung mehr hätten, als früher, daß man sie daher bei größeren Operationen weniger beachte, an ihnen vorüberziehe, um die Kräfte nicht unnützer Weise zu zersplittern und sie höchsten Falles nur beobachten lasse. Wären dergleichen Plätze somit so gut als überflüssig, so ergebe sich dabei auch, daß beim Weg- -) Geschichte Griechenlands unter der Herrschaft der Römer. Von Hechberg. 2 Bände. Halle, 1866. -) Eine tiefer eingehende Besprechung der beiden genannten Schriften mit mannichfachen Anzweifeln und Widerlegen findet man in der Preußischen Militär-Literatur-Zeitung, Jahr¬ gang 1870, Heft 8, Seite 366 bis 372.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 30, 1871, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341813_126315/387>, abgerufen am 24.07.2024.