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Die Grenzboten. Jg. 30, 1871, II. Semester. I. Band.

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wehrte sich, ergab sich aber endlich, durch Hunger genöthigt, nebst dem Statt¬
halter, dessen Gewalt der Sieger über einen Theil Siciliens noch fortbestehen
ließ. Syrakus folgte dem Schicksal Messana's und ein ansehnliches Land¬
heer, zu welchem selbst der Statthalter von Afrika, Cornificius, Truppen bei¬
steuerte, verlieh der steigenden Macht Nachhalt. Als hierauf die Angriffe des
Pompejus sich auf ganz Italien ausdehnten und durch das Ausbleiben der
Zufuhren große Theurung in der Hauptstadt entstand, übertrug Octavian im
Jahre 43 dem Salvidienus Rufus den Krieg gegen den neuen Seekönig.
Diesem gelang zwar, die Landungen des Feindes vom Festlande abzuhal¬
ten. Da es aber gänzlich an Schiffen fehlte, ließ er an der Meerenge Fahr¬
zeuge der primitivsten Construction, aus Flechtwerk mit Ochsenhäuten über¬
zogen, verfertigen, um die überlegene Landmacht Octavians auf die Insel zu
werfen. Doch unterließ er den Versuch und wartete auf die im Bau begrif¬
fene neue Flotte. Diese kam bald an, war aber an Bemannung und Ma-
növrirfähigkeit der pompejanischen nicht gewachsen, so daß die Schlacht in der
Meerenge, zu welcher Octavian seinen Admiral drängte, zu seinem Nachtheil
ausschlug. Er ließ hierauf die Flotte nach Brundusium abgehen, weil er mit
Antonius den Feldzug gegen Brutus und Cassius beginnen wollte.

Die Folge von Octavians Rückzug war, daß ganz Sicilien sich Sextus
Pompejus unterwarf, der zur Verspottung der Feinde von den in der See¬
schlacht Gefangenen, der Stadt Rhegium gegenüber, ein Scheingefecht auf
ledernen und hölzernen Schiffen aufführen ließ. Seine Erfolge verführten
ihn aber auch zu der Eitelkeit, sich den Sohn des meerbeherrschenden Neptun
zu nennen und seinem Adoptivvater prächtige Stier- und Roßopfer darzu¬
bringen, sowie dessen Bild aus seine Münzen prägen zu lassen. Auch blieb
sein Glück noch im Steigen begriffen. In Folge der Schlacht bei Philipp!
flüchtete sich wieder eine Menge angesehener Bürger und tüchtiger Soldaten
unter seine Fahnen und mit Recht konnte er sich auf seinen Münzen als
Bürgerretter mit dem Eichenkränze schmücken und den Beinamen "der Pflicht¬
getreue" (Pius) annehmen. Von großer Wichtigkeit für ihn war namentlich
der Uebertritt des tapfern und glücklichen Admirals Statius Mureus, der
ihm nach der Katastrophe von Macedonien 80 Galeeren und mehrere Legionen
zuführte. Auch der perusinische Krieg (41 und 40) stärkte nur seine Macht.
Selbst Julia, die Mutter des Antonius, suchte bei ihm Schutz. Er ließ sie
ehrenvoll nach Athen geleiten und benutzte diese Gelegenheit, um die Bundes¬
genossenschaft des Triumvir zu werben, der ihm eine verbindliche, aber aus¬
weichende Antwort gab. Zu jener Zeit kam auch der Vater des nachmaligen
Kaisers Tiberius zu Pompejus, schüttelte aber schnell wieder den Staub von
den Füßen, als er nicht sofort Audienz bekam und man ihm nicht die Ehren¬
zeichen der Prätur, deren Dauer übrigens längst abgelaufen war, beizube-


wehrte sich, ergab sich aber endlich, durch Hunger genöthigt, nebst dem Statt¬
halter, dessen Gewalt der Sieger über einen Theil Siciliens noch fortbestehen
ließ. Syrakus folgte dem Schicksal Messana's und ein ansehnliches Land¬
heer, zu welchem selbst der Statthalter von Afrika, Cornificius, Truppen bei¬
steuerte, verlieh der steigenden Macht Nachhalt. Als hierauf die Angriffe des
Pompejus sich auf ganz Italien ausdehnten und durch das Ausbleiben der
Zufuhren große Theurung in der Hauptstadt entstand, übertrug Octavian im
Jahre 43 dem Salvidienus Rufus den Krieg gegen den neuen Seekönig.
Diesem gelang zwar, die Landungen des Feindes vom Festlande abzuhal¬
ten. Da es aber gänzlich an Schiffen fehlte, ließ er an der Meerenge Fahr¬
zeuge der primitivsten Construction, aus Flechtwerk mit Ochsenhäuten über¬
zogen, verfertigen, um die überlegene Landmacht Octavians auf die Insel zu
werfen. Doch unterließ er den Versuch und wartete auf die im Bau begrif¬
fene neue Flotte. Diese kam bald an, war aber an Bemannung und Ma-
növrirfähigkeit der pompejanischen nicht gewachsen, so daß die Schlacht in der
Meerenge, zu welcher Octavian seinen Admiral drängte, zu seinem Nachtheil
ausschlug. Er ließ hierauf die Flotte nach Brundusium abgehen, weil er mit
Antonius den Feldzug gegen Brutus und Cassius beginnen wollte.

Die Folge von Octavians Rückzug war, daß ganz Sicilien sich Sextus
Pompejus unterwarf, der zur Verspottung der Feinde von den in der See¬
schlacht Gefangenen, der Stadt Rhegium gegenüber, ein Scheingefecht auf
ledernen und hölzernen Schiffen aufführen ließ. Seine Erfolge verführten
ihn aber auch zu der Eitelkeit, sich den Sohn des meerbeherrschenden Neptun
zu nennen und seinem Adoptivvater prächtige Stier- und Roßopfer darzu¬
bringen, sowie dessen Bild aus seine Münzen prägen zu lassen. Auch blieb
sein Glück noch im Steigen begriffen. In Folge der Schlacht bei Philipp!
flüchtete sich wieder eine Menge angesehener Bürger und tüchtiger Soldaten
unter seine Fahnen und mit Recht konnte er sich auf seinen Münzen als
Bürgerretter mit dem Eichenkränze schmücken und den Beinamen „der Pflicht¬
getreue" (Pius) annehmen. Von großer Wichtigkeit für ihn war namentlich
der Uebertritt des tapfern und glücklichen Admirals Statius Mureus, der
ihm nach der Katastrophe von Macedonien 80 Galeeren und mehrere Legionen
zuführte. Auch der perusinische Krieg (41 und 40) stärkte nur seine Macht.
Selbst Julia, die Mutter des Antonius, suchte bei ihm Schutz. Er ließ sie
ehrenvoll nach Athen geleiten und benutzte diese Gelegenheit, um die Bundes¬
genossenschaft des Triumvir zu werben, der ihm eine verbindliche, aber aus¬
weichende Antwort gab. Zu jener Zeit kam auch der Vater des nachmaligen
Kaisers Tiberius zu Pompejus, schüttelte aber schnell wieder den Staub von
den Füßen, als er nicht sofort Audienz bekam und man ihm nicht die Ehren¬
zeichen der Prätur, deren Dauer übrigens längst abgelaufen war, beizube-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 30, 1871, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341813_126315/16>, abgerufen am 24.07.2024.