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Die Grenzboten. Jg. 29, 1870, II. Semester. II. Band.

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nächst derer, die als ländliche Arbeiter und arme Handwerker noch nie den
Werth eines eigenen Heerdes kennen gelernt; sorgen wir zunächst um ange¬
messene Wohnungen für diese unsere Mitbürger, welche für uns gekämpft und
geblutet haben.

Denn vor allen Dingen ist ja die Wohnung die Stätte, an der der
Mensch nach fleißig vollbrachtem Tagewerke im Kreise seiner Familie aus¬
ruhen kann, an der er die Basis aller seiner guten Handlungen dann bilden
wird, wenn das Haus ihm in Wahrheit Ruhe, Freude und Sicherheit
gewährt.

Erfüllen wir daher eine heilige Pflicht und bauen wir an verschiedenen
Orten unseres Vaterlandes Asyle für tapfere, sich um das Vaterland verdient
gemacht habende Krieger, welche Arbeiter sind und auf unseren Dank und
und auf unsere Fürsorge gerechten Anspruch haben.

Diese ländlichen Asyle, welche zugleich als Muster für ländliche Arbeiter.
Wohnungen gelten können, müssen jedoch den gewohnten Lebens-Verhciltnissen
dieser Leute entsprechen, damit dieselben sich darin wohl und behaglich
fühlen können. Nicht nur gesund und bequem sollen sie sein, sondern auch
jedem einzelnen Arbeiter möglichst wenig Zwang auflegen, mit anderen Ar¬
beitsgenossen zusammen zu treffen, oder mit ihnen gar den Wohnungsraum
zu theilen.

Eine jede dergleichen Wohnung erfordert außer einem in der Nähe lie¬
genden Morgen Ackerland einen kleinen mit der Wohnung grenzenden Ge¬
müsegarten, damit Frau und Kinder Gelegenheit finden während der Abwesen¬
heit des Familienvaters die freie Zeit durch dienliche Arbeit auszufüllen.
Der Garten soll zur Verwerthung der Arbeitskraft anlocken.

Dem Charakter des Deutschen entsprechend, wird der Bewohner einer
solchen Stätte sich mit Liebe an dieses Stückchen Erde heften; es wird seinen
Fleiß anregen und seine Freude bilden, die Seinigen werden ihm hierin fol¬
gen und häusliches Glück wird sich hiermit von selbst finden. Im freien
eigenen Besitz einer solchen Scholle wird jeder dieser Braven in Wahrheit den
Dank des Vaterlandes erkennen.

Das Gefühl der Dankbarkeit wird ihn aber moralisch gut und im all¬
gemeinen Interesse nützlich erhalten.

Wer im wahren Sinne des Wortes ein Arbeiter gewesen, wird die
Wahrheit des Gesagten bekunden.

Man muß selbst gefühlt haben, was jeden Arbeiter beseelt, wenn er nach
gethaner Arbeit beim Klänge der Feierabendglocke eine ihm liebe und hei¬
mische Stätte findet, in der er ausathmen, ruhen und an dem Gefühl sich
laben kann, das da ausschließlich die eigene Hütte gewährt.

Die Gründung dieser ländlichen Asyle für invalide und arme Krieger


nächst derer, die als ländliche Arbeiter und arme Handwerker noch nie den
Werth eines eigenen Heerdes kennen gelernt; sorgen wir zunächst um ange¬
messene Wohnungen für diese unsere Mitbürger, welche für uns gekämpft und
geblutet haben.

Denn vor allen Dingen ist ja die Wohnung die Stätte, an der der
Mensch nach fleißig vollbrachtem Tagewerke im Kreise seiner Familie aus¬
ruhen kann, an der er die Basis aller seiner guten Handlungen dann bilden
wird, wenn das Haus ihm in Wahrheit Ruhe, Freude und Sicherheit
gewährt.

Erfüllen wir daher eine heilige Pflicht und bauen wir an verschiedenen
Orten unseres Vaterlandes Asyle für tapfere, sich um das Vaterland verdient
gemacht habende Krieger, welche Arbeiter sind und auf unseren Dank und
und auf unsere Fürsorge gerechten Anspruch haben.

Diese ländlichen Asyle, welche zugleich als Muster für ländliche Arbeiter.
Wohnungen gelten können, müssen jedoch den gewohnten Lebens-Verhciltnissen
dieser Leute entsprechen, damit dieselben sich darin wohl und behaglich
fühlen können. Nicht nur gesund und bequem sollen sie sein, sondern auch
jedem einzelnen Arbeiter möglichst wenig Zwang auflegen, mit anderen Ar¬
beitsgenossen zusammen zu treffen, oder mit ihnen gar den Wohnungsraum
zu theilen.

