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Die Grenzboten. Jg. 30, 1871, II. Semester. I. Band.

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goldner Inschrift hin, über welchem, in leichtem Relief, eine Lünette aus
bemaltem Stuck angebracht ist, mit musicirenden und festonhaltenden
Putten, mit einer Madonna und zwei anbetenden Engeln aus Terraeotta,
sowie mit zwei fliegenden Engeln, welche sie krönen. Zu beiden Seiten und
auf der Lünette stehen 3 weitere Putten aus Terraeotta, welche ein an die
Wand gemaltes, und zu beiden Seiten des Altars herabhängendes schweres
Fruchtgewinde halten. Alles war ursprünglich bemalt, roth, blau, fleisch¬
farbig, grün, und golden. -- Agostino d'Antonio gründete in der Nähe
von Perugia eine Werkstätte für die Bereitung glasirter Terracotten, gelangte
darin aber bei weitem nicht zu solcher Vollendung wie die Robbia's und wie
besonders Luc" della Nobbia, da heut zu Tage an seinen Terracottafiguren
die Glasur wie die Farben größtentheils abgeblättert oder oxidirt sind. In
S. Domenico befindet sich außerdem eine der schönsten Sculpturen aus der
italisch-gothischen Zeit, das Grab des im Jahre 1304 zu Perugia verstorbenen Pap¬
stes Benedicts XI. von Giovanni Pisano. Das Hauptmotiv, das wohl allen
italisch" gothischen Gräbern vom Ende des 13. und Anfang des 14. Jahrhun¬
derts gemeinsam ist, findet sich auch hier vor: der auf Säulen ruhende spitz-
gieblige Baldachin mit Kleeblattausschnitt und mit seitlichen Pinnakeln oder
Thürmchen, ein Motiv, das außerdem auch bei den gleichzeitigen Altären, Bi¬
schofstühlen u. s. w. natürlich mit den nöthigen Modificationen, vorkommt.
Dieser Baldachin ruht gewöhnlich, und so auch hier, auf mehrgliedrigen, mit
Mosaik und ornamentaler Sculptur geschmückten Postamenten. Innerhalb
des Schutzdaches steht dann der einfache, viereckig-oblong geformte, aber eben¬
falls mit Mosaik und Ornamentik geschmückte Sarg, auf dem der Todte ruht,
während zwei Engel zu beiden Seiten einen Vorhang zurückziehen. In die¬
sem Grab des Giovanni Pisano erhebt sich über dem Todtenbett
aber noch, ziemlich seltsamer und unmotivirter Weise, eine zweite, sargähnliche
Kiste, von der man nicht sieht, wie sie getragen wird. Darauf steht ein go¬
thisches Triptychon mit Madonna und Heiligen. -- Was vor diesem Grab
die Seele vor Allem lange mit Wohlbehagen erfüllt, das ist die äußerst feine
und liebevolle Weise, womit die Details dieses Monuments vom Boden bis
zur Spitze ausgeführt sind, ferner die wirklich eleganten, allerdings alles eher
als gothischen Ornamente, womit Postament und Sarg geschmückt sind, sowie
endlich der herrliche Ausdruck in den Gesichtern der Engel und der oberen
Figuren. Es hat dieses Grab viel Aehnlichkeit mit demjenigen des Guillaume
de Braye, das Arnolfo im Jahre 1290 in S. Domenico zu Orvieto errichtete.

Im Chor derselben Kirche sind endlich noch sehr schöne farbige Glas¬
fenster vom Ende des 14. oder Anfang des 13. Jahrhunderts zu sehen, mit
acht Heiligenfiguren in gothischen Tabernakeln. Die vorherrschenden Farben
sind Blau, zwei Hellgrüne, zwei Blutrothe, während Gold die Ver-


goldner Inschrift hin, über welchem, in leichtem Relief, eine Lünette aus
bemaltem Stuck angebracht ist, mit musicirenden und festonhaltenden
Putten, mit einer Madonna und zwei anbetenden Engeln aus Terraeotta,
sowie mit zwei fliegenden Engeln, welche sie krönen. Zu beiden Seiten und
auf der Lünette stehen 3 weitere Putten aus Terraeotta, welche ein an die
Wand gemaltes, und zu beiden Seiten des Altars herabhängendes schweres
Fruchtgewinde halten. Alles war ursprünglich bemalt, roth, blau, fleisch¬
farbig, grün, und golden. — Agostino d'Antonio gründete in der Nähe
von Perugia eine Werkstätte für die Bereitung glasirter Terracotten, gelangte
darin aber bei weitem nicht zu solcher Vollendung wie die Robbia's und wie
besonders Luc« della Nobbia, da heut zu Tage an seinen Terracottafiguren
die Glasur wie die Farben größtentheils abgeblättert oder oxidirt sind. In
S. Domenico befindet sich außerdem eine der schönsten Sculpturen aus der
italisch-gothischen Zeit, das Grab des im Jahre 1304 zu Perugia verstorbenen Pap¬
stes Benedicts XI. von Giovanni Pisano. Das Hauptmotiv, das wohl allen
italisch« gothischen Gräbern vom Ende des 13. und Anfang des 14. Jahrhun¬
derts gemeinsam ist, findet sich auch hier vor: der auf Säulen ruhende spitz-
gieblige Baldachin mit Kleeblattausschnitt und mit seitlichen Pinnakeln oder
Thürmchen, ein Motiv, das außerdem auch bei den gleichzeitigen Altären, Bi¬
schofstühlen u. s. w. natürlich mit den nöthigen Modificationen, vorkommt.
Dieser Baldachin ruht gewöhnlich, und so auch hier, auf mehrgliedrigen, mit
Mosaik und ornamentaler Sculptur geschmückten Postamenten. Innerhalb
des Schutzdaches steht dann der einfache, viereckig-oblong geformte, aber eben¬
falls mit Mosaik und Ornamentik geschmückte Sarg, auf dem der Todte ruht,
während zwei Engel zu beiden Seiten einen Vorhang zurückziehen. In die¬
sem Grab des Giovanni Pisano erhebt sich über dem Todtenbett
aber noch, ziemlich seltsamer und unmotivirter Weise, eine zweite, sargähnliche
Kiste, von der man nicht sieht, wie sie getragen wird. Darauf steht ein go¬
thisches Triptychon mit Madonna und Heiligen. — Was vor diesem Grab
die Seele vor Allem lange mit Wohlbehagen erfüllt, das ist die äußerst feine
und liebevolle Weise, womit die Details dieses Monuments vom Boden bis
zur Spitze ausgeführt sind, ferner die wirklich eleganten, allerdings alles eher
als gothischen Ornamente, womit Postament und Sarg geschmückt sind, sowie
endlich der herrliche Ausdruck in den Gesichtern der Engel und der oberen
Figuren. Es hat dieses Grab viel Aehnlichkeit mit demjenigen des Guillaume
de Braye, das Arnolfo im Jahre 1290 in S. Domenico zu Orvieto errichtete.

