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Die Grenzboten. Jg. 30, 1871, II. Semester. I. Band.

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im Mittelgrunde des Chores von dessen Bruder FraDamiano ausgeführt wurden.
Im Jahre 1854 wurden die Schnitzereien von Federigo Benvenuti, die Jntar-
sienarbeiten von Federigo Lancetti von Perugia restaurirt, und zwar nicht schlecht,
wie denn in verschiedenen Städten Italiens diese Zweige des Kunstbaugewerkes
noch heute mit vielem Geschick ausgeübt werden. -- Auch das im Chor befind-
liche Lesepult ist ein werthvolles, wenn auch späteres Werk derselben Gattung.
Ebenso sind zwei vergoldete Sandsteinkanzeln von Francesco ti Guido
aus den Jahren 1517 und 1521 geschmackvolle decorative Arbeiten. --

Links vom Chor im Vorderschiff ist sodann ein Marmoraltar zu sehen,
der, wie die Inschrift besagt, von D. Baglione, Doctor der Rechte von Monte
Vibiano, im Jahre 1473 errichtet wurde. Dieses Datum stimmt vortrefflich
zu der Epoche, da Mino da Fisole von Florenz nach Rom übersiedelte
und da außerdem die Haupttheile dieses Ciboriums unzweifelhaft seinen Stil
an sich tragen, so darf man es ohne Bedenken ihm zuschreiben. Hier findet
sich auch das gewöhnliche Motiv wieder, das er in solchen Arbeiten, so z. B.
in der Capelle Medici in S. Croce zu Florenz anzuwenden pflegte: Perspecti-
vische Ansicht eines Kirchenschiffes mit Pilastern, Tonnengewölben, Bogen,
an beiden Seiten Heilige, in der Mitte das Christkind mit Engeln. Die Ein¬
rahmung mit derberen Rankenornamenten, als sie ihm eigen waren, sowie
der Giebel müssen jedoch aus späterer Zeit stammen. -- Daneben befindet sich
eine hübsche Renaissancekapelle aus dem fünfzehnten Jahrhundert, deren Ein-
gangspilaster nur etwas plump sind. ^

Endlich ist die Sacristei noch in hohem Grade sehenswerth durch die har¬
monische Ausmalung des Kreuzgewölbes und der Wände; durch die trefflichen
Intarsien der Wandschränke vom Jahre 1472; durch ein Jugendbild Raphaels;
eine in den Farben prächtige Verhöhnung Christi von Bassano; eine schöne
Madonna des Parmigianino, sowie fünf Bildchen des Perugino, welche Halb¬
figuren von Heiligen darstellen und sich durch eine frischere Charakteristik aus¬
zeichnen, als meist seine großen Andachtsbilder. Auch eine gut componirte
achteckige, reich ornamentirte, wenn auch schon etwas rohe Kanzel des töten
Jahrhunderts verdient Erwähnung.

Des Abends hatten wir unsere Freude an der wogenden Menge von
Spaziergängern im Corso, sowie an dem prächtigen malerischen Anblick des
Domplatzes bei klarem Nachthimmel und silbernem Monde, der gerade über
dem mächtigen Palazzo publico schwebte.




im Mittelgrunde des Chores von dessen Bruder FraDamiano ausgeführt wurden.
Im Jahre 1854 wurden die Schnitzereien von Federigo Benvenuti, die Jntar-
sienarbeiten von Federigo Lancetti von Perugia restaurirt, und zwar nicht schlecht,
wie denn in verschiedenen Städten Italiens diese Zweige des Kunstbaugewerkes
noch heute mit vielem Geschick ausgeübt werden. — Auch das im Chor befind-
liche Lesepult ist ein werthvolles, wenn auch späteres Werk derselben Gattung.
Ebenso sind zwei vergoldete Sandsteinkanzeln von Francesco ti Guido
aus den Jahren 1517 und 1521 geschmackvolle decorative Arbeiten. —

Links vom Chor im Vorderschiff ist sodann ein Marmoraltar zu sehen,
der, wie die Inschrift besagt, von D. Baglione, Doctor der Rechte von Monte
Vibiano, im Jahre 1473 errichtet wurde. Dieses Datum stimmt vortrefflich
zu der Epoche, da Mino da Fisole von Florenz nach Rom übersiedelte
und da außerdem die Haupttheile dieses Ciboriums unzweifelhaft seinen Stil
an sich tragen, so darf man es ohne Bedenken ihm zuschreiben. Hier findet
sich auch das gewöhnliche Motiv wieder, das er in solchen Arbeiten, so z. B.
in der Capelle Medici in S. Croce zu Florenz anzuwenden pflegte: Perspecti-
vische Ansicht eines Kirchenschiffes mit Pilastern, Tonnengewölben, Bogen,
an beiden Seiten Heilige, in der Mitte das Christkind mit Engeln. Die Ein¬
rahmung mit derberen Rankenornamenten, als sie ihm eigen waren, sowie
der Giebel müssen jedoch aus späterer Zeit stammen. — Daneben befindet sich
eine hübsche Renaissancekapelle aus dem fünfzehnten Jahrhundert, deren Ein-
gangspilaster nur etwas plump sind. ^

