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Die Grenzboten. Jg. 30, 1871, I. Semester. II. Band.

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mit eifersüchtigen Augen ansah, mußte ganz Deutschland zur Taxis'schen Do¬
mains machen. Die Unterhandlungen begannen zunächst aus Conferenzen
beiderseitiger Commissarien in Berlin; Taxis scheute kein Mittel, den Bran¬
denburgischen Vertreter Matthias auf seine Seite zu bringen, allein vergeblich.
Matthias rieth dem Kurfürsten zum Abbruch der Verhandlungen, und dieser
schrieb (1631) an den Reichs-General-Postmeister: daß er bereits eigene Posten
in seinen-Landen angelegt habe, und "dahero zur Vermeidung allerhand Un-
gelegenheiten keine anderen gedulden könne." Der Graf Taxis wandte sich,
zumal auch der Reichspost der Durchzug nach Hamburg vom Kurfürsten
untersagt wurde, nun an den Kaiser und bat ihn: "an den Kurfürsten ab¬
sonderlich xoevaliter zu rescribiren." Doch auch die kaiserlichen Rescripte
vermochten den Kurfürsten nicht einzuschüchtern; er antwortete dem Kaiser,
daß schon vor seines Großvaters Zeiten in Brandenburg Territorialposten
gewesen seien, was dem Grafen von Taxis wohl nur deshalb unbekannt sein
möge, "weil er erst vor kurzer Zeit die PostVerwaltung über sich genommen."
-- Ebenso erklärte er bei Kaiser Leopolds Wahl (1658) zu Protokoll: "er
gestände in seinen Landen das Postregal Niemanden zu, er habe seinen eigenen
Posten." Auf die wiederholten Anforderungen des Kaisers, die Reichsposten
in seinen Staaten zuzulassen, gab der Kurfürst unterm 26. April 1660 jene
denkwürdige geharnischte Erklärung ab, welche in ihrer markigen Entschie¬
denheit die Stellung des Kurfürsten klar und scharf wiedergiebt und daher
auch den anderen Reichsständen bei ihren Streitschriften mit Taxis zum Vor¬
bilde gedient hat. Darin heißt es u. A.: "Es hat zwar auch der Graff
Taxis bei letzter Ew. Kayferl. Majtt. Wahl zu Frankfurt!) am Mahn, eines
vndt das andere mu-elüniret, auch absonderlich xrcistönäiren dürffen, daß dem
künfftigen Kayser in seinen Erbländer das ?us ?oswrum per <?g.xitulg.tivnem
benommen vndt abgeschnitten werden möchte. Allein es ist im Churfürsten
Rast dawieder die nothdurfft vorgestellt, vndt absonderlich von Chur-Sachsen
vndt Chur-Pfaltz Liebden wie auch vnserer Gesandtschaft, worauff die Sache
eigentlich beruhe, römonstriret vndt bedingt worden, daß manu den Graff
Taxis mit seinen vngereumbten vndt unziemlichen ansinnen nicht höre;" und
ferner nach einer Deduction seines Postrechts und der Taxis'schen Uebergriffe:
"Also ersuche Ew. Kayferl. Majtt. ich gantz gehorsamblich, Sie wollen der¬
gleichen vnziemliches vndt wieder mein vndt anderer meiner Herren Mit-Chur-
fürsten, Fürsten vndt Stände vom Heyltgen Römischen Reiche zu Lehn tra¬
genden Hoheit mit höchster beschwer gereichendes Beginnen dem Graff Taxis
ernstlich verweisen, vndt dahin allergnädigst anhalten, damit Er ins künfftige
gegen die höheren Stände sich anders betrage, mit dem aus dem Heyl. Rö¬
mischen Reiche ziehenden Vortheil sich vergnügen lasse, vndt zu keinem anderen
nachdenken Ursach vndt Anlaß gebe" u. s. w. Diese Energie veranlaßte den


