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Die Grenzboten. Jg. 30, 1871, I. Semester. I. Band.

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Praxis interessirte sich für diese Einrichtung ganz besonders. Im siebenjähri¬
gen Kriege bildeten sich bereits die Fundamente unseres gegenwärtigen Feld¬
postdienstes aus. Jedem Armeecorps wurde damals ein Feldpostamt zuge¬
theilt; für die zu den einzelnen Armeecorps gehörigen Brigaden wurden be¬
sondere Feldposterpeditionen abgezweigt. Die Feldpostämter hatten zum
Theil auch die Administration des Landecpostwesens in den occupirten Ge¬
bieten (z. B. Sachsen) zu übernehmen. Ein originelles Beispiel naturalisti¬
scher Feldposteinrichtungen aus jener Zeit liefert folgender Befehl aus dem
Hauptquartier des Herzogs Ferdinand von Braunschweig in Krofdvrff vom
31. Dezember 1759:


"Des Herzogs Durchlaucht haben mir befohlen, Ew. Wohlgeboren zu
schreiben, daß Sie eine Schildwache an den Ort placiren möchten, wo die
Brücke (über die Lahn) gestanden. Der Major von Schliessen erhält Ordre,
ein Gleiches von seiner Seite zu thun. Dieses dient dazu, daß die Briefe,
so zwischen des Herzogs Durchlaucht und dem General Wutginau oder
dem Major von Schliessen gewechselt werden, geschwinder an Ort und
Stelle kommen können und nicht nöthig haben, die Brücke von Wolfshausen
zu passiren. Die gegenseitigen Schildwachen werfen sich die Briefe ein¬
ander über die Lahne zu. Sie müssen an solche einen Stein binden, den
Brief aber vorher allemal wohl einwickeln, damit, wenn solcher bei dem
jetzigen schlimmen Wetter im Dreck fallen sollte, derselbe nicht mouilliret
werden möge. Ew. Wohlgeboren werden zu denen Schildwachen, die vor
ihre Mühe bezahlet werden sollen, adroite Leute aussuchen, damit nicht
etwa durch ungeschickte Leute die Briefe ins Wasser geworfen werden möch¬
ten. Sobald auf solche Art ein Brief von der einen Seite der Lahne zur
anderen gebracht oder vielmehr geworfen wird, 'muß selbiger von Rütters-
Hausen ab allemal sofort durch einen Erpresser anhero gesendet werden."

Beim Ausbruche des bayrischen Erbfolgekrieges (1778) wurde ebenfalls
ein zahlreiches Feldpostdienstcorps organisirt; auch hatte man eine Instruction
für den Feldpostdienst herausgegeben, welche indessen nicht erprobt werden
konnte, weil der Krieg bald zu Ende war.

In dem unglücklichen Kriege von 180K stand das preußische Feldpost¬
wesen unter der Leitung des Feldpostmeisters Buchner, welcher -- unter der
Oberaufsicht des verdienstvollen Generalpostmeisters von Seegebarth -- auch
im Jahre 18l3 die Feldpostanstalten organisirte. Der Gesammtpersonaletat
für dieselben belief sich damals auf 3 Feldpostmeister, 27 Seeretäre, 4 Brief¬
träger, 7l) Postillone. Außerdem waren 193 Pferde und 27 Wagen in Ver¬
wendung. Jedes Armeecorps hatte sein Feldpostamt, jede Brigade (damals
ü-v beim Armeecorps) ihre Feldpostexpedition. Das Ressortverhältniß war
damals nicht recht klar; die Feldpostanstalten standen in Bezug auf Aus-


Httiizhotm I. 1871. 13

Praxis interessirte sich für diese Einrichtung ganz besonders. Im siebenjähri¬
gen Kriege bildeten sich bereits die Fundamente unseres gegenwärtigen Feld¬
postdienstes aus. Jedem Armeecorps wurde damals ein Feldpostamt zuge¬
theilt; für die zu den einzelnen Armeecorps gehörigen Brigaden wurden be¬
sondere Feldposterpeditionen abgezweigt. Die Feldpostämter hatten zum
Theil auch die Administration des Landecpostwesens in den occupirten Ge¬
bieten (z. B. Sachsen) zu übernehmen. Ein originelles Beispiel naturalisti¬
scher Feldposteinrichtungen aus jener Zeit liefert folgender Befehl aus dem
Hauptquartier des Herzogs Ferdinand von Braunschweig in Krofdvrff vom
31. Dezember 1759:


„Des Herzogs Durchlaucht haben mir befohlen, Ew. Wohlgeboren zu
schreiben, daß Sie eine Schildwache an den Ort placiren möchten, wo die
Brücke (über die Lahn) gestanden. Der Major von Schliessen erhält Ordre,
ein Gleiches von seiner Seite zu thun. Dieses dient dazu, daß die Briefe,
so zwischen des Herzogs Durchlaucht und dem General Wutginau oder
dem Major von Schliessen gewechselt werden, geschwinder an Ort und
Stelle kommen können und nicht nöthig haben, die Brücke von Wolfshausen
zu passiren. Die gegenseitigen Schildwachen werfen sich die Briefe ein¬
ander über die Lahne zu. Sie müssen an solche einen Stein binden, den
Brief aber vorher allemal wohl einwickeln, damit, wenn solcher bei dem
jetzigen schlimmen Wetter im Dreck fallen sollte, derselbe nicht mouilliret
werden möge. Ew. Wohlgeboren werden zu denen Schildwachen, die vor
ihre Mühe bezahlet werden sollen, adroite Leute aussuchen, damit nicht
etwa durch ungeschickte Leute die Briefe ins Wasser geworfen werden möch¬
ten. Sobald auf solche Art ein Brief von der einen Seite der Lahne zur
anderen gebracht oder vielmehr geworfen wird, 'muß selbiger von Rütters-
Hausen ab allemal sofort durch einen Erpresser anhero gesendet werden."