Endlich ist die Sacristei noch in hohem Grade sehenswerth durch die har¬
monische Ausmalung des Kreuzgewölbes und der Wände; durch die trefflichen
Intarsien der Wandschränke vom Jahre 1472; durch ein Jugendbild Raphaels;
eine in den Farben prächtige Verhöhnung Christi von Bassano; eine schöne
Madonna des Parmigianino, sowie fünf Bildchen des Perugino, welche Halb¬
figuren von Heiligen darstellen und sich durch eine frischere Charakteristik aus¬
zeichnen, als meist seine großen Andachtsbilder. Auch eine gut componirte
achteckige, reich ornamentirte, wenn auch schon etwas rohe Kanzel des töten
Jahrhunderts verdient Erwähnung.

Des Abends hatten wir unsere Freude an der wogenden Menge von
Spaziergängern im Corso, sowie an dem prächtigen malerischen Anblick des
Domplatzes bei klarem Nachthimmel und silbernem Monde, der gerade über
dem mächtigen Palazzo publico schwebte.




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[0349] im Mittelgrunde des Chores von dessen Bruder FraDamiano ausgeführt wurden. Im Jahre 1854 wurden die Schnitzereien von Federigo Benvenuti, die Jntar- sienarbeiten von Federigo Lancetti von Perugia restaurirt, und zwar nicht schlecht, wie denn in verschiedenen Städten Italiens diese Zweige des Kunstbaugewerkes noch heute mit vielem Geschick ausgeübt werden. — Auch das im Chor befind- liche Lesepult ist ein werthvolles, wenn auch späteres Werk derselben Gattung. Ebenso sind zwei vergoldete Sandsteinkanzeln von Francesco ti Guido aus den Jahren 1517 und 1521 geschmackvolle decorative Arbeiten. — Links vom Chor im Vorderschiff ist sodann ein Marmoraltar zu sehen, der, wie die Inschrift besagt, von D. Baglione, Doctor der Rechte von Monte Vibiano, im Jahre 1473 errichtet wurde. Dieses Datum stimmt vortrefflich zu der Epoche, da Mino da Fisole von Florenz nach Rom übersiedelte und da außerdem die Haupttheile dieses Ciboriums unzweifelhaft seinen Stil an sich tragen, so darf man es ohne Bedenken ihm zuschreiben. Hier findet sich auch das gewöhnliche Motiv wieder, das er in solchen Arbeiten, so z. B. in der Capelle Medici in S. Croce zu Florenz anzuwenden pflegte: Perspecti- vische Ansicht eines Kirchenschiffes mit Pilastern, Tonnengewölben, Bogen, an beiden Seiten Heilige, in der Mitte das Christkind mit Engeln. Die Ein¬ rahmung mit derberen Rankenornamenten, als sie ihm eigen waren, sowie der Giebel müssen jedoch aus späterer Zeit stammen. — Daneben befindet sich eine hübsche Renaissancekapelle aus dem fünfzehnten Jahrhundert, deren Ein- gangspilaster nur etwas plump sind. ^ Endlich ist die Sacristei noch in hohem Grade sehenswerth durch die har¬ monische Ausmalung des Kreuzgewölbes und der Wände; durch die trefflichen Intarsien der Wandschränke vom Jahre 1472; durch ein Jugendbild Raphaels; eine in den Farben prächtige Verhöhnung Christi von Bassano; eine schöne Madonna des Parmigianino, sowie fünf Bildchen des Perugino, welche Halb¬ figuren von Heiligen darstellen und sich durch eine frischere Charakteristik aus¬ zeichnen, als meist seine großen Andachtsbilder. Auch eine gut componirte achteckige, reich ornamentirte, wenn auch schon etwas rohe Kanzel des töten Jahrhunderts verdient Erwähnung. Des Abends hatten wir unsere Freude an der wogenden Menge von Spaziergängern im Corso, sowie an dem prächtigen malerischen Anblick des Domplatzes bei klarem Nachthimmel und silbernem Monde, der gerade über dem mächtigen Palazzo publico schwebte.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 30, 1871, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341813_126315/349>, abgerufen am 24.07.2024.