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Die Grenzboten. Jg. 30, 1871, II. Semester. I. Band.

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denen Papier als Beiträgen abonnirt werden kann. Zu Ende der itzt lau¬
fenden Woche wird der erste Bogen ausgegeben. Tieffurth, den 15. August
1781."

Es ist bemerkenswert!), daß man über den Ort des Journals ursprüng¬
lich nicht schlüssig gewesen sein kann, weil dieser in allen Exemplaren des
Avcrtissements handschriftlich nachgeholt wurde. Ebensowenig hielt man das
Programm im'Erscheinen des Journals fest, welches von der Anwesenheit
der Herzogin Amalia am meisten abhing. Sie war die Seele des Unterneh¬
mens; verreiste sie, so waren die Zusammenkünfte des Kreises sistirt, oder,
was unstreitig ein Hauptmoment war, der zum Secretär *) ernannte Hilde¬
brand v. Einsiedel konnte an die Besorgung hinlänglicher Abschriften und an
deren Verbreitung nicht denken. Ueberhaupt ist es eine ganz falsche Annahme,
daß man das Journal in dem dazu berufenen Cirkel immer erst vorgelesen
und jenes dann gewissermaßen zur zweiten Lectüre in den Cours gesetzt habe. **)
Vielmehr behandelte man das Journal wie eine Zeitung, die Jedem sofort
nach dem Erscheinen, Entferntern oft spät behändigt wurde. Die Beiträge
waren anonym und diese überall streng aufrecht erhaltene Anonymität trug
wesentlich dazu bei, daß das Interesse an dem Journal sich immer neu be¬
lebte, wenn gediegene Arbeiten neben allerhand kleinen Jnvectiven erschienen,
die zur Nachahmung oder zum Entgegnen veranlaßten. Erst nachdem das
Journal abgeschlossen war, wurden einzelne Stücke in den damaligen periodi¬
schen Schriften bekannt; dasselbe als Ganzes zu drucken und weiteren Kreisen
bekannt zu machen, daran konnte man bei der Geschlossenheit des Tiefurter
Cirkels nicht im Entferntesten denken.

Was die Verbreitung des Journals selbst anlangt, so sind wir über die¬
selbe zu der Gewißheit gelangt, daß überhaupt nicht mehr als 11 vollständige
Exemplare in den Jahren 1781--84 unter Einsiedel's Leitung von 6 bestimm¬
ten Abschreibern copirt worden sind. Daher kommt es, daß die Handschriften
in den erhaltenen Exemplaren immer wiederkehren, auch Correcturen Einsiedel's
sich fast überall vorfinden. Im Anfang schrieben vier nicht genannte "Schü¬
ler" die Producte ab, die neben den bekannten und tüchtigsten Copisten Chr.
Georg Carl Vogel und I. B. Burckhard^) bis zur Vollendung des Jour¬
nals thätig waren. Die Herzogin Amalia wandte auf die Copieen, ohne die
musikalischen Beilagen, welche Einsiedel besorgen ließ, die bedeutende Summe





") Düntzcr Von und an Herder- Brief vom !". Sept. 1781.
") Denn die Stelle in Seckendorff Neujahrstaschenbuch 1801, S. 219, in der es heißt:
Vor mehreren Jahren existirte . . . eine Gesellschaft . . . von Personen, welche sich öfters
freundlich versammelten, ihre Arbeiten einander vorlasen -- ist trügerisch.
Ferd. Rost, I. C. M, Hoycr, Joh. Mezler und Joh. Fr. Gotth. Müller <--ma. Mr.
waren die vier andern.

denen Papier als Beiträgen abonnirt werden kann. Zu Ende der itzt lau¬
fenden Woche wird der erste Bogen ausgegeben. Tieffurth, den 15. August
1781."

Es ist bemerkenswert!), daß man über den Ort des Journals ursprüng¬
lich nicht schlüssig gewesen sein kann, weil dieser in allen Exemplaren des
Avcrtissements handschriftlich nachgeholt wurde. Ebensowenig hielt man das
Programm im'Erscheinen des Journals fest, welches von der Anwesenheit
der Herzogin Amalia am meisten abhing. Sie war die Seele des Unterneh¬
mens; verreiste sie, so waren die Zusammenkünfte des Kreises sistirt, oder,
was unstreitig ein Hauptmoment war, der zum Secretär *) ernannte Hilde¬
brand v. Einsiedel konnte an die Besorgung hinlänglicher Abschriften und an
deren Verbreitung nicht denken. Ueberhaupt ist es eine ganz falsche Annahme,
daß man das Journal in dem dazu berufenen Cirkel immer erst vorgelesen
und jenes dann gewissermaßen zur zweiten Lectüre in den Cours gesetzt habe. **)
Vielmehr behandelte man das Journal wie eine Zeitung, die Jedem sofort
nach dem Erscheinen, Entferntern oft spät behändigt wurde. Die Beiträge
waren anonym und diese überall streng aufrecht erhaltene Anonymität trug
wesentlich dazu bei, daß das Interesse an dem Journal sich immer neu be¬
lebte, wenn gediegene Arbeiten neben allerhand kleinen Jnvectiven erschienen,
die zur Nachahmung oder zum Entgegnen veranlaßten. Erst nachdem das
Journal abgeschlossen war, wurden einzelne Stücke in den damaligen periodi¬
schen Schriften bekannt; dasselbe als Ganzes zu drucken und weiteren Kreisen
bekannt zu machen, daran konnte man bei der Geschlossenheit des Tiefurter
Cirkels nicht im Entferntesten denken.

Was die Verbreitung des Journals selbst anlangt, so sind wir über die¬
selbe zu der Gewißheit gelangt, daß überhaupt nicht mehr als 11 vollständige
Exemplare in den Jahren 1781—84 unter Einsiedel's Leitung von 6 bestimm¬
ten Abschreibern copirt worden sind. Daher kommt es, daß die Handschriften
in den erhaltenen Exemplaren immer wiederkehren, auch Correcturen Einsiedel's
sich fast überall vorfinden. Im Anfang schrieben vier nicht genannte „Schü¬
ler" die Producte ab, die neben den bekannten und tüchtigsten Copisten Chr.
Georg Carl Vogel und I. B. Burckhard^) bis zur Vollendung des Jour¬
nals thätig waren. Die Herzogin Amalia wandte auf die Copieen, ohne die
musikalischen Beilagen, welche Einsiedel besorgen ließ, die bedeutende Summe





") Düntzcr Von und an Herder- Brief vom !». Sept. 1781.
") Denn die Stelle in Seckendorff Neujahrstaschenbuch 1801, S. 219, in der es heißt:
Vor mehreren Jahren existirte . . . eine Gesellschaft . . . von Personen, welche sich öfters
freundlich versammelten, ihre Arbeiten einander vorlasen — ist trügerisch.
Ferd. Rost, I. C. M, Hoycr, Joh. Mezler und Joh. Fr. Gotth. Müller <--ma. Mr.
waren die vier andern.
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 30, 1871, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341813_126315/292>, abgerufen am 25.07.2024.