Die Grenzboten. Jg. 30, 1871, II. Semester. I. Band.unter dem Gesichtspunkt des Staatszweckes nach Maßgabe des Staatsrechts So im Wesentlichen der "Staatsanzeiger". Demnach haben wir also Doch glaube ich, wird es für alle nationalgesinnten Theile gut sein, für's Eigentlich ist es ein althergebrachter Grundsatz des preußischen Staats, Grenzboten II. 1871. 30
unter dem Gesichtspunkt des Staatszweckes nach Maßgabe des Staatsrechts So im Wesentlichen der „Staatsanzeiger". Demnach haben wir also Doch glaube ich, wird es für alle nationalgesinnten Theile gut sein, für's Eigentlich ist es ein althergebrachter Grundsatz des preußischen Staats, Grenzboten II. 1871. 30
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unter dem Gesichtspunkt des Staatszweckes nach Maßgabe des Staatsrechts
der bestehenden Gesetze. Er bedarf also nicht nur nicht zur Bearbeitung der reli¬
giösen Angelegenheiten, soweit sie in seinen Bereich fallen, eines confessionellen
Organes, ein solches scheint vielmehr der staatlichen Wahrnehmung des reli¬
giösen Gebietes geradezu hinderlich sein zu müssen. Dieser Gedanke ist so
einleuchtend, daß man sich fragt, warum die Aufhebung der gesonderten Ab¬
theilungen nicht schon längst stattgefunden hat. Der „Staatsanzeiger"
weist auf zwei Gründe hin. Erstlich auf die Erledigung einer Reihe Ge¬
schäfte, welche die katholische Kirche ausschließlich angingen, und zweitens auf
den Umstand, daß auf dem Boden der protestantischen Kirche eine klare Son¬
derung der staatlichen und kirchlichen Gerechtsame sich noch nicht vollzogen
hat. Jene die katholische Kirche ausschließlich betreffenden Angelegenheiten
sind dem „Staatsanzeiger" zu Folge nunmehr erledigt, und die Trennung
der kirchlichen und staatlichen Gerechtsame auf dem Boden der protestantischen
Kirche soll durch die Aufhebung der gesonderten Abtheilungen einen neuen
Sporn erhalten, und bildet eine der nächsten Aufgaben des Regiments in
Staat und Kirche.
So im Wesentlichen der „Staatsanzeiger". Demnach haben wir also
baldige Schritte vielleicht in Form von Gesetzvorlagen zu erwarten, welche
die Trennung der protestantischen kirchlichen Organe von den Staatsorganen
weiter durchführen. Damit tritt die Verfassungsfrage der protestantischen
Kirche wieder in den Vordergrund. Sogar officiöse Stimmen haben sich nicht
abweisend verhalten gegen die Möglichkeit, daß die kirchlichen Angelegenheiten
aller Konfessionen künftig dem Justizministerium überwiesen werden könnten,
weil der Staat nur nach staatsrechtlichen Gesichtspunkten zu diesen Ange¬
legenheiten ferner in Beziehung zu treten habe. Das sind Dinge wie man
sieht, von der außerordentlichsten Tragweite. Die Herstellung der rechten Ver¬
fassung für die evangelische Kirche ist die stärkste Vertheidigungswaffe gegen
den Ultramontanismus, die es aus deutschen Boden geben kann. Ja man
kann die Erwartung hegen, daß der Protestantismus, wenn er seine richtige
Verfassung in Deutschland findet, eine innere Regeneration erfährt, welche
seine Lebenskraft in der ganzen Welt in unberechenbarer Weise anfache.
Doch glaube ich, wird es für alle nationalgesinnten Theile gut sein, für's
Erste nur die Folgen ins Auge zu fassen, welche die Aufhebung der besonderen
katholischen Abtheilung gegenüber dem Ultramontanismus haben wird.
Eigentlich ist es ein althergebrachter Grundsatz des preußischen Staats,
den man bis aus den großen Kurfürsten, wenn nicht noch weiter, zurückdatiren
kann, daß der Staat die kirchlichen Dinge nur von feinem umfassenden recht«
lich politischen Standpunkt, nicht aber von irgend einem oder gar von meh¬
reren confessionellen Standpunkten gleichzeitig zu behandeln hat. Dieser echt
Grenzboten II. 1871. 30
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