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Die Grenzboten. Jg. 30, 1871, I. Semester. II. Band.

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systems in's Auge zu fassen? Es komme mehr darauf an. uns
den höchstens ein paar Jahre dauernden Uebergang etwas zu
erleichtern, als das künftige Münzsystem des deutschen Rei¬
ches in einer vollkommen rationellen, unantastbaren Form
herzustellen, es den kommenden Generationen in einer solchen
Gestalt zu überliefern, daß es gleich anderen Schöpfungen des
neu erstandenen Reiches allen Völkern des Erdkreises als Vor¬
bild zur Nachahmung hingestellt werden könne?

Ich selbst habe bei mehr als einer Gelegenheit angeführt, daß ich Werth
darauf lege, den Uebergang zur Goldwährung (nämlich betreffs des
circulirenden baaren Metalles, ja nicht zu verwechseln mit der
Anrechnung bestehender Schuldforderungen) namentlich den unge¬
bildeten Volksklassen nach Möglichkeit zu erleichtern. Ich habe, da diese Seite
der Frage von den Gegnern des metrischen Systems benutzt wurde, um ge¬
gen den Goldthaler von 1 Gramm fein zu agitiren, dieselbe eben so ausführ¬
lich behandelt, wie die übrigen und mich bemüht, zu zeigen, daß (falls näm¬
lich das gegenwärtige Werthverhältniß beider Edelmetalle auf dem Weltmarkte
sich nicht ändern sollte,*) auch in dieser Hinsicht das Frankensystem keine
Vortheile darbiete, daß der Uebergang zu ihm keinenfalls leichter sein würde
als zu dem metrischen Goldthaler. Aber im Traume ist mir nicht eingefallen,
meinerseits die Bedeutung einer solchen Anforderung (deren Erfüllung ohnehin
ganz und gar durch den Gang der Metallpreise auf dem Weltmarkte bedingt
wird) mit jener der Vollkommenheit unseres künftigen Münzsy¬
stems auch nur vergleichen zu wollen. Ich halte es für unnöthige
Mühe, darüber noch Worte zu verlieren.

Wenn nun einerseits durch den von Herrn Dr. Weibezahn vorgeschlagenen
Goldgulden keinerlei internationaler Anschluß an ein bestehendes Münzsystem
geschaffen wird; wenn er den Nachtheil hat, für den Uebergang zur Gold¬
währung nach jetzt bestehenden Cursverhältnissen größere Schwierigkeiten
darzubieten als der Goldthaler zu 1 Gramm fein (wie weiterhin eingehend
ausgeführt werden wird), da nämlich die Bedingungen, unter welchen ihm
die Fähigkeit, den Uebergang zu erleichtern, verschafft werden könnte, unan¬
nehmbar sind; wenn er von dem altgewohnten Münzbegriffe des Thalers ab¬
weicht, ohne dafür einen zwingenden Grund zu zeigen oder einen überwiegen¬
den praktischen Vortheil zu bieten; wenn er endlich die sehr wichtige Aufgabe
nicht erfüllt, die Grundlage für ein wirklich rationelles Münzsystem darzu¬
bieten, -- was bleibt dann übrig, um für ihn zu sprechen?

Ich finde nichts, und Herr Dr. Weibezahn, wenn er seine Gründe prüft,
wird sich möglicherweise überzeugen, daß dieselben auch bei ihm im Gefühle
und nicht im Verstände wurzeln. Nachdem ich meinerseits zu dieser Ansicht


systems in's Auge zu fassen? Es komme mehr darauf an. uns
den höchstens ein paar Jahre dauernden Uebergang etwas zu
erleichtern, als das künftige Münzsystem des deutschen Rei¬
ches in einer vollkommen rationellen, unantastbaren Form
herzustellen, es den kommenden Generationen in einer solchen
Gestalt zu überliefern, daß es gleich anderen Schöpfungen des
neu erstandenen Reiches allen Völkern des Erdkreises als Vor¬
bild zur Nachahmung hingestellt werden könne?

Ich selbst habe bei mehr als einer Gelegenheit angeführt, daß ich Werth
darauf lege, den Uebergang zur Goldwährung (nämlich betreffs des
circulirenden baaren Metalles, ja nicht zu verwechseln mit der
Anrechnung bestehender Schuldforderungen) namentlich den unge¬
bildeten Volksklassen nach Möglichkeit zu erleichtern. Ich habe, da diese Seite
der Frage von den Gegnern des metrischen Systems benutzt wurde, um ge¬
gen den Goldthaler von 1 Gramm fein zu agitiren, dieselbe eben so ausführ¬
lich behandelt, wie die übrigen und mich bemüht, zu zeigen, daß (falls näm¬
lich das gegenwärtige Werthverhältniß beider Edelmetalle auf dem Weltmarkte
sich nicht ändern sollte,*) auch in dieser Hinsicht das Frankensystem keine
Vortheile darbiete, daß der Uebergang zu ihm keinenfalls leichter sein würde
als zu dem metrischen Goldthaler. Aber im Traume ist mir nicht eingefallen,
meinerseits die Bedeutung einer solchen Anforderung (deren Erfüllung ohnehin
ganz und gar durch den Gang der Metallpreise auf dem Weltmarkte bedingt
wird) mit jener der Vollkommenheit unseres künftigen Münzsy¬
stems auch nur vergleichen zu wollen. Ich halte es für unnöthige
Mühe, darüber noch Worte zu verlieren.

