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Die Grenzboten. Jg. 30, 1871, I. Semester. II. Band.

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machen dürfe, daß nicht allein ein ansehnlicher Theil seiner Mitglieder mehr
oder weniger bankerott sei und statt des Geldes nur Papier besitze, sondern
daß er als Vertreter eines besonderen Münzsystems, je nachdem man nach
Volkszahl oder Verkehr rechne, erst den dritten oder vierten Rang unter den
Münzkreisen der handelsbedeutenden Völker einnehme, indem die Verkeilung
der hauptsächlichsten Münzsysteme aus der Erde die folgende sei:

Bevölkerung:
Zährliche Ein- und Busfuhren:
Völker des:
Sterlings-Systems 494'427'33l") 5433 Mill. Thaler
''*
Dollars-Systems 3733798l2) 2700 -
''
Franken-Systems 70077588 2646 -
'
Thaler-u. Gulden-Syst. 73'228826 2139 -

Endlich hatte man daran erinnert, daß England sowohl wie Nordame¬
rika mit gleicher Entschiedenheit einen Anschluß an das Frankensystem abge¬
lehnt hätte, letzteres dagegen allen seinen Einfluß aufbiete, um das metrische
Münzsystem in allgemeine Aufnahme zu bringen. Alles vergeblich! Die große
Nation, ihre Nähe, ihr Glanz, übten einen so überwältigenden Einfluß auf
diese Männer, daß alle Gründe bei ihnen verloren waren, daß sie sich
nicht zu der Idee erheben konnten, Deutschland könne in Münzfragen
unabhängig von den Franzosen vorgehen, seinen als richtig erkannten
Weg selbständig verfolgen. Sie fuhren fort, laut für Annahme des Fran¬
kensystems zu agitiren, zu sprechen und zu schreiben. Gottlob! Auch diesen
Bann hat der jüngste Krieg gebrochen, und die meisten der früheren eifrigen
Vertheidiger des Frankensystems wundern sich jetzt über ihre eigene frühere
Kurzsichtigkeit. Sie haben den Kampf aufgegeben und erkennen die Vor¬
züge des Metrischen Münzsystems an.

Nur einen entschiedenen Gegner unter den mir bekannten Männern hat
das metrische System in der Person des Herrn Dr. Weibezahn behalten,
eine Erscheinung, welche nicht ohne Interesse ist, obschon dasselbe weniger
im Bereiche des National - Oekonomen liegen dürfte. Herr Weibezahn
war früher, d. h. bis zum Kriege erklärter Anhänger des französischen
Münzsystems unter der Form des Goldguldens von 2^ Franken und
einem Goldgehalte von ^2 Gramm fein. Ja er ging in seiner Ueber¬
zeugung von der Wichtigkeit unseres Anschlusses an den lateinischen
Münzbund so weit, daß er (Kritische Umschau S. 18) sich folgender
maßen aussprach: "Mein Rath geht demnach dahin, daß, sollte auch selbst
England für die Errichtung eines germanischen Münzbundes nach den Vor¬
schlägen des Herrn Nothomb (d. h. auf der Grundlage des metrischen Systems,
des 1 Gramm fein als Rechnungseinheit) sich aussprechen, dennoch Seiten



-) Beide mit Einschluß von China und Japan, sowie beim Sterlingssystem aller eng¬
lischen Colonien.

machen dürfe, daß nicht allein ein ansehnlicher Theil seiner Mitglieder mehr
oder weniger bankerott sei und statt des Geldes nur Papier besitze, sondern
daß er als Vertreter eines besonderen Münzsystems, je nachdem man nach
Volkszahl oder Verkehr rechne, erst den dritten oder vierten Rang unter den
Münzkreisen der handelsbedeutenden Völker einnehme, indem die Verkeilung
der hauptsächlichsten Münzsysteme aus der Erde die folgende sei:

Bevölkerung:
Zährliche Ein- und Busfuhren:
Völker des:
Sterlings-Systems 494'427'33l") 5433 Mill. Thaler
''*
Dollars-Systems 3733798l2) 2700 -
''
Franken-Systems 70077588 2646 -
'
Thaler-u. Gulden-Syst. 73'228826 2139 -

Endlich hatte man daran erinnert, daß England sowohl wie Nordame¬
rika mit gleicher Entschiedenheit einen Anschluß an das Frankensystem abge¬
lehnt hätte, letzteres dagegen allen seinen Einfluß aufbiete, um das metrische
Münzsystem in allgemeine Aufnahme zu bringen. Alles vergeblich! Die große
Nation, ihre Nähe, ihr Glanz, übten einen so überwältigenden Einfluß auf
diese Männer, daß alle Gründe bei ihnen verloren waren, daß sie sich
nicht zu der Idee erheben konnten, Deutschland könne in Münzfragen
unabhängig von den Franzosen vorgehen, seinen als richtig erkannten
Weg selbständig verfolgen. Sie fuhren fort, laut für Annahme des Fran¬
kensystems zu agitiren, zu sprechen und zu schreiben. Gottlob! Auch diesen
Bann hat der jüngste Krieg gebrochen, und die meisten der früheren eifrigen
Vertheidiger des Frankensystems wundern sich jetzt über ihre eigene frühere
Kurzsichtigkeit. Sie haben den Kampf aufgegeben und erkennen die Vor¬
züge des Metrischen Münzsystems an.

Nur einen entschiedenen Gegner unter den mir bekannten Männern hat
das metrische System in der Person des Herrn Dr. Weibezahn behalten,
eine Erscheinung, welche nicht ohne Interesse ist, obschon dasselbe weniger
im Bereiche des National - Oekonomen liegen dürfte. Herr Weibezahn
war früher, d. h. bis zum Kriege erklärter Anhänger des französischen
Münzsystems unter der Form des Goldguldens von 2^ Franken und
einem Goldgehalte von ^2 Gramm fein. Ja er ging in seiner Ueber¬
zeugung von der Wichtigkeit unseres Anschlusses an den lateinischen
Münzbund so weit, daß er (Kritische Umschau S. 18) sich folgender
maßen aussprach: „Mein Rath geht demnach dahin, daß, sollte auch selbst
England für die Errichtung eines germanischen Münzbundes nach den Vor¬
schlägen des Herrn Nothomb (d. h. auf der Grundlage des metrischen Systems,
des 1 Gramm fein als Rechnungseinheit) sich aussprechen, dennoch Seiten



-) Beide mit Einschluß von China und Japan, sowie beim Sterlingssystem aller eng¬
lischen Colonien.
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 30, 1871, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341813_125781/293>, abgerufen am 29.09.2024.