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Die Grenzboten. Jg. 30, 1871, I. Semester. II. Band.

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Deutschlands dem Anschlusse an die Grundlagen der lateinischen Münzeon-
vention der Vorzug eingeräumt, und demgemäß auf der nationalen Münz-
conferenz votirt, beziehungsweise mit unserer Münzreform vorgegangen
werde!" In Beziehung auf das fo von ihm verworfene metrische System des
Goldthalers von 1 Gramm fein hatte Herr Weibezahn in derselben Schrift
6 Seiten vorher (S. 12.) erklärt: "Vom rein theoretischen Standpunkte aus
ist die von Herrn Nothomb (als Vertheidiger des metrischen Systems) ein¬
genommene Position unangreifbar. Es ist unbedingt das rationellste Münz¬
system, welches auf dem Gramme Feingold sich aufbaut, namentlich wenn
man eine diese Gewichtseinheit enthaltende Münze zugleich als Rechnungs¬
münze wählt." Wenn er also trotz dieser Anschauung darauf bestand, daßwir unter
allen Umständen den Anschluß an daß Frankensystem zu suchen hätten, so
mußte er eine überaus große Vorstellung von der Zukunft des lateinischen
Münzbundes haben und von den wirthschaftlichen Vortheilen, welche für
Deutschland aus dem engsten Anschlusse an denselben erwachsen würden.
Dieß bestätigt sich anscheinend ferner, wenn man die' ungeheueren mate¬
riellen Opfer nicht allein, sondern namentlich wenn man die großartigen
Eingriffe in das Privatrecht in Betracht zieht, welche Herr Doctor Weibe¬
zahn Deutschland zumuthete um es zu dieser Münzpolitik zu vermögen.
Er fand nämlich beim Nachrechner, daß der Uebergang ,von der Sil¬
ber- zur Goldwährung vermittelst des Goldguldens von 2^2 Franken, als
Rechnungseinheit des Systems, eine schwierige Operation sei, insofern als
dieser Goldgulden von Gramm feinen Goldes zum laufenden Curse von
1:15,S6 in Silber einen Betrag von ca. 20 Sgr. 3^ Pf. vertrat und bei
voraussichtlichen ferneren Sinken des Silberwerthes einen immer größeren
Betrag in Silber vertreten, folglich von dem angestrebten leichten Ueber¬
gangswerthe eines Silberguldens von 20 Sgr. stets weiter sich entfernen
mußte. Um aber dennoch für seinen Goldgulden den Grund geltend machen zu
können, daß er einen leichteren Uebergang zur Goldwährung darbiete als der
theoretisch rationellere Goldthaler von 1 Gramm feinen Goldes, kam er zu
der Ansicht, es liege im allgemeinen Interesse, ein durchaus künstlich her¬
gestelltes, sogar mit Nechtsgründen geschmücktes Elaborat in der Form
eines Uebergangs-Programms zu schaffen, wodurch bewiesen würde: sowohl
aus Rechts- wie aus Zweckmäßigkeitsgründen müsse der Uebergang zur Gold¬
währung nicht zu dem jetzt herrschenden Werthverhältnisse zwischen beiden
Edelmetallen, sondern zu einem willkürlich angenommenen Curse beschafft
werden, welcher aber den Zweck erfülle, den Goldgulden während dieses
Ueberganges mit dem Werthe des Silberguldens von 20 Sgr. gleichzu¬
stellen und so ein leichtes Uebergangsverhältniß zu gewähren, -- eine Auf¬
gabe, die er in der That in seiner betreffenden Preisschrift erfüllt hat in einer


