Die Grenzboten. Jg. 29, 1870, II. Semester. II. Band.wohl nach Aufforderung der Vornehmen eidlich alle, ihre Stadt als treue Als die Macht des Kaisers nach dem Passauer Vertrage sich wieder zu wohl nach Aufforderung der Vornehmen eidlich alle, ihre Stadt als treue Als die Macht des Kaisers nach dem Passauer Vertrage sich wieder zu <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0498" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/125204"/> <p xml:id="ID_1519" prev="#ID_1518"> wohl nach Aufforderung der Vornehmen eidlich alle, ihre Stadt als treue<lb/> Metzer (Meles et Ivznls Nessins) zu vertheidigen. Aber man vernachlässigte<lb/> die gewöhnliche Vorsicht, als plötzlich der Connetable Anne von Montmorency,<lb/> indem er Gorze zugleich überwältigen ließ, mit seinen Truppen über Jouy<lb/> vor das Thor Se. Thiebault rückte und mit denselben als Freund friedlichen<lb/> Durchzug durch die Stadt verlangte. Während der Rath anordnete, daß<lb/> die Bürger sich ruhig in ihren Häusern hielten, unterhandelten vor dem<lb/> Thore einige verräterische Mitglieder mit dem Connetable, dem sie halb<lb/> freiwillig, halb gezwungen für ein Fähnlein Einlaß gewährten. Sofort aber<lb/> schlich sich unter diesem Titel mindestens die dreifache Zahl auserlesener<lb/> Mannschaften ein, überwältigte die Wachen, besetzte die Thore und bahnte<lb/> dem ganzen nachdringenden Heere den Weg, welches sich ohne Gegenwehr<lb/> der Stadt bemächtigte. Dies geschah am 10. April. Schon am 18. folgte<lb/> der König in glänzender Umgebung. Er ward wie ehedem der Kaiser em¬<lb/> pfangen, beschwor wie dieser die Freiheiten der Stadt, um sie sogleich zu<lb/> verletzen, und zwang die Dreizehn unter Vorbehalt der Rechte des Reiches<lb/> ihm den Treueid zu leisten. Geschütze, Waffen und Vorräthe wurden in Besitz<lb/> genommen, der Rath in völlig französischem Sinne erneuert. Die Bürger¬<lb/> schaft, ihrer Mehrzahl nach trotz der welschen Sprache deutsch gesinnt, war<lb/> durch etliche Verräther überrumpelt worden und glaubte noch nicht an eine<lb/> Aenderung der Herrschaft, aber, der Waffen beraubt, hatte sie zugleich die<lb/> Gewalt über sich selbst verloren, denn eine französische Besatzung, die sich<lb/> bald viele Ungebühr erlaubte, ließ sie fühlen, daß es mit der republikanischen<lb/> Freiheit aus sei.</p><lb/> <p xml:id="ID_1520" next="#ID_1521"> Als die Macht des Kaisers nach dem Passauer Vertrage sich wieder zu<lb/> erholen begann, mußte die Wiedereroberung von Metz einer seiner ersten<lb/> Gedanken sein, theils weil er diesen Raub wie einen ihm persönlich ange¬<lb/> thanen Schimpf empfand, theils weil Metz in französischen Händen seine<lb/> Niederlande zunächst bedrohte, die mit dem damals luxemburgischen Dieden-<lb/> hofen nahe genug an diese Feste heranreichten. Der drohenden Gefahr zu<lb/> begegnen, übertrug der französische König Anfang August den Oberbefehl<lb/> dem Herzog Franz von Guise, der, von vielen vornehmen französischen<lb/> Herren umgeben, ebenso kräftig als rücksichtslos alles zur Abwehr rüstete.<lb/> Er fand die Wälle vernachlässigt, durch angebaute Häuser versperrt, ausge^<lb/> dehnte Vorstädte außerhalb derselben für die Annäherung des Feindes sehr<lb/> bequem gelegen. Unbarmherzig wurden diese geschleift, selbst die Benedictiner<lb/> von Se. Arnould mußten mit ihren Särgen aus karolingischer Zeit in die<lb/> innere Stadt ziehen, die Wälle wurden freigemacht, die Gräben geräumt und<lb/> neue Vorwerke und Bastionen in Eile hinzugefügt, wobei der Herzog oft<lb/> selbst zur Hacke und zum Spaten griff. Große Vorräthe von Getreide</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0498]
wohl nach Aufforderung der Vornehmen eidlich alle, ihre Stadt als treue
Metzer (Meles et Ivznls Nessins) zu vertheidigen. Aber man vernachlässigte
die gewöhnliche Vorsicht, als plötzlich der Connetable Anne von Montmorency,
indem er Gorze zugleich überwältigen ließ, mit seinen Truppen über Jouy
vor das Thor Se. Thiebault rückte und mit denselben als Freund friedlichen
Durchzug durch die Stadt verlangte. Während der Rath anordnete, daß
die Bürger sich ruhig in ihren Häusern hielten, unterhandelten vor dem
Thore einige verräterische Mitglieder mit dem Connetable, dem sie halb
freiwillig, halb gezwungen für ein Fähnlein Einlaß gewährten. Sofort aber
schlich sich unter diesem Titel mindestens die dreifache Zahl auserlesener
Mannschaften ein, überwältigte die Wachen, besetzte die Thore und bahnte
dem ganzen nachdringenden Heere den Weg, welches sich ohne Gegenwehr
der Stadt bemächtigte. Dies geschah am 10. April. Schon am 18. folgte
der König in glänzender Umgebung. Er ward wie ehedem der Kaiser em¬
pfangen, beschwor wie dieser die Freiheiten der Stadt, um sie sogleich zu
verletzen, und zwang die Dreizehn unter Vorbehalt der Rechte des Reiches
ihm den Treueid zu leisten. Geschütze, Waffen und Vorräthe wurden in Besitz
genommen, der Rath in völlig französischem Sinne erneuert. Die Bürger¬
schaft, ihrer Mehrzahl nach trotz der welschen Sprache deutsch gesinnt, war
durch etliche Verräther überrumpelt worden und glaubte noch nicht an eine
Aenderung der Herrschaft, aber, der Waffen beraubt, hatte sie zugleich die
Gewalt über sich selbst verloren, denn eine französische Besatzung, die sich
bald viele Ungebühr erlaubte, ließ sie fühlen, daß es mit der republikanischen
Freiheit aus sei.
Als die Macht des Kaisers nach dem Passauer Vertrage sich wieder zu
erholen begann, mußte die Wiedereroberung von Metz einer seiner ersten
Gedanken sein, theils weil er diesen Raub wie einen ihm persönlich ange¬
thanen Schimpf empfand, theils weil Metz in französischen Händen seine
Niederlande zunächst bedrohte, die mit dem damals luxemburgischen Dieden-
hofen nahe genug an diese Feste heranreichten. Der drohenden Gefahr zu
begegnen, übertrug der französische König Anfang August den Oberbefehl
dem Herzog Franz von Guise, der, von vielen vornehmen französischen
Herren umgeben, ebenso kräftig als rücksichtslos alles zur Abwehr rüstete.
Er fand die Wälle vernachlässigt, durch angebaute Häuser versperrt, ausge^
dehnte Vorstädte außerhalb derselben für die Annäherung des Feindes sehr
bequem gelegen. Unbarmherzig wurden diese geschleift, selbst die Benedictiner
von Se. Arnould mußten mit ihren Särgen aus karolingischer Zeit in die
innere Stadt ziehen, die Wälle wurden freigemacht, die Gräben geräumt und
neue Vorwerke und Bastionen in Eile hinzugefügt, wobei der Herzog oft
selbst zur Hacke und zum Spaten griff. Große Vorräthe von Getreide
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