Eine jede dergleichen Wohnung erfordert außer einem in der Nähe lie¬
genden Morgen Ackerland einen kleinen mit der Wohnung grenzenden Ge¬
müsegarten, damit Frau und Kinder Gelegenheit finden während der Abwesen¬
heit des Familienvaters die freie Zeit durch dienliche Arbeit auszufüllen.
Der Garten soll zur Verwerthung der Arbeitskraft anlocken.

Dem Charakter des Deutschen entsprechend, wird der Bewohner einer
solchen Stätte sich mit Liebe an dieses Stückchen Erde heften; es wird seinen
Fleiß anregen und seine Freude bilden, die Seinigen werden ihm hierin fol¬
gen und häusliches Glück wird sich hiermit von selbst finden. Im freien
eigenen Besitz einer solchen Scholle wird jeder dieser Braven in Wahrheit den
Dank des Vaterlandes erkennen.

Das Gefühl der Dankbarkeit wird ihn aber moralisch gut und im all¬
gemeinen Interesse nützlich erhalten.

Wer im wahren Sinne des Wortes ein Arbeiter gewesen, wird die
Wahrheit des Gesagten bekunden.

Man muß selbst gefühlt haben, was jeden Arbeiter beseelt, wenn er nach
gethaner Arbeit beim Klänge der Feierabendglocke eine ihm liebe und hei¬
mische Stätte findet, in der er ausathmen, ruhen und an dem Gefühl sich
laben kann, das da ausschließlich die eigene Hütte gewährt.

Die Gründung dieser ländlichen Asyle für invalide und arme Krieger


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[0079] nächst derer, die als ländliche Arbeiter und arme Handwerker noch nie den Werth eines eigenen Heerdes kennen gelernt; sorgen wir zunächst um ange¬ messene Wohnungen für diese unsere Mitbürger, welche für uns gekämpft und geblutet haben. Denn vor allen Dingen ist ja die Wohnung die Stätte, an der der Mensch nach fleißig vollbrachtem Tagewerke im Kreise seiner Familie aus¬ ruhen kann, an der er die Basis aller seiner guten Handlungen dann bilden wird, wenn das Haus ihm in Wahrheit Ruhe, Freude und Sicherheit gewährt. Erfüllen wir daher eine heilige Pflicht und bauen wir an verschiedenen Orten unseres Vaterlandes Asyle für tapfere, sich um das Vaterland verdient gemacht habende Krieger, welche Arbeiter sind und auf unseren Dank und und auf unsere Fürsorge gerechten Anspruch haben. Diese ländlichen Asyle, welche zugleich als Muster für ländliche Arbeiter. Wohnungen gelten können, müssen jedoch den gewohnten Lebens-Verhciltnissen dieser Leute entsprechen, damit dieselben sich darin wohl und behaglich fühlen können. Nicht nur gesund und bequem sollen sie sein, sondern auch jedem einzelnen Arbeiter möglichst wenig Zwang auflegen, mit anderen Ar¬ beitsgenossen zusammen zu treffen, oder mit ihnen gar den Wohnungsraum zu theilen. Eine jede dergleichen Wohnung erfordert außer einem in der Nähe lie¬ genden Morgen Ackerland einen kleinen mit der Wohnung grenzenden Ge¬ müsegarten, damit Frau und Kinder Gelegenheit finden während der Abwesen¬ heit des Familienvaters die freie Zeit durch dienliche Arbeit auszufüllen. Der Garten soll zur Verwerthung der Arbeitskraft anlocken. Dem Charakter des Deutschen entsprechend, wird der Bewohner einer solchen Stätte sich mit Liebe an dieses Stückchen Erde heften; es wird seinen Fleiß anregen und seine Freude bilden, die Seinigen werden ihm hierin fol¬ gen und häusliches Glück wird sich hiermit von selbst finden. Im freien eigenen Besitz einer solchen Scholle wird jeder dieser Braven in Wahrheit den Dank des Vaterlandes erkennen. Das Gefühl der Dankbarkeit wird ihn aber moralisch gut und im all¬ gemeinen Interesse nützlich erhalten. Wer im wahren Sinne des Wortes ein Arbeiter gewesen, wird die Wahrheit des Gesagten bekunden. Man muß selbst gefühlt haben, was jeden Arbeiter beseelt, wenn er nach gethaner Arbeit beim Klänge der Feierabendglocke eine ihm liebe und hei¬ mische Stätte findet, in der er ausathmen, ruhen und an dem Gefühl sich laben kann, das da ausschließlich die eigene Hütte gewährt. Die Gründung dieser ländlichen Asyle für invalide und arme Krieger

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 29, 1870, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341811_124705/79>, abgerufen am 22.12.2024.