Die Grenzboten. Jg. 30, 1871, I. Semester. II. Band.neigen, wenn sie ebenfalls Protestanten sind. Sie werden ihre Kinder gern Die Umwälzung, welche mit dieser Maßregel in dem Schulwesen der Leider ist nicht anzunehmen, daß unter den Deutschen der neuen Provinz neigen, wenn sie ebenfalls Protestanten sind. Sie werden ihre Kinder gern Die Umwälzung, welche mit dieser Maßregel in dem Schulwesen der Leider ist nicht anzunehmen, daß unter den Deutschen der neuen Provinz <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0234" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/126016"/> <p xml:id="ID_726" prev="#ID_725"> neigen, wenn sie ebenfalls Protestanten sind. Sie werden ihre Kinder gern<lb/> Deutsch lernen lassen.</p><lb/> <p xml:id="ID_727"> Die Umwälzung, welche mit dieser Maßregel in dem Schulwesen der<lb/> Provinz vorgenommen wird, ist nicht gering, denn mit der Einführung der<lb/> deutschen Unterrichtssprache ist auch unmittelbar die Einführung deutscher<lb/> Schulbücher, mit ihnen die Einführung deutscher Unterrichtsmethode, mit<lb/> ihr schließlich die Anstellung. deutscher Lehrer verbunden. Auch die Verfassung<lb/> des Schulwesens kann dabei nicht unberührt bleiben. Was nun die Schul-<lb/> bücher und die Unterrichtsmethode anbetrifft, so weiß man im voraus,<lb/> was der Verfasser in dieser Beziehung für Elsaß-Lothringen fordert, wenn er<lb/> sich als einen freisinnigen Preußen zu erkennen giebt: daß er eifrig die Ueber¬<lb/> führung des in Preußen herrschenden Systems dorthin abwehrt. Wir ver¬<lb/> langen hier, wie daheim, eine unbehinderte Ausbildung der Vernunft, welche<lb/> keineswegs die Feindin, sondern die engverbundene Freundin des Herzens ist,<lb/> welche die allgemeine Menschenliebe oder doch das allgemeine Menschenrecht<lb/> lehrt, während das Herz solche von ihr ausgehende Ideen nur warm erfassen<lb/> und zur That werden lassen soll. Also keine Erstickung des Denkvermögens<lb/> durch Gedächtnißwerk von unverständlichen Bibelversen, Liedern und Sprüchen,<lb/> deren Werth dem kindlichen Gemüth mindestens unbegreiflich ist. Um alles<lb/> in der Welt keine Einführung von Fibeln, wie die unserem Unterrichtsminister<lb/> so theure Flüggesche, selbst dann nicht, wenn der Knabe Veit darin ausge¬<lb/> merzt ist!</p><lb/> <p xml:id="ID_728" next="#ID_729"> Leider ist nicht anzunehmen, daß unter den Deutschen der neuen Provinz<lb/> die Verträglichkeit zwischen den Glaubensparteien so weit gediehen sein sollte,<lb/> daß man überall gemeinsame oder gar bekenntnißfreie Volksschulen<lb/> als eine Wohlthat aufnehmen sollte, dazu hat es die finstere katholische Prie¬<lb/> sterschaft nicht kommen lassen. Jedoch muß jedenfalls, wie in Baden und in<lb/> der Pfalz, den politischen Gemeinden, deren Sache die Schule, wie bei uns<lb/> selbst, werden muß, überlassen bleiben, ob sie solche gemeinsame Anstalten<lb/> haben wollen oder nicht. Wo man sie nicht will, da .werden, unsrer Meinung<lb/> nach, die fördersameren von den getrennten Schulen die Andersgläubigen<lb/> schon anziehen und so bald eine Vereinigung anbahnen. Schon um dieser<lb/> gemeinsamen Ziele willen ist die Aufsicht über die Schulen der Geist¬<lb/> lichkeit zu entziehen, und Schulmännern vom Fach zu übertragen. Die Ab¬<lb/> hängigkeit der Lehrer, besonders von der katholischen Geistlichkeit, kann nur<lb/> höchst nachtheilig auf die Jugend wirken, denn jene wird für unabsehbare<lb/> Zeit deutschfeindlich fein, wie sie in Posen, in Böhmen, in Galizien, in den<lb/> slavonischen Provinzen Oestreichs, in Nordamerika, kurz überall ist, wo<lb/> deutsche mit anderen Katholiken zusammen wohnen. Ueberall, wo sie im<lb/> Bereich des deutschen Zepters noch vorhanden sind, ist den sog. Schulbrüdern</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0234]
neigen, wenn sie ebenfalls Protestanten sind. Sie werden ihre Kinder gern
Deutsch lernen lassen.
Die Umwälzung, welche mit dieser Maßregel in dem Schulwesen der
Provinz vorgenommen wird, ist nicht gering, denn mit der Einführung der
deutschen Unterrichtssprache ist auch unmittelbar die Einführung deutscher
Schulbücher, mit ihnen die Einführung deutscher Unterrichtsmethode, mit
ihr schließlich die Anstellung. deutscher Lehrer verbunden. Auch die Verfassung
des Schulwesens kann dabei nicht unberührt bleiben. Was nun die Schul-
bücher und die Unterrichtsmethode anbetrifft, so weiß man im voraus,
was der Verfasser in dieser Beziehung für Elsaß-Lothringen fordert, wenn er
sich als einen freisinnigen Preußen zu erkennen giebt: daß er eifrig die Ueber¬
führung des in Preußen herrschenden Systems dorthin abwehrt. Wir ver¬
langen hier, wie daheim, eine unbehinderte Ausbildung der Vernunft, welche
keineswegs die Feindin, sondern die engverbundene Freundin des Herzens ist,
welche die allgemeine Menschenliebe oder doch das allgemeine Menschenrecht
lehrt, während das Herz solche von ihr ausgehende Ideen nur warm erfassen
und zur That werden lassen soll. Also keine Erstickung des Denkvermögens
durch Gedächtnißwerk von unverständlichen Bibelversen, Liedern und Sprüchen,
deren Werth dem kindlichen Gemüth mindestens unbegreiflich ist. Um alles
in der Welt keine Einführung von Fibeln, wie die unserem Unterrichtsminister
so theure Flüggesche, selbst dann nicht, wenn der Knabe Veit darin ausge¬
merzt ist!
Leider ist nicht anzunehmen, daß unter den Deutschen der neuen Provinz
die Verträglichkeit zwischen den Glaubensparteien so weit gediehen sein sollte,
daß man überall gemeinsame oder gar bekenntnißfreie Volksschulen
als eine Wohlthat aufnehmen sollte, dazu hat es die finstere katholische Prie¬
sterschaft nicht kommen lassen. Jedoch muß jedenfalls, wie in Baden und in
der Pfalz, den politischen Gemeinden, deren Sache die Schule, wie bei uns
selbst, werden muß, überlassen bleiben, ob sie solche gemeinsame Anstalten
haben wollen oder nicht. Wo man sie nicht will, da .werden, unsrer Meinung
nach, die fördersameren von den getrennten Schulen die Andersgläubigen
schon anziehen und so bald eine Vereinigung anbahnen. Schon um dieser
gemeinsamen Ziele willen ist die Aufsicht über die Schulen der Geist¬
lichkeit zu entziehen, und Schulmännern vom Fach zu übertragen. Die Ab¬
hängigkeit der Lehrer, besonders von der katholischen Geistlichkeit, kann nur
höchst nachtheilig auf die Jugend wirken, denn jene wird für unabsehbare
Zeit deutschfeindlich fein, wie sie in Posen, in Böhmen, in Galizien, in den
slavonischen Provinzen Oestreichs, in Nordamerika, kurz überall ist, wo
deutsche mit anderen Katholiken zusammen wohnen. Ueberall, wo sie im
Bereich des deutschen Zepters noch vorhanden sind, ist den sog. Schulbrüdern
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |