Die Grenzboten. Jg. 29, 1870, II. Semester. II. Band.treten. Eines der bedeutsamsten Rechtsgeschäfte, welches'dieselbe vollzog, ist Was ich über das gemeinschaftliche Hervorgehen der Murgschifferschaft Die letztere hatte früher geschriebene Ordnungen. Die einzige als be¬ Die Waldungen der Genossenschaft wurden von Zeit zu Zeit "gekocht", treten. Eines der bedeutsamsten Rechtsgeschäfte, welches'dieselbe vollzog, ist Was ich über das gemeinschaftliche Hervorgehen der Murgschifferschaft Die letztere hatte früher geschriebene Ordnungen. Die einzige als be¬ Die Waldungen der Genossenschaft wurden von Zeit zu Zeit „gekocht", <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0383" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/125089"/> <p xml:id="ID_1151" prev="#ID_1150"> treten. Eines der bedeutsamsten Rechtsgeschäfte, welches'dieselbe vollzog, ist<lb/> der i. I. 1669 erfolgte Ankauf der Waldantheile und Rechte eines der Mit¬<lb/> genossen, nämlich des Grafen Philipps von Eberstein, welchem hierfür<lb/> 3S00 Gulden bezahlt wurden. Land und Rechte wurden unter die Genossen<lb/> nach Maßgabe ihres Besitzes zu ideellen Antheilen vertheilt. Auf den ge¬<lb/> meinschaftlichen Sägemühlen wurde das Holz, welches jedem Genossen, im<lb/> Verhältniß seiner Waldrechte, zufiel, zu Sägewaaren verarbeitet, und nun für<lb/> Rechnung des Einzelnen, aber mit Hilfe der gemeinschaftlichen Floßanstalten<lb/> und des gemeinschaftlichen Flößereipersonales, verstößt.</p><lb/> <p xml:id="ID_1152"> Was ich über das gemeinschaftliche Hervorgehen der Murgschifferschaft<lb/> aus einer Markgenossenschaft sage, ist Conjectur, aber ein Conjectur, die ihre<lb/> Berechtigung so lange behaupten wird, bis es etwa gelingt, einen zuver¬<lb/> lässigen Pfad in das Dunkel des Ursprunges unserer Gesellschaft zu finden,<lb/> und welche dadurch eine starke Stütze erhält, daß markgenossenschaftliche<lb/> Formen sich in der Schifferschaft fort und fort behauptet haben.</p><lb/> <p xml:id="ID_1153"> Die letztere hatte früher geschriebene Ordnungen. Die einzige als be¬<lb/> glaubigte Urkunde erhaltene und in manchen Theilen noch jetzt normgebende<lb/> Schifferordnung rührt aus dem Jahre 1626 und ist verliehen von den da><lb/> maligen Gemeinsherrn der Grafschaft Eberstein, dem Markgrafen zu Baden,<lb/> dem Grafen zu Eberstein und einem Freiherrn zu Wolkenstein. Sie ist eine<lb/> erneuerte Schifferordnung; die früheren sind in Urkundenform nicht er¬<lb/> halten; die früheste, von der wir genaue Kunde besitzen, scheint i. I. 1509<lb/> aufgerichtet zu sein und zwar von dem Markgrafen von Baden und dem<lb/> Grafen von Eberstein, welche damals noch allein Territorialherren über die<lb/> Grafschaft Eberstein waren. Beide Ordnungen, deutlicher aber jedenfalls<lb/> die jüngere, als die ältere, tragen das Gepräge von wirthschaftspolizeilichen<lb/> Verordnungen; und hie und da, deutlicher in den älteren, als in den<lb/> jüngeren, gewahrt man darin Spuren einer autonomen Rechtsschaf-<lb/> sung, die Rudera selbstgegebener, innerhalb der Gesellschaft erwachsener<lb/> Satzungen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1154" next="#ID_1155"> Die Waldungen der Genossenschaft wurden von Zeit zu Zeit „gekocht",<lb/> d. h. ihre Grenzen bestimmt und berichtigt, sowie in ein „Lochbuch" (La¬<lb/> gerbuch) eingetragen. Sie waren schon frühzeitig in eine Anzahl von „Stäm¬<lb/> men" eingetheilt. An diesen „Stämmen" hatten nun die Gesellschaften,<lb/> welche „Schiffer" hießen, gewisse Antheile, einige nur an einem, andere an<lb/> mehreren oder an allen Stämmen; auch war wohl der eine Stamm als<lb/> solcher an einem oder mehreren anderen unbeteiligt. Nach Angabe und<lb/> unter Aufsicht der Waldhauer, später „Rottmeister" genannt, wurden nun<lb/> die jährlichen Hauungen vorgenommen und die gehauenen Sägblöcke unter<lb/> die Betheiligten nach Maßgabe ihrer Waldantheile vertheilt. Wer an dem</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0383]
treten. Eines der bedeutsamsten Rechtsgeschäfte, welches'dieselbe vollzog, ist
der i. I. 1669 erfolgte Ankauf der Waldantheile und Rechte eines der Mit¬
genossen, nämlich des Grafen Philipps von Eberstein, welchem hierfür
3S00 Gulden bezahlt wurden. Land und Rechte wurden unter die Genossen
nach Maßgabe ihres Besitzes zu ideellen Antheilen vertheilt. Auf den ge¬
meinschaftlichen Sägemühlen wurde das Holz, welches jedem Genossen, im
Verhältniß seiner Waldrechte, zufiel, zu Sägewaaren verarbeitet, und nun für
Rechnung des Einzelnen, aber mit Hilfe der gemeinschaftlichen Floßanstalten
und des gemeinschaftlichen Flößereipersonales, verstößt.
Was ich über das gemeinschaftliche Hervorgehen der Murgschifferschaft
aus einer Markgenossenschaft sage, ist Conjectur, aber ein Conjectur, die ihre
Berechtigung so lange behaupten wird, bis es etwa gelingt, einen zuver¬
lässigen Pfad in das Dunkel des Ursprunges unserer Gesellschaft zu finden,
und welche dadurch eine starke Stütze erhält, daß markgenossenschaftliche
Formen sich in der Schifferschaft fort und fort behauptet haben.
Die letztere hatte früher geschriebene Ordnungen. Die einzige als be¬
glaubigte Urkunde erhaltene und in manchen Theilen noch jetzt normgebende
Schifferordnung rührt aus dem Jahre 1626 und ist verliehen von den da>
maligen Gemeinsherrn der Grafschaft Eberstein, dem Markgrafen zu Baden,
dem Grafen zu Eberstein und einem Freiherrn zu Wolkenstein. Sie ist eine
erneuerte Schifferordnung; die früheren sind in Urkundenform nicht er¬
halten; die früheste, von der wir genaue Kunde besitzen, scheint i. I. 1509
aufgerichtet zu sein und zwar von dem Markgrafen von Baden und dem
Grafen von Eberstein, welche damals noch allein Territorialherren über die
Grafschaft Eberstein waren. Beide Ordnungen, deutlicher aber jedenfalls
die jüngere, als die ältere, tragen das Gepräge von wirthschaftspolizeilichen
Verordnungen; und hie und da, deutlicher in den älteren, als in den
jüngeren, gewahrt man darin Spuren einer autonomen Rechtsschaf-
sung, die Rudera selbstgegebener, innerhalb der Gesellschaft erwachsener
Satzungen.
Die Waldungen der Genossenschaft wurden von Zeit zu Zeit „gekocht",
d. h. ihre Grenzen bestimmt und berichtigt, sowie in ein „Lochbuch" (La¬
gerbuch) eingetragen. Sie waren schon frühzeitig in eine Anzahl von „Stäm¬
men" eingetheilt. An diesen „Stämmen" hatten nun die Gesellschaften,
welche „Schiffer" hießen, gewisse Antheile, einige nur an einem, andere an
mehreren oder an allen Stämmen; auch war wohl der eine Stamm als
solcher an einem oder mehreren anderen unbeteiligt. Nach Angabe und
unter Aufsicht der Waldhauer, später „Rottmeister" genannt, wurden nun
die jährlichen Hauungen vorgenommen und die gehauenen Sägblöcke unter
die Betheiligten nach Maßgabe ihrer Waldantheile vertheilt. Wer an dem
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