Wenn nun einerseits durch den von Herrn Dr. Weibezahn vorgeschlagenen
Goldgulden keinerlei internationaler Anschluß an ein bestehendes Münzsystem
geschaffen wird; wenn er den Nachtheil hat, für den Uebergang zur Gold¬
währung nach jetzt bestehenden Cursverhältnissen größere Schwierigkeiten
darzubieten als der Goldthaler zu 1 Gramm fein (wie weiterhin eingehend
ausgeführt werden wird), da nämlich die Bedingungen, unter welchen ihm
die Fähigkeit, den Uebergang zu erleichtern, verschafft werden könnte, unan¬
nehmbar sind; wenn er von dem altgewohnten Münzbegriffe des Thalers ab¬
weicht, ohne dafür einen zwingenden Grund zu zeigen oder einen überwiegen¬
den praktischen Vortheil zu bieten; wenn er endlich die sehr wichtige Aufgabe
nicht erfüllt, die Grundlage für ein wirklich rationelles Münzsystem darzu¬
bieten, — was bleibt dann übrig, um für ihn zu sprechen?

Ich finde nichts, und Herr Dr. Weibezahn, wenn er seine Gründe prüft,
wird sich möglicherweise überzeugen, daß dieselben auch bei ihm im Gefühle
und nicht im Verstände wurzeln. Nachdem ich meinerseits zu dieser Ansicht


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[0348] systems in's Auge zu fassen? Es komme mehr darauf an. uns den höchstens ein paar Jahre dauernden Uebergang etwas zu erleichtern, als das künftige Münzsystem des deutschen Rei¬ ches in einer vollkommen rationellen, unantastbaren Form herzustellen, es den kommenden Generationen in einer solchen Gestalt zu überliefern, daß es gleich anderen Schöpfungen des neu erstandenen Reiches allen Völkern des Erdkreises als Vor¬ bild zur Nachahmung hingestellt werden könne? Ich selbst habe bei mehr als einer Gelegenheit angeführt, daß ich Werth darauf lege, den Uebergang zur Goldwährung (nämlich betreffs des circulirenden baaren Metalles, ja nicht zu verwechseln mit der Anrechnung bestehender Schuldforderungen) namentlich den unge¬ bildeten Volksklassen nach Möglichkeit zu erleichtern. Ich habe, da diese Seite der Frage von den Gegnern des metrischen Systems benutzt wurde, um ge¬ gen den Goldthaler von 1 Gramm fein zu agitiren, dieselbe eben so ausführ¬ lich behandelt, wie die übrigen und mich bemüht, zu zeigen, daß (falls näm¬ lich das gegenwärtige Werthverhältniß beider Edelmetalle auf dem Weltmarkte sich nicht ändern sollte,*) auch in dieser Hinsicht das Frankensystem keine Vortheile darbiete, daß der Uebergang zu ihm keinenfalls leichter sein würde als zu dem metrischen Goldthaler. Aber im Traume ist mir nicht eingefallen, meinerseits die Bedeutung einer solchen Anforderung (deren Erfüllung ohnehin ganz und gar durch den Gang der Metallpreise auf dem Weltmarkte bedingt wird) mit jener der Vollkommenheit unseres künftigen Münzsy¬ stems auch nur vergleichen zu wollen. Ich halte es für unnöthige Mühe, darüber noch Worte zu verlieren. Wenn nun einerseits durch den von Herrn Dr. Weibezahn vorgeschlagenen Goldgulden keinerlei internationaler Anschluß an ein bestehendes Münzsystem geschaffen wird; wenn er den Nachtheil hat, für den Uebergang zur Gold¬ währung nach jetzt bestehenden Cursverhältnissen größere Schwierigkeiten darzubieten als der Goldthaler zu 1 Gramm fein (wie weiterhin eingehend ausgeführt werden wird), da nämlich die Bedingungen, unter welchen ihm die Fähigkeit, den Uebergang zu erleichtern, verschafft werden könnte, unan¬ nehmbar sind; wenn er von dem altgewohnten Münzbegriffe des Thalers ab¬ weicht, ohne dafür einen zwingenden Grund zu zeigen oder einen überwiegen¬ den praktischen Vortheil zu bieten; wenn er endlich die sehr wichtige Aufgabe nicht erfüllt, die Grundlage für ein wirklich rationelles Münzsystem darzu¬ bieten, — was bleibt dann übrig, um für ihn zu sprechen? Ich finde nichts, und Herr Dr. Weibezahn, wenn er seine Gründe prüft, wird sich möglicherweise überzeugen, daß dieselben auch bei ihm im Gefühle und nicht im Verstände wurzeln. Nachdem ich meinerseits zu dieser Ansicht

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 30, 1871, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341813_125781/348>, abgerufen am 29.09.2024.