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Die Grenzboten. Jg. 30, 1871, II. Semester. I. Band.

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der beim Ausbruche des Sturmes klüglich seinen Ankerplatz verlassen hatte.'
Pompejus, der auf der andern Seite des Kanals, im sichern Hafen von
Messana keinen Fetzen Leinwand verloren hatte, gab sich keine Mühe, den
Feind zu verfolgen, selbst die ihre Wraks mühsam ausbessernden Matrosen
ließ er unbelästigt und auch später begnügte er sich mit der Brandschatzung
der italischen Küste und der Entsendung einer Flotte nach Afrika, die von
Menas hart mitgenommen wurde. Sertus wiegte sich in der Hoffnung, daß
sein Inselreich uneinnehmbar sei, hielt sich nun erst recht für einen Sohn
Neptuns, trug deßhalb ein meerfarbenes Gewand und versenkte dem Gott zu
Ehren Rosse und der Sage nach selbst Menschen in der Meerenge. Wie sehr
täuschte er sich in dem Charakter seines Hauptfeindes, der mit Geduld, Zähig¬
keit und kalter Besonnenheit feine auf Alleinherrschaft berechneten Pläne ver¬
folgte, der auch nach dem Verlust dieser Flotte noch den Muth besaß auszu¬
rufen: "Auch gegen den Willen Neptuns werde ich doch siegen!" der, wenn
auch selbst ein sehr mittelmäßiger Feldherr, doch die glückliche Gabe besaß,
die rechten Männer für seine Unternehmungen zu finden!

Mit außerordentlichen Anstrengungen wurde die Flotte ergänzt und eine
neue Aussöhnung mit Antonius eröffnete Octavian die Aussicht auf 120
Kriegsschiffe von dessen Seite. Unterdessen hatte sich der Verräther Menodo-
rus, sei es nun aus Unwillen über die ihm zu Theil gewordene untergeord¬
nete Stellung, sei es in der Hoffnung, nach dem Tode des Menekrates seinen
frühern Herrn unumschränkt beherrschen zu können, wieder mit sieben Schiffen
zu Pompejus geschlagen! Dieser Uebertritt veranlaßt übrigens Octavian, an
Stelle des etwas nachlässigen Calvisius dem Mann die Reorganisation seiner
Marine anzuvertrauen, an dem Sertus Pompejus seinen Meister finden sollte.
Vipsanius Agrippa, von nun an überhaupt Octavians kräftigste und uner¬
müdlichste Stütze, beendete bis zum 1. Juli 36 den Bau der neuen Flotte
und die Einübung der Ruderer und Matrosen in dem von ihm neu ge¬
schaffenen Kriegshafen bei Bajä und nun sollte Sicilien von drei Seiten zu¬
gleich angegriffen werden. Während Octavian selbst an der Westküste hinunter¬
fuhr, näherte sich der Triumvir Lepidus mit 70 Kriegsschiffen und 20 Le¬
gionen auf 1000 Transportschiffen von Afrika her, Statilius Taurus aber
mit 102 Schiffen von Tarent aus, als schon am dritten Tage nach dem
Auslaufen ein heftiger Südsturm die Schiffe der Hauptflotte, arg beschädigt,
nach Velia in Lucanien zurücktrieb. Auch Taurus kehrte nach Tarent um
und nur Lepidus, der am wenigsten Eile hatte, weil er am ungernsten am
Kriege Theil nahm, gelangte nach Einbuße vieler Transportschiffe nach Si¬
cilien und begann seine Operationen mit der Belagerung von Lilybäum.
Pompejus triumphirte und beharrte in seiner zuwartenden Stellung am Ka¬
näle. Nur Menodorus wurde mit seinem kleinen Geschwader von ihm aus-


der beim Ausbruche des Sturmes klüglich seinen Ankerplatz verlassen hatte.'
Pompejus, der auf der andern Seite des Kanals, im sichern Hafen von
Messana keinen Fetzen Leinwand verloren hatte, gab sich keine Mühe, den
Feind zu verfolgen, selbst die ihre Wraks mühsam ausbessernden Matrosen
ließ er unbelästigt und auch später begnügte er sich mit der Brandschatzung
der italischen Küste und der Entsendung einer Flotte nach Afrika, die von
Menas hart mitgenommen wurde. Sertus wiegte sich in der Hoffnung, daß
sein Inselreich uneinnehmbar sei, hielt sich nun erst recht für einen Sohn
Neptuns, trug deßhalb ein meerfarbenes Gewand und versenkte dem Gott zu
Ehren Rosse und der Sage nach selbst Menschen in der Meerenge. Wie sehr
täuschte er sich in dem Charakter seines Hauptfeindes, der mit Geduld, Zähig¬
keit und kalter Besonnenheit feine auf Alleinherrschaft berechneten Pläne ver¬
folgte, der auch nach dem Verlust dieser Flotte noch den Muth besaß auszu¬
rufen: „Auch gegen den Willen Neptuns werde ich doch siegen!" der, wenn
auch selbst ein sehr mittelmäßiger Feldherr, doch die glückliche Gabe besaß,
die rechten Männer für seine Unternehmungen zu finden!

Mit außerordentlichen Anstrengungen wurde die Flotte ergänzt und eine
neue Aussöhnung mit Antonius eröffnete Octavian die Aussicht auf 120
Kriegsschiffe von dessen Seite. Unterdessen hatte sich der Verräther Menodo-
rus, sei es nun aus Unwillen über die ihm zu Theil gewordene untergeord¬
nete Stellung, sei es in der Hoffnung, nach dem Tode des Menekrates seinen
frühern Herrn unumschränkt beherrschen zu können, wieder mit sieben Schiffen
zu Pompejus geschlagen! Dieser Uebertritt veranlaßt übrigens Octavian, an
Stelle des etwas nachlässigen Calvisius dem Mann die Reorganisation seiner
Marine anzuvertrauen, an dem Sertus Pompejus seinen Meister finden sollte.
Vipsanius Agrippa, von nun an überhaupt Octavians kräftigste und uner¬
müdlichste Stütze, beendete bis zum 1. Juli 36 den Bau der neuen Flotte
und die Einübung der Ruderer und Matrosen in dem von ihm neu ge¬
schaffenen Kriegshafen bei Bajä und nun sollte Sicilien von drei Seiten zu¬
gleich angegriffen werden. Während Octavian selbst an der Westküste hinunter¬
fuhr, näherte sich der Triumvir Lepidus mit 70 Kriegsschiffen und 20 Le¬
gionen auf 1000 Transportschiffen von Afrika her, Statilius Taurus aber
mit 102 Schiffen von Tarent aus, als schon am dritten Tage nach dem
Auslaufen ein heftiger Südsturm die Schiffe der Hauptflotte, arg beschädigt,
nach Velia in Lucanien zurücktrieb. Auch Taurus kehrte nach Tarent um
und nur Lepidus, der am wenigsten Eile hatte, weil er am ungernsten am
Kriege Theil nahm, gelangte nach Einbuße vieler Transportschiffe nach Si¬
cilien und begann seine Operationen mit der Belagerung von Lilybäum.
Pompejus triumphirte und beharrte in seiner zuwartenden Stellung am Ka¬
näle. Nur Menodorus wurde mit seinem kleinen Geschwader von ihm aus-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 30, 1871, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341813_126315/23>, abgerufen am 24.07.2024.