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Die Grenzboten. Jg. 30, 1871, II. Semester. I. Band.

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Bedeutend productiver erscheint nunmehr auch nach unserer Uebersicht
Seckendorf, zu dessen "persischem Trinklied" wir noch die Zeit der Entstehung,
nämlich 23. April 1780 bemerken. Seine Arbeit über Ignatius Sancho
(XXXIII und XXXIV) ist theils durch die "I^cleres ok I^urencs Storno" und
die "I>ettei-L lion Ign^tius Lane:Jo, Lonclon 1782/ veranlaßt worden.

Bezüglich der Beiträge des Grafen F. L. zu Stolberg und des Prin¬
zen August von Gotha verweisen wir einfach auf unsere Uebersicht. Von
Letzterem selbst ist keine seiner Arbeiten veröffentlicht worden. Dasselbe gilt
von der Frau von Scharbe und der Frau von Werthern. Bemer¬
kenswert!) ist die Anonymität des Prinzen, der die Autorschaft seines Gedichtes
"Aus dem Malabarischen" (Se. XIX) hinter dem Namen "Löschenkohl". Wien
den 18. Januar 1782. zu verbergen suchte. Dieser Zusatz wurde von der Redaction
gestrichen; er ist aber ein Anhaltepunkt für die Entstehungszeit des Gedichtes.

Ueber die Beiträge des Fräulein von Goechhausen, die jedenfalls
mehr gearbeitet/ als wir ihr zuerkennen konnten, ist nur weniges zu sagen.
Ihr "An Litla" gerichtetes Gedicht (Stück XV) ist gekürzt in das Journal
übergegangen. Zweifelhaft bleibt, ob sie die Verfasserin des Gedichtes "An
die Nachtigall" (XXII. Se.) ist. in welchem Einsiedel namentlich den letzten
Vers umwandelte.

Daß der Auszug eines Briefes von W. Tischbein im Journal erschien,
kommt daher, weil der Hof sich für das Schicksal des Künstlers lebhaft inter-
essirte. Goethe und Merck thaten viel für denselben bei dem Herzog Carl
August und der Herzogin Amalia. Jedenfalls kam der Brief durch Goethe
oder Merck, der' dem Herzog mehrere Briefe Tischbein's mittheilte, in das
Journal.

Schließlich gibt uns das im X. Stück aufgezeichnete "Gespräch" zwischen
L. und D. Veranlassung zu einer wichtigen Bemerkung. Wir können nach
dem aufgefundenen Originalconcept bestimmt versichern, daß unter L. die
Gräfin Louise von Werthern, unter D., Carl von Dalberg verstanden werden
müssen. Unter N. ist neunseitigen zu verstehen und so können wir wohl ohne
Bedenken und auf Grund einer im Journal weggelassenen Originalcorrectur *)
einen der Brüder Dalberg's als Verfasser annehmen.

Ob es uns gelingen wird, die noch bestehenden Zweifel über das Tiefur-
ter Journal mit der Zeit zu beseitigen, bleibt fraglich. Daß aber von Wei¬
mar aus noch Manches für die Erforschung und Bereicherung der Literatur in
der classischen Periode gethan werden kann, dürfte dieser kleine Versuch zur
Gewißheit erhoben haben.



") Bei der Stelle Claviertöne meines Bruders findet sie sich: "Er spielt soeben. Graf
Werber declamirt das monodram (sie) Theseus; Cantor in neunseitigen singt Rollers Jona-
tas. Die Gräfin zopfte Gold aus; Leyer gähnte und sinnt wechselsweise auf kleine Schelme-
reyen; der Bediente putzt die Lichter und der Autor schreibt."

Bedeutend productiver erscheint nunmehr auch nach unserer Uebersicht
Seckendorf, zu dessen „persischem Trinklied" wir noch die Zeit der Entstehung,
nämlich 23. April 1780 bemerken. Seine Arbeit über Ignatius Sancho
(XXXIII und XXXIV) ist theils durch die „I^cleres ok I^urencs Storno« und
die „I>ettei-L lion Ign^tius Lane:Jo, Lonclon 1782/ veranlaßt worden.

Bezüglich der Beiträge des Grafen F. L. zu Stolberg und des Prin¬
zen August von Gotha verweisen wir einfach auf unsere Uebersicht. Von
Letzterem selbst ist keine seiner Arbeiten veröffentlicht worden. Dasselbe gilt
von der Frau von Scharbe und der Frau von Werthern. Bemer¬
kenswert!) ist die Anonymität des Prinzen, der die Autorschaft seines Gedichtes
„Aus dem Malabarischen" (Se. XIX) hinter dem Namen „Löschenkohl". Wien
den 18. Januar 1782. zu verbergen suchte. Dieser Zusatz wurde von der Redaction
gestrichen; er ist aber ein Anhaltepunkt für die Entstehungszeit des Gedichtes.

Ueber die Beiträge des Fräulein von Goechhausen, die jedenfalls
mehr gearbeitet/ als wir ihr zuerkennen konnten, ist nur weniges zu sagen.
Ihr „An Litla" gerichtetes Gedicht (Stück XV) ist gekürzt in das Journal
übergegangen. Zweifelhaft bleibt, ob sie die Verfasserin des Gedichtes „An
die Nachtigall" (XXII. Se.) ist. in welchem Einsiedel namentlich den letzten
Vers umwandelte.

Daß der Auszug eines Briefes von W. Tischbein im Journal erschien,
kommt daher, weil der Hof sich für das Schicksal des Künstlers lebhaft inter-
essirte. Goethe und Merck thaten viel für denselben bei dem Herzog Carl
August und der Herzogin Amalia. Jedenfalls kam der Brief durch Goethe
oder Merck, der' dem Herzog mehrere Briefe Tischbein's mittheilte, in das
Journal.

Schließlich gibt uns das im X. Stück aufgezeichnete „Gespräch" zwischen
L. und D. Veranlassung zu einer wichtigen Bemerkung. Wir können nach
dem aufgefundenen Originalconcept bestimmt versichern, daß unter L. die
Gräfin Louise von Werthern, unter D., Carl von Dalberg verstanden werden
müssen. Unter N. ist neunseitigen zu verstehen und so können wir wohl ohne
Bedenken und auf Grund einer im Journal weggelassenen Originalcorrectur *)
einen der Brüder Dalberg's als Verfasser annehmen.

Ob es uns gelingen wird, die noch bestehenden Zweifel über das Tiefur-
ter Journal mit der Zeit zu beseitigen, bleibt fraglich. Daß aber von Wei¬
mar aus noch Manches für die Erforschung und Bereicherung der Literatur in
der classischen Periode gethan werden kann, dürfte dieser kleine Versuch zur
Gewißheit erhoben haben.



") Bei der Stelle Claviertöne meines Bruders findet sie sich: „Er spielt soeben. Graf
Werber declamirt das monodram (sie) Theseus; Cantor in neunseitigen singt Rollers Jona-
tas. Die Gräfin zopfte Gold aus; Leyer gähnte und sinnt wechselsweise auf kleine Schelme-
reyen; der Bediente putzt die Lichter und der Autor schreibt."
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 30, 1871, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341813_126315/300>, abgerufen am 24.07.2024.