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Die Grenzboten. Jg. 30, 1871, II. Semester. I. Band.

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die Formen noch sind, so ausgezeichnet ist der Guß; der Meister ist leider
nicht bekannt, doch vielleicht in demselben Goldschmied Rosso von Perugia
zu suchen, der auch die oberste Schale des Brunnens goß. Auch das andere,
reich sculpirte Portal ist von zwei guelfischen Marmorlöwen flankirt. -- Im
Innern des Palastes befindet sich ein Gemälde des Dono Doni von Assisi:
"Julius III., wie er den Peruginern die von Paul III. unterdrückten Behör¬
den wiedergiebt," sowie treffliche Fresken des frischen und naiven Benedetto
Bonfigli vom Jahre 1W0, wo die Thaten des heiligen Ludwig, Bischofs von
Toulouse, sowie die Auffindung des Leichnams des heiligen Herculanus dar¬
gestellt sind. Ludwig wie Herculanus waren Schutzheilige der Stadt.

Dicht neben dem "Vg.Ig.5120 publico" befindet sich auf derselben Seite die
Wechselstube der ehemaligen Peruginer Kaufleute, genannt it eamdio. Der
mittlere Saal ist mit Fresken des Pietro Perugino ausgeschmückt, welche die
Transfiguration, die Anbetung der Hirten, Sibyllen und Propheten, sowie
berühmte Römer und Griechen an den Wänden, vier Tugenden und 7 Pla¬
neten mit Apollo in den Feldern der Decke darstellen. So einförmig sich die
Bewegungen und die Köpfe, zumal bei den stehenden Figuren wiederholen,
so harmonisch ist doch die Stimmung, welche vermittels der Farben in dem
ziemlich dunkeln Saal hervorgebracht wird. Von den prächtigen Holzschnitze¬
reien und Intarsien an den Bänken und Schreinen des anstoßenden Gemaches
ist schon genug und beredt von Anderen gesprochen worden. Ebenso soll in
Betreff der Capelle, deren Altarwand sich durch eine so treffliche Verschmelzung
von Architektur, Decoration und Malerei auszeichnet, hier , nur bemerkt
werden, daß der beste Punkt zum Genuß ihres hohen malerisch-architektonischen
Reizes die dem Eingang gegenüber befindliche Ecke ist.

Da wir einmal mit Perugino angefangen hatten, so beschlossen wir jetzt
die Akademie zu besuchen, wo man, wie in Parma von der Schule des
Coreggio, so von der seinigen sich das beste Bild machen kann. Ohne jedoch
den Anspruch zu erheben, als sollte hier eine erschöpfende oder auch nur me¬
thodische Darstellung der dort vertretenen Richtungen gegeben werden, wollen
wir nur den Eindruck zu reproduciren suchen, den uns dort diejenigen Ge¬
mälde machten, die uns am meisten anzogen. Von dem Sienesen Tad-
deo Bartolo sind besonders zwei Bilder von Heiligen und einer
Madonna hervorzuheben, die charakteristisch sind durch ihre tiefe Farbe, ihren
frommen, zum Theil mürrischen Ausdruck, sowie durch die schwarzen, bald
mystischen, bald fanatischen Augen. An einem Bild seines Neffen Domenico
Bartolo von Siena aus dem Jahre 1438 läßt sich der florentinische
Einfluß, dem er sich theilweise hingab, schon am besten daraus erkennen, daß
er die Scene, wo dem König Herodes und seiner Tochter der Kopf des Täu¬
fers dargebracht wird, fast ganz genau von einem Broncerelief des Dona-


die Formen noch sind, so ausgezeichnet ist der Guß; der Meister ist leider
nicht bekannt, doch vielleicht in demselben Goldschmied Rosso von Perugia
zu suchen, der auch die oberste Schale des Brunnens goß. Auch das andere,
reich sculpirte Portal ist von zwei guelfischen Marmorlöwen flankirt. — Im
Innern des Palastes befindet sich ein Gemälde des Dono Doni von Assisi:
„Julius III., wie er den Peruginern die von Paul III. unterdrückten Behör¬
den wiedergiebt," sowie treffliche Fresken des frischen und naiven Benedetto
Bonfigli vom Jahre 1W0, wo die Thaten des heiligen Ludwig, Bischofs von
Toulouse, sowie die Auffindung des Leichnams des heiligen Herculanus dar¬
gestellt sind. Ludwig wie Herculanus waren Schutzheilige der Stadt.

Dicht neben dem „Vg.Ig.5120 publico" befindet sich auf derselben Seite die
Wechselstube der ehemaligen Peruginer Kaufleute, genannt it eamdio. Der
mittlere Saal ist mit Fresken des Pietro Perugino ausgeschmückt, welche die
Transfiguration, die Anbetung der Hirten, Sibyllen und Propheten, sowie
berühmte Römer und Griechen an den Wänden, vier Tugenden und 7 Pla¬
neten mit Apollo in den Feldern der Decke darstellen. So einförmig sich die
Bewegungen und die Köpfe, zumal bei den stehenden Figuren wiederholen,
so harmonisch ist doch die Stimmung, welche vermittels der Farben in dem
ziemlich dunkeln Saal hervorgebracht wird. Von den prächtigen Holzschnitze¬
reien und Intarsien an den Bänken und Schreinen des anstoßenden Gemaches
ist schon genug und beredt von Anderen gesprochen worden. Ebenso soll in
Betreff der Capelle, deren Altarwand sich durch eine so treffliche Verschmelzung
von Architektur, Decoration und Malerei auszeichnet, hier , nur bemerkt
werden, daß der beste Punkt zum Genuß ihres hohen malerisch-architektonischen
Reizes die dem Eingang gegenüber befindliche Ecke ist.

Da wir einmal mit Perugino angefangen hatten, so beschlossen wir jetzt
die Akademie zu besuchen, wo man, wie in Parma von der Schule des
Coreggio, so von der seinigen sich das beste Bild machen kann. Ohne jedoch
den Anspruch zu erheben, als sollte hier eine erschöpfende oder auch nur me¬
thodische Darstellung der dort vertretenen Richtungen gegeben werden, wollen
wir nur den Eindruck zu reproduciren suchen, den uns dort diejenigen Ge¬
mälde machten, die uns am meisten anzogen. Von dem Sienesen Tad-
deo Bartolo sind besonders zwei Bilder von Heiligen und einer
Madonna hervorzuheben, die charakteristisch sind durch ihre tiefe Farbe, ihren
frommen, zum Theil mürrischen Ausdruck, sowie durch die schwarzen, bald
mystischen, bald fanatischen Augen. An einem Bild seines Neffen Domenico
Bartolo von Siena aus dem Jahre 1438 läßt sich der florentinische
Einfluß, dem er sich theilweise hingab, schon am besten daraus erkennen, daß
er die Scene, wo dem König Herodes und seiner Tochter der Kopf des Täu¬
fers dargebracht wird, fast ganz genau von einem Broncerelief des Dona-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 30, 1871, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341813_126315/343>, abgerufen am 24.07.2024.