mit eifersüchtigen Augen ansah, mußte ganz Deutschland zur Taxis'schen Do¬
mains machen. Die Unterhandlungen begannen zunächst aus Conferenzen
beiderseitiger Commissarien in Berlin; Taxis scheute kein Mittel, den Bran¬
denburgischen Vertreter Matthias auf seine Seite zu bringen, allein vergeblich.
Matthias rieth dem Kurfürsten zum Abbruch der Verhandlungen, und dieser
schrieb (1631) an den Reichs-General-Postmeister: daß er bereits eigene Posten
in seinen-Landen angelegt habe, und „dahero zur Vermeidung allerhand Un-
gelegenheiten keine anderen gedulden könne." Der Graf Taxis wandte sich,
zumal auch der Reichspost der Durchzug nach Hamburg vom Kurfürsten
untersagt wurde, nun an den Kaiser und bat ihn: „an den Kurfürsten ab¬
sonderlich xoevaliter zu rescribiren." Doch auch die kaiserlichen Rescripte
vermochten den Kurfürsten nicht einzuschüchtern; er antwortete dem Kaiser,
daß schon vor seines Großvaters Zeiten in Brandenburg Territorialposten
gewesen seien, was dem Grafen von Taxis wohl nur deshalb unbekannt sein
möge, „weil er erst vor kurzer Zeit die PostVerwaltung über sich genommen."
— Ebenso erklärte er bei Kaiser Leopolds Wahl (1658) zu Protokoll: „er
gestände in seinen Landen das Postregal Niemanden zu, er habe seinen eigenen
Posten." Auf die wiederholten Anforderungen des Kaisers, die Reichsposten
in seinen Staaten zuzulassen, gab der Kurfürst unterm 26. April 1660 jene
denkwürdige geharnischte Erklärung ab, welche in ihrer markigen Entschie¬
denheit die Stellung des Kurfürsten klar und scharf wiedergiebt und daher
auch den anderen Reichsständen bei ihren Streitschriften mit Taxis zum Vor¬
bilde gedient hat. Darin heißt es u. A.: „Es hat zwar auch der Graff
Taxis bei letzter Ew. Kayferl. Majtt. Wahl zu Frankfurt!) am Mahn, eines
vndt das andere mu-elüniret, auch absonderlich xrcistönäiren dürffen, daß dem
künfftigen Kayser in seinen Erbländer das ?us ?oswrum per <?g.xitulg.tivnem
benommen vndt abgeschnitten werden möchte. Allein es ist im Churfürsten
Rast dawieder die nothdurfft vorgestellt, vndt absonderlich von Chur-Sachsen
vndt Chur-Pfaltz Liebden wie auch vnserer Gesandtschaft, worauff die Sache
eigentlich beruhe, römonstriret vndt bedingt worden, daß manu den Graff
Taxis mit seinen vngereumbten vndt unziemlichen ansinnen nicht höre;" und
ferner nach einer Deduction seines Postrechts und der Taxis'schen Uebergriffe:
„Also ersuche Ew. Kayferl. Majtt. ich gantz gehorsamblich, Sie wollen der¬
gleichen vnziemliches vndt wieder mein vndt anderer meiner Herren Mit-Chur-
fürsten, Fürsten vndt Stände vom Heyltgen Römischen Reiche zu Lehn tra¬
genden Hoheit mit höchster beschwer gereichendes Beginnen dem Graff Taxis
ernstlich verweisen, vndt dahin allergnädigst anhalten, damit Er ins künfftige
gegen die höheren Stände sich anders betrage, mit dem aus dem Heyl. Rö¬
mischen Reiche ziehenden Vortheil sich vergnügen lasse, vndt zu keinem anderen
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[0277] mit eifersüchtigen Augen ansah, mußte ganz Deutschland zur Taxis'schen Do¬ mains machen. Die Unterhandlungen begannen zunächst aus Conferenzen beiderseitiger Commissarien in Berlin; Taxis scheute kein Mittel, den Bran¬ denburgischen Vertreter Matthias auf seine Seite zu bringen, allein vergeblich. Matthias rieth dem Kurfürsten zum Abbruch der Verhandlungen, und dieser schrieb (1631) an den Reichs-General-Postmeister: daß er bereits eigene Posten in seinen-Landen angelegt habe, und „dahero zur Vermeidung allerhand Un- gelegenheiten keine anderen gedulden könne." Der Graf Taxis wandte sich, zumal auch der Reichspost der Durchzug nach Hamburg vom Kurfürsten untersagt wurde, nun an den Kaiser und bat ihn: „an den Kurfürsten ab¬ sonderlich xoevaliter zu rescribiren." Doch auch die kaiserlichen Rescripte vermochten den Kurfürsten nicht einzuschüchtern; er antwortete dem Kaiser, daß schon vor seines Großvaters Zeiten in Brandenburg Territorialposten gewesen seien, was dem Grafen von Taxis wohl nur deshalb unbekannt sein möge, „weil er erst vor kurzer Zeit die PostVerwaltung über sich genommen." — Ebenso erklärte er bei Kaiser Leopolds Wahl (1658) zu Protokoll: „er gestände in seinen Landen das Postregal Niemanden zu, er habe seinen eigenen Posten." Auf die wiederholten Anforderungen des Kaisers, die Reichsposten in seinen Staaten zuzulassen, gab der Kurfürst unterm 26. April 1660 jene denkwürdige geharnischte Erklärung ab, welche in ihrer markigen Entschie¬ denheit die Stellung des Kurfürsten klar und scharf wiedergiebt und daher auch den anderen Reichsständen bei ihren Streitschriften mit Taxis zum Vor¬ bilde gedient hat. Darin heißt es u. A.: „Es hat zwar auch der Graff Taxis bei letzter Ew. Kayferl. Majtt. Wahl zu Frankfurt!) am Mahn, eines vndt das andere mu-elüniret, auch absonderlich xrcistönäiren dürffen, daß dem künfftigen Kayser in seinen Erbländer das ?us ?oswrum per <?g.xitulg.tivnem benommen vndt abgeschnitten werden möchte. Allein es ist im Churfürsten Rast dawieder die nothdurfft vorgestellt, vndt absonderlich von Chur-Sachsen vndt Chur-Pfaltz Liebden wie auch vnserer Gesandtschaft, worauff die Sache eigentlich beruhe, römonstriret vndt bedingt worden, daß manu den Graff Taxis mit seinen vngereumbten vndt unziemlichen ansinnen nicht höre;" und ferner nach einer Deduction seines Postrechts und der Taxis'schen Uebergriffe: „Also ersuche Ew. Kayferl. Majtt. ich gantz gehorsamblich, Sie wollen der¬ gleichen vnziemliches vndt wieder mein vndt anderer meiner Herren Mit-Chur- fürsten, Fürsten vndt Stände vom Heyltgen Römischen Reiche zu Lehn tra¬ genden Hoheit mit höchster beschwer gereichendes Beginnen dem Graff Taxis ernstlich verweisen, vndt dahin allergnädigst anhalten, damit Er ins künfftige gegen die höheren Stände sich anders betrage, mit dem aus dem Heyl. Rö¬ mischen Reiche ziehenden Vortheil sich vergnügen lasse, vndt zu keinem anderen nachdenken Ursach vndt Anlaß gebe" u. s. w. Diese Energie veranlaßte den

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 30, 1871, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341813_125781/277>, abgerufen am 29.09.2024.