Im Chor derselben Kirche sind endlich noch sehr schöne farbige Glas¬
fenster vom Ende des 14. oder Anfang des 13. Jahrhunderts zu sehen, mit
acht Heiligenfiguren in gothischen Tabernakeln. Die vorherrschenden Farben
sind Blau, zwei Hellgrüne, zwei Blutrothe, während Gold die Ver-


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[0347] goldner Inschrift hin, über welchem, in leichtem Relief, eine Lünette aus bemaltem Stuck angebracht ist, mit musicirenden und festonhaltenden Putten, mit einer Madonna und zwei anbetenden Engeln aus Terraeotta, sowie mit zwei fliegenden Engeln, welche sie krönen. Zu beiden Seiten und auf der Lünette stehen 3 weitere Putten aus Terraeotta, welche ein an die Wand gemaltes, und zu beiden Seiten des Altars herabhängendes schweres Fruchtgewinde halten. Alles war ursprünglich bemalt, roth, blau, fleisch¬ farbig, grün, und golden. — Agostino d'Antonio gründete in der Nähe von Perugia eine Werkstätte für die Bereitung glasirter Terracotten, gelangte darin aber bei weitem nicht zu solcher Vollendung wie die Robbia's und wie besonders Luc« della Nobbia, da heut zu Tage an seinen Terracottafiguren die Glasur wie die Farben größtentheils abgeblättert oder oxidirt sind. In S. Domenico befindet sich außerdem eine der schönsten Sculpturen aus der italisch-gothischen Zeit, das Grab des im Jahre 1304 zu Perugia verstorbenen Pap¬ stes Benedicts XI. von Giovanni Pisano. Das Hauptmotiv, das wohl allen italisch« gothischen Gräbern vom Ende des 13. und Anfang des 14. Jahrhun¬ derts gemeinsam ist, findet sich auch hier vor: der auf Säulen ruhende spitz- gieblige Baldachin mit Kleeblattausschnitt und mit seitlichen Pinnakeln oder Thürmchen, ein Motiv, das außerdem auch bei den gleichzeitigen Altären, Bi¬ schofstühlen u. s. w. natürlich mit den nöthigen Modificationen, vorkommt. Dieser Baldachin ruht gewöhnlich, und so auch hier, auf mehrgliedrigen, mit Mosaik und ornamentaler Sculptur geschmückten Postamenten. Innerhalb des Schutzdaches steht dann der einfache, viereckig-oblong geformte, aber eben¬ falls mit Mosaik und Ornamentik geschmückte Sarg, auf dem der Todte ruht, während zwei Engel zu beiden Seiten einen Vorhang zurückziehen. In die¬ sem Grab des Giovanni Pisano erhebt sich über dem Todtenbett aber noch, ziemlich seltsamer und unmotivirter Weise, eine zweite, sargähnliche Kiste, von der man nicht sieht, wie sie getragen wird. Darauf steht ein go¬ thisches Triptychon mit Madonna und Heiligen. — Was vor diesem Grab die Seele vor Allem lange mit Wohlbehagen erfüllt, das ist die äußerst feine und liebevolle Weise, womit die Details dieses Monuments vom Boden bis zur Spitze ausgeführt sind, ferner die wirklich eleganten, allerdings alles eher als gothischen Ornamente, womit Postament und Sarg geschmückt sind, sowie endlich der herrliche Ausdruck in den Gesichtern der Engel und der oberen Figuren. Es hat dieses Grab viel Aehnlichkeit mit demjenigen des Guillaume de Braye, das Arnolfo im Jahre 1290 in S. Domenico zu Orvieto errichtete. Im Chor derselben Kirche sind endlich noch sehr schöne farbige Glas¬ fenster vom Ende des 14. oder Anfang des 13. Jahrhunderts zu sehen, mit acht Heiligenfiguren in gothischen Tabernakeln. Die vorherrschenden Farben sind Blau, zwei Hellgrüne, zwei Blutrothe, während Gold die Ver-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 30, 1871, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341813_126315/347>, abgerufen am 25.07.2024.