Die Grenzboten. Jg. 29, 1870, II. Semester. II. Band.Schon längst sind die Papenheim wegen ihres Pfandschillings abgefun¬ Oestreichs wahres Znteresse gcZeuüber dem Auftreten Rußlands. Täuschen wir uns nicht darüber: Deutschland hat im Auslande wenig Schon längst sind die Papenheim wegen ihres Pfandschillings abgefun¬ Oestreichs wahres Znteresse gcZeuüber dem Auftreten Rußlands. Täuschen wir uns nicht darüber: Deutschland hat im Auslande wenig <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0344" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/125050"/> <p xml:id="ID_1039"> Schon längst sind die Papenheim wegen ihres Pfandschillings abgefun¬<lb/> den; die ausgebildete Landeshoheit und Stadtfreiheit duldet keine Verpfändun¬<lb/> gen von Städten mehr; schon längst sind die Burgen Liebenau's zerfallen und<lb/> seine Hörigen haben sich zu freien Städtern erhoben. Der Ort ist in die<lb/> Reihe der andern umliegenden Kleinstädte eingetreten, als wäre er von jeher<lb/> ihres Gleichen gewesen.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> Oestreichs wahres Znteresse gcZeuüber dem Auftreten Rußlands.</head><lb/> <p xml:id="ID_1040" next="#ID_1041"> Täuschen wir uns nicht darüber: Deutschland hat im Auslande wenig<lb/> Sympathien, selbst da nicht, wo es Achtung genießt. Es ist leichter, sich in<lb/> die Supsriorität eines Staates wie Frankreich zu finden, der den Nimbus<lb/> dieser Ueberlegenheit seit Jahrhunderten besitzt, als sich an den Gedanken<lb/> zu gewöhnen, daß ein Volk zur ersten Stufe emporsteigt, welches man bisher<lb/> für viel zu bescheiden zu solchem Aufschwung erachtet hatte. Es ist leichter,<lb/> sich durch die glatte Außenseite des französischen Wesens mit seiner in jeden<lb/> Mund passenden schablonenmäßigen Bildungsphrase bestechen zu lassen, und<lb/> die Fäulniß unter diesem bröckligen Firniß zu verkennen, als hinter der un-<lb/> beholfenen rauhen Schale die Tiefe deutschen Gemüths zu würdigen. Beim<lb/> Ausbruch dieses Krieges hat es sich so recht gezeigt, daß Deutschland im<lb/> Wesentlichen wohl für immer daraus wird verzichten müssen, von anderem als<lb/> deutschem Blute verstanden zu werden. Je mehr sich diese Wahrheit Gel¬<lb/> tung verschafft, um so näher muß uns das Bestreben treten, das geistige<lb/> Band, das uns mit den Stammesgenossen eint, von Neuem enger und fester<lb/> zu knüpfen. Ist eine hoffnungsvollste Verknüpfung dieser Art sür eine fer¬<lb/> nere Zukunft vielleicht in dem Neudeutschland des westlichen Nordamerikas<lb/> zu suchen, so weist uns doch jedenfalls die räumlich und zeitlich näher lie¬<lb/> gende Aufgabe darauf hin, das durch eine eiserne geschichtliche Nothwendig¬<lb/> keit erst vor wenig Jahren zerrissene lockere Band mit Oestreich in zeitgemäße¬<lb/> rer Form zu erneuern. Noch gibt es eine Partei, welche die Neuschöpfung<lb/> des deutschen Reiches nicht nach ihrem Geschmacke findet, weil sie nur durch<lb/> den Ausschluß der Deutschöstreichcr erkauft werden konnte, und so Unrecht<lb/> diese Partei in Bezug auf die Vergangenheit hat, so berechtigt ist ihr instinc-<lb/> tiver Trieb, auch in politischer Beziehung die verlorene Fühlung mit Oestreich<lb/> wiederzugewinnen; eine Aufgabe, der bei allen inneren Schwierigkeiten doch<lb/> kein äußerer Antagonismus der Interessen mehr entgegenzustehen schien, so¬<lb/> bald sich Oestreich in die Anerkennung des deutschen Reiches ohne Hinter-</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0344]
Schon längst sind die Papenheim wegen ihres Pfandschillings abgefun¬
den; die ausgebildete Landeshoheit und Stadtfreiheit duldet keine Verpfändun¬
gen von Städten mehr; schon längst sind die Burgen Liebenau's zerfallen und
seine Hörigen haben sich zu freien Städtern erhoben. Der Ort ist in die
Reihe der andern umliegenden Kleinstädte eingetreten, als wäre er von jeher
ihres Gleichen gewesen.
Oestreichs wahres Znteresse gcZeuüber dem Auftreten Rußlands.
Täuschen wir uns nicht darüber: Deutschland hat im Auslande wenig
Sympathien, selbst da nicht, wo es Achtung genießt. Es ist leichter, sich in
die Supsriorität eines Staates wie Frankreich zu finden, der den Nimbus
dieser Ueberlegenheit seit Jahrhunderten besitzt, als sich an den Gedanken
zu gewöhnen, daß ein Volk zur ersten Stufe emporsteigt, welches man bisher
für viel zu bescheiden zu solchem Aufschwung erachtet hatte. Es ist leichter,
sich durch die glatte Außenseite des französischen Wesens mit seiner in jeden
Mund passenden schablonenmäßigen Bildungsphrase bestechen zu lassen, und
die Fäulniß unter diesem bröckligen Firniß zu verkennen, als hinter der un-
beholfenen rauhen Schale die Tiefe deutschen Gemüths zu würdigen. Beim
Ausbruch dieses Krieges hat es sich so recht gezeigt, daß Deutschland im
Wesentlichen wohl für immer daraus wird verzichten müssen, von anderem als
deutschem Blute verstanden zu werden. Je mehr sich diese Wahrheit Gel¬
tung verschafft, um so näher muß uns das Bestreben treten, das geistige
Band, das uns mit den Stammesgenossen eint, von Neuem enger und fester
zu knüpfen. Ist eine hoffnungsvollste Verknüpfung dieser Art sür eine fer¬
nere Zukunft vielleicht in dem Neudeutschland des westlichen Nordamerikas
zu suchen, so weist uns doch jedenfalls die räumlich und zeitlich näher lie¬
gende Aufgabe darauf hin, das durch eine eiserne geschichtliche Nothwendig¬
keit erst vor wenig Jahren zerrissene lockere Band mit Oestreich in zeitgemäße¬
rer Form zu erneuern. Noch gibt es eine Partei, welche die Neuschöpfung
des deutschen Reiches nicht nach ihrem Geschmacke findet, weil sie nur durch
den Ausschluß der Deutschöstreichcr erkauft werden konnte, und so Unrecht
diese Partei in Bezug auf die Vergangenheit hat, so berechtigt ist ihr instinc-
tiver Trieb, auch in politischer Beziehung die verlorene Fühlung mit Oestreich
wiederzugewinnen; eine Aufgabe, der bei allen inneren Schwierigkeiten doch
kein äußerer Antagonismus der Interessen mehr entgegenzustehen schien, so¬
bald sich Oestreich in die Anerkennung des deutschen Reiches ohne Hinter-
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