Die Grenzboten. Jg. 29, 1870, II. Semester. II. Band.1792 bis 1783; die rückgängiger Bewegungen der deutschen Heere haben Diese Enthüllungen müßten, wenn man überhaupt in Frankreich ein 1792 bis 1783; die rückgängiger Bewegungen der deutschen Heere haben Diese Enthüllungen müßten, wenn man überhaupt in Frankreich ein <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0332" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/125038"/> <p xml:id="ID_1005" prev="#ID_1004"> 1792 bis 1783; die rückgängiger Bewegungen der deutschen Heere haben<lb/> eine diplomatische und nicht eine militärische Veranlassung; denn bis aus die<lb/> Tage Bonaparte's hat der deutsche Soldat den französischen fast ausnahms¬<lb/> los geschlagen. Und wie bewundernswürdig auch immer dieses Genie bleibt,<lb/> dem die Koalition absolut nichts Ebenbürtiges an die Seite stellen konnte,<lb/> so ist doch jetzt sonnenklar, welchen erheblichen Antheil an seinen Triumphen<lb/> die Uneinigkeit der Gegner hatte. Als Bonaparte im Frühjahr 1796 den<lb/> Feldzug von der genuesischen Riviera aus begann, war sein Heer — das ist<lb/> trotz aller Ableugnungen seiner Schleppträger unzweifelhaft — dem austro-<lb/> sardischen an Zahl ungefähr gewachsen; dies Verhältniß wäre in der empfind¬<lb/> lichsten Weise geändert worden, wenn der östreichische Minister Thugut sich<lb/> hätte entschließen können, von den 80,000 Mann, welche er im letzten Sommer<lb/> für den Fall eines preußischen Krieges in Böhmen, Mähren und Galizien<lb/> aufgestellt hatte, einen Theil nach Italien zu dirigiren. Aber noch zankte er<lb/> mit Preußen wegen der Grenzregulirung in den letzthin erbeuteten polnischen<lb/> Landen, er ließ Italien entblößt, aus Furcht vor demselben Gespenste preu¬<lb/> ßischen Verrathes, welchem er 1794 Belgien und 1795 das linke Rheinufer<lb/> geopfert hatte. Aehnliche, wenn auch minder große Eifersucht, erfüllte ihn<lb/> gegen Sardinien: er weigerte dem König Victor Amadeus den Oberbefehl,<lb/> täuschte ihn über die Stärke des östreichischen Heeres und wies die Besprechung<lb/> eines gemeinsamen Operationsplanes von sich; kein Wunder, wenn nach den<lb/> ersten Erfolgen Bonapartes der König nicht, wie er sehr wohl konnte, die<lb/> Rolle seines Ahnherrn im spanischen Erbfolgekrieg spielte, sondern sich dem<lb/> Sieger in die Arme warf. Es war das Mißtrauen gegen Oestreich, welches<lb/> hier so gut wie bei den übrigen Staaten Italiens den Ausschlag gab. Die<lb/> Republik Venedig wußte zwar, so viel bekannt ist, nicht, daß der östreichische<lb/> Minister und die russische Kaiserin ihr in der Petersburger Declaration vom<lb/> 3. Januar 1795 das Schicksal Polens in Aussicht gestellt hatten, aber die<lb/> Grundsätze großer Staaten lassen sich nun einmal trotz aller Künste der<lb/> Diplomatie nicht verheimlichen: Venedig merkte genug, um dem Schlimmsten,<lb/> einer unbewaffneten Neutralität, den Vorzug vor einem Anschlusse an den<lb/> Kaiser zu geben. Was sollte vollends das Oberhaupt der römischen Kirche<lb/> von dem g.ävvea,tu8 czeelvÄÄL denken, wenn dessen erster Minister — wie sich<lb/> jetzt aus der Publication eines eifrigen Oestreichers, des Hauptmanns Vivenot,<lb/> ergibt — Ende 1796 die Aufrichtung der päpstlichen Wappen in den Lega¬<lb/> tionen, falls sie den Händen der Franzosen entrissen würden, verbot?</p><lb/> <p xml:id="ID_1006" next="#ID_1007"> Diese Enthüllungen müßten, wenn man überhaupt in Frankreich ein<lb/> deutsches Buch läse, die gläubigen Bonapartisten wenig erbauen; in ihrem<lb/> Evangelium, den Memoiren des Meisters, die übrigens in einer wahrhaft<lb/> kläglichen Weise von den französischen Darstellern dieser Epoche, mit fast ein-</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0332]
1792 bis 1783; die rückgängiger Bewegungen der deutschen Heere haben
eine diplomatische und nicht eine militärische Veranlassung; denn bis aus die
Tage Bonaparte's hat der deutsche Soldat den französischen fast ausnahms¬
los geschlagen. Und wie bewundernswürdig auch immer dieses Genie bleibt,
dem die Koalition absolut nichts Ebenbürtiges an die Seite stellen konnte,
so ist doch jetzt sonnenklar, welchen erheblichen Antheil an seinen Triumphen
die Uneinigkeit der Gegner hatte. Als Bonaparte im Frühjahr 1796 den
Feldzug von der genuesischen Riviera aus begann, war sein Heer — das ist
trotz aller Ableugnungen seiner Schleppträger unzweifelhaft — dem austro-
sardischen an Zahl ungefähr gewachsen; dies Verhältniß wäre in der empfind¬
lichsten Weise geändert worden, wenn der östreichische Minister Thugut sich
hätte entschließen können, von den 80,000 Mann, welche er im letzten Sommer
für den Fall eines preußischen Krieges in Böhmen, Mähren und Galizien
aufgestellt hatte, einen Theil nach Italien zu dirigiren. Aber noch zankte er
mit Preußen wegen der Grenzregulirung in den letzthin erbeuteten polnischen
Landen, er ließ Italien entblößt, aus Furcht vor demselben Gespenste preu¬
ßischen Verrathes, welchem er 1794 Belgien und 1795 das linke Rheinufer
geopfert hatte. Aehnliche, wenn auch minder große Eifersucht, erfüllte ihn
gegen Sardinien: er weigerte dem König Victor Amadeus den Oberbefehl,
täuschte ihn über die Stärke des östreichischen Heeres und wies die Besprechung
eines gemeinsamen Operationsplanes von sich; kein Wunder, wenn nach den
ersten Erfolgen Bonapartes der König nicht, wie er sehr wohl konnte, die
Rolle seines Ahnherrn im spanischen Erbfolgekrieg spielte, sondern sich dem
Sieger in die Arme warf. Es war das Mißtrauen gegen Oestreich, welches
hier so gut wie bei den übrigen Staaten Italiens den Ausschlag gab. Die
Republik Venedig wußte zwar, so viel bekannt ist, nicht, daß der östreichische
Minister und die russische Kaiserin ihr in der Petersburger Declaration vom
3. Januar 1795 das Schicksal Polens in Aussicht gestellt hatten, aber die
Grundsätze großer Staaten lassen sich nun einmal trotz aller Künste der
Diplomatie nicht verheimlichen: Venedig merkte genug, um dem Schlimmsten,
einer unbewaffneten Neutralität, den Vorzug vor einem Anschlusse an den
Kaiser zu geben. Was sollte vollends das Oberhaupt der römischen Kirche
von dem g.ävvea,tu8 czeelvÄÄL denken, wenn dessen erster Minister — wie sich
jetzt aus der Publication eines eifrigen Oestreichers, des Hauptmanns Vivenot,
ergibt — Ende 1796 die Aufrichtung der päpstlichen Wappen in den Lega¬
tionen, falls sie den Händen der Franzosen entrissen würden, verbot?
Diese Enthüllungen müßten, wenn man überhaupt in Frankreich ein
deutsches Buch läse, die gläubigen Bonapartisten wenig erbauen; in ihrem
Evangelium, den Memoiren des Meisters, die übrigens in einer wahrhaft
kläglichen Weise von den französischen Darstellern dieser Epoche, mit fast ein-
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