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Die Grenzboten. Jg. 30, 1871, II. Semester. I. Band.

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halten erlaubte. Seinem Sohne, der damals noch ein Säugling war,
schenkte Pompeja. die sich mit ihrem Gemahl Cinna wahrscheinlich schon lange
bei ihrem Bruder befand, einen griechischen Mantel und eine Agraffe dazu,
welche Gegenstände noch zu Sueton's Zeit auf der kaiserlichen Villa bei
Bajä gezeigt wurden. Den Grund der Zurückhaltung des Pompejus dem
Claudius Nero gegenüber kann man ahnen, wenn man die Hinrichtung des
Bithynicus und die noch auffallendere des Statius Murcus dazu nimmt.
Das größte Vertrauen des Sextus besaßen zwei Sclaven und Freigelassene
seines Vaters, Menekrates und Menodorus oder Menas, geschmeidige und
verschlagene Griechen, aber zugleich tüchtige und verwegene Seeoffiziere. Diese
beherrschten ihren jungen Herrn, unter sich eifersüchtig, aber wieder zusammen¬
haltend gegen Jeden, der sich bei jenem in Gunst zu setzen drohte, besonders
wenn er kam, um zu vermitteln und zum Frieden zu rathen, wodurch sie sich
die Wege zur Bereicherung abgeschnitten wähnten.

Unterdessen war Antonius aus Kleopatra's Armen nach Italien zurück¬
gekehrt und hatte Pompejus die Hand zur Freundschaft geboten. Dieser schritt
sogleich zur Belagerung von Thurii und Consentia in Unteritalien und schickte
seinen Menas mit einer großen Flotte und vier Legionen gegen die Westküste
Oberitaliens aus. In Etrurien richtete dieser die größten Verheerungen an
und bekam an der Küste des südlichen Galliens einen gewissen Marcus Titius
in seine Gewalt, der dort das Freibeuterhandwerk auf eigene Rechnung trieb,
obgleich seine Soldaten den Namen des Sextus Pompejus auf ihren Schil¬
dern führten. Er erhielt um seines "uf Sicilien weilenden Vaters willen
Verzeihung, wurde aber später die Ursache vom Untergange seines Wohl¬
thäters. Endlich wandte sich Menas gegen Sardinien. Im Anfang unglück¬
lich gegen den Präfecten Lucius Agrippa, besiegte er denselben endlich und
eroberte die ganze Insel, entließ aber, im voraus einen Umschlag der Dinge
in Rechnung bringend, den Freigelassenen und Liebling Octavian's, Helenus,
ohne Lösegeld. Während dessen hatte aber der Tod Fulvia's, seiner ränke¬
süchtigen Frau, den Antonius und die Abneigung der in Italien angesiedelten
Veteranen gegen den Krieg, den Octavian versöhnlicher gestimmt und unter
Vermittlung des Mäcenas, Pollio und Coecejus kam es zwischen beiden zu
der Aussöhnung von Brundusium, wobei es der von Pompejus durch Spötte¬
reien persönlich gereizte Octavian bei dem energischen, perfiden Genossen durch¬
setzte, daß jener, wie beim Schlüsse des Triumvirats, der Geprellte blieb, ja
zum gemeinschaftlichen Feind erklärt wurde!

Sextus ging nach Sicilien zurück und rächte sich dadurch, daß er alle
Getreidezufuhr hemmte und die Hauptstadt zur Verzweiflung brachte. Dazu
kam, daß die Machthaber, um Geld zum Krieg zu gewinnen, eine drückende
Erbschafts- und Selavensteuer octroyirten. Kurz, das Volk, welches kurz zu-


Grenzboten II. 1871. 2

halten erlaubte. Seinem Sohne, der damals noch ein Säugling war,
schenkte Pompeja. die sich mit ihrem Gemahl Cinna wahrscheinlich schon lange
bei ihrem Bruder befand, einen griechischen Mantel und eine Agraffe dazu,
welche Gegenstände noch zu Sueton's Zeit auf der kaiserlichen Villa bei
Bajä gezeigt wurden. Den Grund der Zurückhaltung des Pompejus dem
Claudius Nero gegenüber kann man ahnen, wenn man die Hinrichtung des
Bithynicus und die noch auffallendere des Statius Murcus dazu nimmt.
Das größte Vertrauen des Sextus besaßen zwei Sclaven und Freigelassene
seines Vaters, Menekrates und Menodorus oder Menas, geschmeidige und
verschlagene Griechen, aber zugleich tüchtige und verwegene Seeoffiziere. Diese
beherrschten ihren jungen Herrn, unter sich eifersüchtig, aber wieder zusammen¬
haltend gegen Jeden, der sich bei jenem in Gunst zu setzen drohte, besonders
wenn er kam, um zu vermitteln und zum Frieden zu rathen, wodurch sie sich
die Wege zur Bereicherung abgeschnitten wähnten.

Unterdessen war Antonius aus Kleopatra's Armen nach Italien zurück¬
gekehrt und hatte Pompejus die Hand zur Freundschaft geboten. Dieser schritt
sogleich zur Belagerung von Thurii und Consentia in Unteritalien und schickte
seinen Menas mit einer großen Flotte und vier Legionen gegen die Westküste
Oberitaliens aus. In Etrurien richtete dieser die größten Verheerungen an
und bekam an der Küste des südlichen Galliens einen gewissen Marcus Titius
in seine Gewalt, der dort das Freibeuterhandwerk auf eigene Rechnung trieb,
obgleich seine Soldaten den Namen des Sextus Pompejus auf ihren Schil¬
dern führten. Er erhielt um seines «uf Sicilien weilenden Vaters willen
Verzeihung, wurde aber später die Ursache vom Untergange seines Wohl¬
thäters. Endlich wandte sich Menas gegen Sardinien. Im Anfang unglück¬
lich gegen den Präfecten Lucius Agrippa, besiegte er denselben endlich und
eroberte die ganze Insel, entließ aber, im voraus einen Umschlag der Dinge
in Rechnung bringend, den Freigelassenen und Liebling Octavian's, Helenus,
ohne Lösegeld. Während dessen hatte aber der Tod Fulvia's, seiner ränke¬
süchtigen Frau, den Antonius und die Abneigung der in Italien angesiedelten
Veteranen gegen den Krieg, den Octavian versöhnlicher gestimmt und unter
Vermittlung des Mäcenas, Pollio und Coecejus kam es zwischen beiden zu
der Aussöhnung von Brundusium, wobei es der von Pompejus durch Spötte¬
reien persönlich gereizte Octavian bei dem energischen, perfiden Genossen durch¬
setzte, daß jener, wie beim Schlüsse des Triumvirats, der Geprellte blieb, ja
zum gemeinschaftlichen Feind erklärt wurde!

Sextus ging nach Sicilien zurück und rächte sich dadurch, daß er alle
Getreidezufuhr hemmte und die Hauptstadt zur Verzweiflung brachte. Dazu
kam, daß die Machthaber, um Geld zum Krieg zu gewinnen, eine drückende
Erbschafts- und Selavensteuer octroyirten. Kurz, das Volk, welches kurz zu-


Grenzboten II. 1871. 2
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 30, 1871, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341813_126315/17>, abgerufen am 24.07.2024.