Deutschlands dem Anschlusse an die Grundlagen der lateinischen Münzeon-
vention der Vorzug eingeräumt, und demgemäß auf der nationalen Münz-
conferenz votirt, beziehungsweise mit unserer Münzreform vorgegangen
werde!" In Beziehung auf das fo von ihm verworfene metrische System des
Goldthalers von 1 Gramm fein hatte Herr Weibezahn in derselben Schrift
6 Seiten vorher (S. 12.) erklärt: „Vom rein theoretischen Standpunkte aus
ist die von Herrn Nothomb (als Vertheidiger des metrischen Systems) ein¬
genommene Position unangreifbar. Es ist unbedingt das rationellste Münz¬
system, welches auf dem Gramme Feingold sich aufbaut, namentlich wenn
man eine diese Gewichtseinheit enthaltende Münze zugleich als Rechnungs¬
münze wählt." Wenn er also trotz dieser Anschauung darauf bestand, daßwir unter
allen Umständen den Anschluß an daß Frankensystem zu suchen hätten, so
mußte er eine überaus große Vorstellung von der Zukunft des lateinischen
Münzbundes haben und von den wirthschaftlichen Vortheilen, welche für
Deutschland aus dem engsten Anschlusse an denselben erwachsen würden.
Dieß bestätigt sich anscheinend ferner, wenn man die' ungeheueren mate¬
riellen Opfer nicht allein, sondern namentlich wenn man die großartigen
Eingriffe in das Privatrecht in Betracht zieht, welche Herr Doctor Weibe¬
zahn Deutschland zumuthete um es zu dieser Münzpolitik zu vermögen.
Er fand nämlich beim Nachrechner, daß der Uebergang ,von der Sil¬
ber- zur Goldwährung vermittelst des Goldguldens von 2^2 Franken, als
Rechnungseinheit des Systems, eine schwierige Operation sei, insofern als
dieser Goldgulden von Gramm feinen Goldes zum laufenden Curse von
1:15,S6 in Silber einen Betrag von ca. 20 Sgr. 3^ Pf. vertrat und bei
voraussichtlichen ferneren Sinken des Silberwerthes einen immer größeren
Betrag in Silber vertreten, folglich von dem angestrebten leichten Ueber¬
gangswerthe eines Silberguldens von 20 Sgr. stets weiter sich entfernen
mußte. Um aber dennoch für seinen Goldgulden den Grund geltend machen zu
können, daß er einen leichteren Uebergang zur Goldwährung darbiete als der
theoretisch rationellere Goldthaler von 1 Gramm feinen Goldes, kam er zu
der Ansicht, es liege im allgemeinen Interesse, ein durchaus künstlich her¬
gestelltes, sogar mit Nechtsgründen geschmücktes Elaborat in der Form
eines Uebergangs-Programms zu schaffen, wodurch bewiesen würde: sowohl
aus Rechts- wie aus Zweckmäßigkeitsgründen müsse der Uebergang zur Gold¬
währung nicht zu dem jetzt herrschenden Werthverhältnisse zwischen beiden
Edelmetallen, sondern zu einem willkürlich angenommenen Curse beschafft
werden, welcher aber den Zweck erfülle, den Goldgulden während dieses
Ueberganges mit dem Werthe des Silberguldens von 20 Sgr. gleichzu¬
stellen und so ein leichtes Uebergangsverhältniß zu gewähren, — eine Auf¬
gabe, die er in der That in seiner betreffenden Preisschrift erfüllt hat in einer


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[0294] Deutschlands dem Anschlusse an die Grundlagen der lateinischen Münzeon- vention der Vorzug eingeräumt, und demgemäß auf der nationalen Münz- conferenz votirt, beziehungsweise mit unserer Münzreform vorgegangen werde!" In Beziehung auf das fo von ihm verworfene metrische System des Goldthalers von 1 Gramm fein hatte Herr Weibezahn in derselben Schrift 6 Seiten vorher (S. 12.) erklärt: „Vom rein theoretischen Standpunkte aus ist die von Herrn Nothomb (als Vertheidiger des metrischen Systems) ein¬ genommene Position unangreifbar. Es ist unbedingt das rationellste Münz¬ system, welches auf dem Gramme Feingold sich aufbaut, namentlich wenn man eine diese Gewichtseinheit enthaltende Münze zugleich als Rechnungs¬ münze wählt." Wenn er also trotz dieser Anschauung darauf bestand, daßwir unter allen Umständen den Anschluß an daß Frankensystem zu suchen hätten, so mußte er eine überaus große Vorstellung von der Zukunft des lateinischen Münzbundes haben und von den wirthschaftlichen Vortheilen, welche für Deutschland aus dem engsten Anschlusse an denselben erwachsen würden. Dieß bestätigt sich anscheinend ferner, wenn man die' ungeheueren mate¬ riellen Opfer nicht allein, sondern namentlich wenn man die großartigen Eingriffe in das Privatrecht in Betracht zieht, welche Herr Doctor Weibe¬ zahn Deutschland zumuthete um es zu dieser Münzpolitik zu vermögen. Er fand nämlich beim Nachrechner, daß der Uebergang ,von der Sil¬ ber- zur Goldwährung vermittelst des Goldguldens von 2^2 Franken, als Rechnungseinheit des Systems, eine schwierige Operation sei, insofern als dieser Goldgulden von Gramm feinen Goldes zum laufenden Curse von 1:15,S6 in Silber einen Betrag von ca. 20 Sgr. 3^ Pf. vertrat und bei voraussichtlichen ferneren Sinken des Silberwerthes einen immer größeren Betrag in Silber vertreten, folglich von dem angestrebten leichten Ueber¬ gangswerthe eines Silberguldens von 20 Sgr. stets weiter sich entfernen mußte. Um aber dennoch für seinen Goldgulden den Grund geltend machen zu können, daß er einen leichteren Uebergang zur Goldwährung darbiete als der theoretisch rationellere Goldthaler von 1 Gramm feinen Goldes, kam er zu der Ansicht, es liege im allgemeinen Interesse, ein durchaus künstlich her¬ gestelltes, sogar mit Nechtsgründen geschmücktes Elaborat in der Form eines Uebergangs-Programms zu schaffen, wodurch bewiesen würde: sowohl aus Rechts- wie aus Zweckmäßigkeitsgründen müsse der Uebergang zur Gold¬ währung nicht zu dem jetzt herrschenden Werthverhältnisse zwischen beiden Edelmetallen, sondern zu einem willkürlich angenommenen Curse beschafft werden, welcher aber den Zweck erfülle, den Goldgulden während dieses Ueberganges mit dem Werthe des Silberguldens von 20 Sgr. gleichzu¬ stellen und so ein leichtes Uebergangsverhältniß zu gewähren, — eine Auf¬ gabe, die er in der That in seiner betreffenden Preisschrift erfüllt hat in einer

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 30, 1871, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341813_125781/294>, abgerufen am 29.09.2024.