Beim Ausbruche des bayrischen Erbfolgekrieges (1778) wurde ebenfalls
ein zahlreiches Feldpostdienstcorps organisirt; auch hatte man eine Instruction
für den Feldpostdienst herausgegeben, welche indessen nicht erprobt werden
konnte, weil der Krieg bald zu Ende war.

In dem unglücklichen Kriege von 180K stand das preußische Feldpost¬
wesen unter der Leitung des Feldpostmeisters Buchner, welcher — unter der
Oberaufsicht des verdienstvollen Generalpostmeisters von Seegebarth — auch
im Jahre 18l3 die Feldpostanstalten organisirte. Der Gesammtpersonaletat
für dieselben belief sich damals auf 3 Feldpostmeister, 27 Seeretäre, 4 Brief¬
träger, 7l) Postillone. Außerdem waren 193 Pferde und 27 Wagen in Ver¬
wendung. Jedes Armeecorps hatte sein Feldpostamt, jede Brigade (damals
ü-v beim Armeecorps) ihre Feldpostexpedition. Das Ressortverhältniß war
damals nicht recht klar; die Feldpostanstalten standen in Bezug auf Aus-


Httiizhotm I. 1871. 13
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[0105] Praxis interessirte sich für diese Einrichtung ganz besonders. Im siebenjähri¬ gen Kriege bildeten sich bereits die Fundamente unseres gegenwärtigen Feld¬ postdienstes aus. Jedem Armeecorps wurde damals ein Feldpostamt zuge¬ theilt; für die zu den einzelnen Armeecorps gehörigen Brigaden wurden be¬ sondere Feldposterpeditionen abgezweigt. Die Feldpostämter hatten zum Theil auch die Administration des Landecpostwesens in den occupirten Ge¬ bieten (z. B. Sachsen) zu übernehmen. Ein originelles Beispiel naturalisti¬ scher Feldposteinrichtungen aus jener Zeit liefert folgender Befehl aus dem Hauptquartier des Herzogs Ferdinand von Braunschweig in Krofdvrff vom 31. Dezember 1759: „Des Herzogs Durchlaucht haben mir befohlen, Ew. Wohlgeboren zu schreiben, daß Sie eine Schildwache an den Ort placiren möchten, wo die Brücke (über die Lahn) gestanden. Der Major von Schliessen erhält Ordre, ein Gleiches von seiner Seite zu thun. Dieses dient dazu, daß die Briefe, so zwischen des Herzogs Durchlaucht und dem General Wutginau oder dem Major von Schliessen gewechselt werden, geschwinder an Ort und Stelle kommen können und nicht nöthig haben, die Brücke von Wolfshausen zu passiren. Die gegenseitigen Schildwachen werfen sich die Briefe ein¬ ander über die Lahne zu. Sie müssen an solche einen Stein binden, den Brief aber vorher allemal wohl einwickeln, damit, wenn solcher bei dem jetzigen schlimmen Wetter im Dreck fallen sollte, derselbe nicht mouilliret werden möge. Ew. Wohlgeboren werden zu denen Schildwachen, die vor ihre Mühe bezahlet werden sollen, adroite Leute aussuchen, damit nicht etwa durch ungeschickte Leute die Briefe ins Wasser geworfen werden möch¬ ten. Sobald auf solche Art ein Brief von der einen Seite der Lahne zur anderen gebracht oder vielmehr geworfen wird, 'muß selbiger von Rütters- Hausen ab allemal sofort durch einen Erpresser anhero gesendet werden." Beim Ausbruche des bayrischen Erbfolgekrieges (1778) wurde ebenfalls ein zahlreiches Feldpostdienstcorps organisirt; auch hatte man eine Instruction für den Feldpostdienst herausgegeben, welche indessen nicht erprobt werden konnte, weil der Krieg bald zu Ende war. In dem unglücklichen Kriege von 180K stand das preußische Feldpost¬ wesen unter der Leitung des Feldpostmeisters Buchner, welcher — unter der Oberaufsicht des verdienstvollen Generalpostmeisters von Seegebarth — auch im Jahre 18l3 die Feldpostanstalten organisirte. Der Gesammtpersonaletat für dieselben belief sich damals auf 3 Feldpostmeister, 27 Seeretäre, 4 Brief¬ träger, 7l) Postillone. Außerdem waren 193 Pferde und 27 Wagen in Ver¬ wendung. Jedes Armeecorps hatte sein Feldpostamt, jede Brigade (damals ü-v beim Armeecorps) ihre Feldpostexpedition. Das Ressortverhältniß war damals nicht recht klar; die Feldpostanstalten standen in Bezug auf Aus- Httiizhotm I. 1871. 13

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 30, 1871, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341813_125243/105>, abgerufen am 23.07.2024.