Die Grenzboten. Jg. 30, 1871, I. Semester. I. Band.Ile Kaiserfahrt der Ueichstagsdeputation nach Versailles. Dreißig Mitglieder hatte der letzte norddeutsche Reichstag in seiner Als wir die vom Präsidenten Simson berufene Zusammenkunft der Mit¬ Vielfach war die Rede davon gewesen, daß möglicherweise zwischen Eper- Grenzboten I. 1871. L7
Ile Kaiserfahrt der Ueichstagsdeputation nach Versailles. Dreißig Mitglieder hatte der letzte norddeutsche Reichstag in seiner Als wir die vom Präsidenten Simson berufene Zusammenkunft der Mit¬ Vielfach war die Rede davon gewesen, daß möglicherweise zwischen Eper- Grenzboten I. 1871. L7
<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0293" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/125537"/> </div> <div n="1"> <head> Ile Kaiserfahrt der Ueichstagsdeputation nach Versailles.</head><lb/> <p xml:id="ID_1059"> Dreißig Mitglieder hatte der letzte norddeutsche Reichstag in seiner<lb/> Schlußsitzung als Ueberbringer der Adresse an den Deutschen Kaiser durch<lb/> das Loos erwählt. Nach der Geschäftsordnung stand unserem würdigen Prä¬<lb/> sidenten Simson die Leitung des Ganzen zu. Zur Hilfe bei Besorgung der Ge¬<lb/> schäfte wurde der Geh. Regierungsrath Metzel, Chef des Reichstags-Bureaus,<lb/> mit auf die Reise genommen. Ferner nahm man zur Bedienung einige<lb/> der Neichstagsdiener mit, zunächst um auf das Gepäck zu achten und<lb/> sich sonst in ähnlicher Weise nützlich zu machen. So gut sie ihren Dienst<lb/> aber in den Parlamentsgebäuden Berlins verstehen mögen, — eine der¬<lb/> artige Reise lag außerhalb des Kreises ihrer Erfahrungen, und die von ihnen<lb/> geleisteten Dienste werden sich auf ein höchst geringes Maß zurückführen lassen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1060"> Als wir die vom Präsidenten Simson berufene Zusammenkunft der Mit¬<lb/> glieder der Deputation verließen, in welcher unsere Abfahrt von Berlin auf<lb/> den 13. December. Abends 8'/>2 Uhr, unsere Ankunft in Versailles auf<lb/> Freitag den 16. December festgesetzt worden war, trafen einige von uns in<lb/> der Flur des Herrenhauses einen Greis mit schneeweißem Haare, welcher um<lb/> Auskunft über die Reiseroute der Deputation bat. Er kam aus der Gegend<lb/> von Danzig, hatte vor zwei Tagen ein Telegramm erhalten, wonach sein<lb/> einziger Sohn im Lazarethe zu Orleans seinen Wunden erlegen war, und<lb/> reiste hin, um den Sarg mit der Leiche nach seiner Heimath zu holen !<lb/> Wir erboten uns, Sorge zu tragen, daß er mit uns zusammenreihen könne,<lb/> und bestellten ihn zum Abende nach dem Anhaltischen Bahnhofe. Er<lb/> ließ sich aber nicht wieder sehen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1061" next="#ID_1062"> Vielfach war die Rede davon gewesen, daß möglicherweise zwischen Eper-<lb/> nay und Lagny Gefahr von Franc-Tireurs sein könnte, und ich erinnerte mich<lb/> mit Interesse der Zeiten, als ich jenseit des Meeres in den ehemals spanischen Län¬<lb/> dern Nordamerika's vor Antritt einer Reise zunächst darauf bedacht sein mußte,<lb/> meine Waffen in guten Stand zu setzen. Wäre ich jetzt zu Hause gewesen,</p><lb/> <fw type="sig" place="bottom"> Grenzboten I. 1871. L7</fw><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0293]
Ile Kaiserfahrt der Ueichstagsdeputation nach Versailles.
Dreißig Mitglieder hatte der letzte norddeutsche Reichstag in seiner
Schlußsitzung als Ueberbringer der Adresse an den Deutschen Kaiser durch
das Loos erwählt. Nach der Geschäftsordnung stand unserem würdigen Prä¬
sidenten Simson die Leitung des Ganzen zu. Zur Hilfe bei Besorgung der Ge¬
schäfte wurde der Geh. Regierungsrath Metzel, Chef des Reichstags-Bureaus,
mit auf die Reise genommen. Ferner nahm man zur Bedienung einige
der Neichstagsdiener mit, zunächst um auf das Gepäck zu achten und
sich sonst in ähnlicher Weise nützlich zu machen. So gut sie ihren Dienst
aber in den Parlamentsgebäuden Berlins verstehen mögen, — eine der¬
artige Reise lag außerhalb des Kreises ihrer Erfahrungen, und die von ihnen
geleisteten Dienste werden sich auf ein höchst geringes Maß zurückführen lassen.
Als wir die vom Präsidenten Simson berufene Zusammenkunft der Mit¬
glieder der Deputation verließen, in welcher unsere Abfahrt von Berlin auf
den 13. December. Abends 8'/>2 Uhr, unsere Ankunft in Versailles auf
Freitag den 16. December festgesetzt worden war, trafen einige von uns in
der Flur des Herrenhauses einen Greis mit schneeweißem Haare, welcher um
Auskunft über die Reiseroute der Deputation bat. Er kam aus der Gegend
von Danzig, hatte vor zwei Tagen ein Telegramm erhalten, wonach sein
einziger Sohn im Lazarethe zu Orleans seinen Wunden erlegen war, und
reiste hin, um den Sarg mit der Leiche nach seiner Heimath zu holen !
Wir erboten uns, Sorge zu tragen, daß er mit uns zusammenreihen könne,
und bestellten ihn zum Abende nach dem Anhaltischen Bahnhofe. Er
ließ sich aber nicht wieder sehen.
Vielfach war die Rede davon gewesen, daß möglicherweise zwischen Eper-
nay und Lagny Gefahr von Franc-Tireurs sein könnte, und ich erinnerte mich
mit Interesse der Zeiten, als ich jenseit des Meeres in den ehemals spanischen Län¬
dern Nordamerika's vor Antritt einer Reise zunächst darauf bedacht sein mußte,
meine Waffen in guten Stand zu setzen. Wäre ich jetzt zu Hause gewesen,
Grenzboten I. 1871. L7
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |