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Die Grenzboten. Jg. 30, 1871, II. Semester. I. Band.

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war! Sein Weg führte ihn an der östlichen Küste Italiens hinauf und hier
soll er sich nach Appian kein Gewissen daraus gemacht haben, den an Weih¬
geschenken und Wundern reichen Junotempel auf dem Vorgebirge Lacinium
bei Kroton auszurauben; wir wissen jedoch aus Plutarch, daß dies bereits
gründlich von den Seeräubern besorgt worden ist, die von Pompejus, dem
Vater, aus dem Mittelmeer vertrieben wurden. Dann berührte er Korfu
und gelangte nach Cephallenia, wo sich seine von einem Sturm zerstreute
kleine Flotte wieder sammelte und er seinen Anhängern rieth, sich der Sicher¬
heit wegen lieber zu zerstreuen als bei einander zu bleiben. Dieser Rath
wurde von Vielen befolgt und mit dem Reste ging er weiter nach Osten, ent¬
schlossen, sich auf Gnade und Ungnade dem Antonius zu ergeben. Der Zu¬
fall fügte es, daß ihn der Sturm nach Mitylene verschlug, wo er mit seiner
Stiefmutter bis nach der Schlacht bei Pharsalus sich aufgehalten hatte.
Die Einwohner von Lesbos nahmen ihn deshalb auch freundlich auf und
baten ihn, bei ihnen zu bleiben. Sein unruhiger Geist wurde aber durch die
politischen Neuigkeiten, die er dort erfuhr, mächtig aufgeregt. Antonius be¬
fand sich grade auf der Rückkehr von seiner verunglückten Erpedition gegen
die Parther und die erlittenen Verluste wurden natürlich vom Gerücht noch
vervielfacht; außerdem gelangte auch die Kunde von dem gleich nach der letzten
Seeschlacht ausgebrochenen Zerwürfniß zwischen Octavian und Lepidus nach
Asien. Diese Nachrichten erweckten in Sextus Pompejus neue Hoffnungen.
Er glaubte an die Stelle des Antonius treten, oder wenigstens die Macht
mit dem Geschwächten theilen zu können. Er sammelte deshalb Flüchtlinge
und alte Anhänger seines Hauses um sich, legte wieder den purpurnen Feld¬
herrnmantel an und ließ Schiffe und Mannschaft eifrig exerciren. Unter¬
dessen hörte er, daß Antonius in Alexandria eingetroffen sei, und nun be¬
gann er ein intriguantes Doppelspiel. Eine zu Antonius gehende Gesandt¬
schaft mußte diesem seinen Uebertritt als Freund und Bundesgenosse anbieten.
Zugleich knüpfte er aber auch geheime Unterhandlungen mit den Dynasten
von Thracien und Pontus an und kam endlich auf das Project seines Va¬
ters zurück, sich dem römischen Erbfeinde, den Parthern,' in die Arme zu
werfen. Allein seine zum Könige Phraates reisenden Boten fielen den römi¬
schen Vorposten in die Hände Und wurden zu Alerandria mit den an Anto¬
nius geschickten Unterhändlern confrontirt. Antonius selbst stellte sich zwar,
als glaube er der Entschuldigung, daß Pompejus jenen Schritt nur aus
Mißtrauen und Furcht begangen habe; er wußte aber wohl, wessen er sich
von dem unternehmenden Seehelden zu versehen hatte. Mittlerweile hatten
übrigens die Rüstungen des Pompejus bereits zu einem Bruche zwischen ihm
und dem Statthalter von Vorderasien, Furnius, geführt, der nun auch seiner¬
seits Aushebungen vornahm und den Consularen Domitius Ahenobarbus


war! Sein Weg führte ihn an der östlichen Küste Italiens hinauf und hier
soll er sich nach Appian kein Gewissen daraus gemacht haben, den an Weih¬
geschenken und Wundern reichen Junotempel auf dem Vorgebirge Lacinium
bei Kroton auszurauben; wir wissen jedoch aus Plutarch, daß dies bereits
gründlich von den Seeräubern besorgt worden ist, die von Pompejus, dem
Vater, aus dem Mittelmeer vertrieben wurden. Dann berührte er Korfu
und gelangte nach Cephallenia, wo sich seine von einem Sturm zerstreute
kleine Flotte wieder sammelte und er seinen Anhängern rieth, sich der Sicher¬
heit wegen lieber zu zerstreuen als bei einander zu bleiben. Dieser Rath
wurde von Vielen befolgt und mit dem Reste ging er weiter nach Osten, ent¬
schlossen, sich auf Gnade und Ungnade dem Antonius zu ergeben. Der Zu¬
fall fügte es, daß ihn der Sturm nach Mitylene verschlug, wo er mit seiner
Stiefmutter bis nach der Schlacht bei Pharsalus sich aufgehalten hatte.
Die Einwohner von Lesbos nahmen ihn deshalb auch freundlich auf und
baten ihn, bei ihnen zu bleiben. Sein unruhiger Geist wurde aber durch die
politischen Neuigkeiten, die er dort erfuhr, mächtig aufgeregt. Antonius be¬
fand sich grade auf der Rückkehr von seiner verunglückten Erpedition gegen
die Parther und die erlittenen Verluste wurden natürlich vom Gerücht noch
vervielfacht; außerdem gelangte auch die Kunde von dem gleich nach der letzten
Seeschlacht ausgebrochenen Zerwürfniß zwischen Octavian und Lepidus nach
Asien. Diese Nachrichten erweckten in Sextus Pompejus neue Hoffnungen.
Er glaubte an die Stelle des Antonius treten, oder wenigstens die Macht
mit dem Geschwächten theilen zu können. Er sammelte deshalb Flüchtlinge
und alte Anhänger seines Hauses um sich, legte wieder den purpurnen Feld¬
herrnmantel an und ließ Schiffe und Mannschaft eifrig exerciren. Unter¬
dessen hörte er, daß Antonius in Alexandria eingetroffen sei, und nun be¬
gann er ein intriguantes Doppelspiel. Eine zu Antonius gehende Gesandt¬
schaft mußte diesem seinen Uebertritt als Freund und Bundesgenosse anbieten.
Zugleich knüpfte er aber auch geheime Unterhandlungen mit den Dynasten
von Thracien und Pontus an und kam endlich auf das Project seines Va¬
ters zurück, sich dem römischen Erbfeinde, den Parthern,' in die Arme zu
werfen. Allein seine zum Könige Phraates reisenden Boten fielen den römi¬
schen Vorposten in die Hände Und wurden zu Alerandria mit den an Anto¬
nius geschickten Unterhändlern confrontirt. Antonius selbst stellte sich zwar,
als glaube er der Entschuldigung, daß Pompejus jenen Schritt nur aus
Mißtrauen und Furcht begangen habe; er wußte aber wohl, wessen er sich
von dem unternehmenden Seehelden zu versehen hatte. Mittlerweile hatten
übrigens die Rüstungen des Pompejus bereits zu einem Bruche zwischen ihm
und dem Statthalter von Vorderasien, Furnius, geführt, der nun auch seiner¬
seits Aushebungen vornahm und den Consularen Domitius Ahenobarbus


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 30, 1871, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341813_126315/26>, abgerufen am 24.07.2024.